Die Wirkung des Ballonkatheters beruht auf einer endogenen Freisetzung von Prostaglandinen, die aus der Zervixkompression resultiert. Foto: © Dr. Sven Kehl

In den vergangenen Jahren wurden in Deutschland vermehrt Ballonkatheter zur Geburtseinleitung eingesetzt. Was genau steckt dahinter? Handelt es sich hier um eine neue Errungenschaft oder um etwas Altbewährtes? 

Die Geburtseinleitung gehört mittlerweile zu den häufigsten Maßnahmen im geburtshilflichen Alltag. Dabei wird in den natürlichen Geburtsverlauf eingegriffen, was unter anderem mit einem höheren Risiko für weitere Interventionen verbunden ist. Deshalb müssen vermutete Vorteile und die möglichen Nachteile sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Neben der Methode der Geburtseinleitung und dem optimalen Zeitpunkt sind das Selbstbestimmungsrecht und die Zufriedenheit der Schwangeren zu berücksichtigen.

Zur Geschichte

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurde begonnen, vermehrt Ballondilatatoren aus Gummi zur Zervixdilatation während der Geburt und zur Geburtseinleitung zu verwenden. Durch medikamentöse Alternativen wie Oxytocin und Prostaglandine verschwand diese Methode über lange Zeit aus dem geburtshilflichen Repertoire. In den 1960er Jahren kam es dann durch den Foley-Katheter, einen Harnblasenkatheter, benannt nach dem amerikanischen Urologen Frederic Foley, zu einer Renaissance der Ballonkatheter. Der israelische Arzt Jack Atad entwickelte Ende der 1990er Jahre den Doppelballonkatheter und führte einige Studien zur Effektivität durch (Atad et al. 1996). Das von ihm entwickelte Prinzip wurde von der Firma COOK® Medical zu einem medizinischen Produkt, dem Cook® Cervical Ripening Balloon (siehe Foto) entwickelt. Seit circa zehn Jahren gibt es daher in Deutschland mit dem Cook® Cervical Ripening Balloon einen zugelassenen Ballonkatheter zur Geburtseinleitung. Der Foley-Katheter ist zur Geburtseinleitung nicht zugelassen und kann nur im Off-Label-Use angewendet werden. Im Gegensatz zum internationalen Vorgehen sind die Ballonkatheter erst in den vergangenen drei Jahren in den deutschen Kreißsälen präsenter geworden. In Ländern wie Israel, Finnland und den Niederlanden hatten Ballonkatheter schon länger einen festen Platz in der Geburtseinleitung. In den letzten Jahren zeigt sich aber auch für die deutschsprachigen Länder ein eindeutiger Trend: In Deutschland hatten 2012 circa 50 Kliniken diesen Ballonkatheter verwendet, 2014 waren es schon über 100.

Anwendung und Wirkung

Ballonkatheter können auf verschiedene Art und Weise platziert werden: Manche Anwender favorisieren die manuelle Einlage unter digitaler Kontrolle, andere das Einführen unter Sicht. Der Katheter wird in die Zervix geschoben und der oder die beiden Ballons beim Doppelkatheter mit Kochsalzlösung gefüllt. Die Füllmenge scheint jedoch entscheidend zu sein. Einige Studien zeigen, dass eine größere Füllmenge mit einer besseren Wirkung assoziiert ist (Levy et al. 2004; Delaney et al. 2010). Daher befüllen manche GeburtshelferInnen den Foley-Ballonkatheter mit 60 bis 80 Milliliter anstatt mit 30 Milliliter Kochsalzlösung. Beim zugelassenen Doppelballonkatheter (Cook® Cervical Ripening Balloon) werden beide Ballons mit je maximal 80 Milliliter gefüllt. Dabei liegt ein Ballon intrauterin, der andere intravaginal.

Die Wirkung der Ballonkatheter beruht auf einer durch die Zervixkompression resultierenden endogenen Freisetzung von Prostaglandinen, nicht wie häufig angenommen auf einem „Aufdehnen“ der Zervix. Aus diesem Grund sollten Einzelballonkatheter unter Zug am Oberschenkel fixiert werden, manchmal werden sogar Gewichte angehängt. Dies fällt beim Doppelballonkatheter weg, da durch die beiden Ballons die Zervix direkt komprimiert wird. Die Verweildauer des Ballonkatheters sollte 12 bis 24 Stunden nicht überschreiten: Der Doppelballonkatheter ist für zwölf Stunden zugelassen – und dies scheint auch auszureichen (Kehl et al. 2004; Cromi et al. 2012). Eine antibiotische Prophylaxe ist nicht erforderlich. Es sind keinerlei Einschränkungen erforderlich.

Effektivität

Der Vergleich mit den medikamentösen Verfahren ist entscheidend, um die Wertigkeit der Ballonkatheter zur Geburtseinleitung beurteilen zu können. Dabei ist es primär notwendig, zwischen einem unreifen und einem reifen Zervixbefund zu unterscheiden. Bei einer reifen Zervix sind alle Verfahren wirksam! Daher ist insbesondere bei einem unreifen Zervixbefund die Methode der Geburtseinleitung entscheidend. Es gibt zahlreiche Studien und Übersichtsarbeiten, die die Effektivität der Ballonkatheter belegen. Die Effektivitätsangaben immer auf die unreife Zervix: Ballonkatheter sind effektiver als Oxytocin, da sie zu einer geringeren Rate an Kaiserschnitten führen (Jozwiak et al. 2012). Sie sind ebenfalls wirksamer als intrazervikal appliziertes Dinoproston. Gegenüber vaginal appliziertem Dinoproston und Misoprostol sind Ballonkatheter gleich effektiv (Vaknin et al. 2010). Es wird beschrieben, dass die Notwendigkeit einer Oxytocin-Unterstützung im Verlauf der Geburt bei den Ballonkathetern höher ist, jedoch ist die Rate an uterinen Überstimulationen im Vergleich zu den Prostaglandinen deutlich geringer (Jozwiak et al. 2012; Vaknin et al. 2010; Fox et al. 2011). Letztlich muss bedacht werden, dass es nach einer Ballonkatheter-Einlage bei etwa 25 bis 30 Prozent der Frauen zum Geburtsbeginn kommt. Bei den Frauen, bei denen es nicht zum Geburtsbeginn kommt, sind weitere Verfahren notwendig: Oftmals wird dann Oxytocin appliziert. Da der Zervixbefund jedoch auch nach Ballonkatheter-Einlage nicht immer ausreichend reif ist, bevorzugen andere Anwender die Gabe von Prostaglandinen wie Misoprostol oder Dinoproston im Off-Label-Use – und haben damit gute Erfahrungen gemacht (Kehl et al. 2015; Ande et al. 2012).

Überwachung der Geburtseinleitung

Es gibt generell keine evidenzbasierten Empfehlungen darüber, wie genau eine Geburtseinleitung mit dem Ballonkatheter überwacht werden muss. Konsens ist die Durchführung eines Kardiotokogramms über mindestens 30 Minuten vor dem Legen des Katheters und dann, wenn die Wehen auftreten. Eine Geburtseinleitung kann immer mit Nebenwirkungen verbunden sein, weshalb sie unter stationären Bedingungen stattfinden sollte: Ein ambulantes Setting wird in den verschiedenen Leitlinien nicht empfohlen (WHO 2011; AWMF 2010). Es gibt zwar ein paar ältere Untersuchungen über die ambulante Anwendung der Ballonkatheter zur Geburtseinleitung, jedoch ist die Datenlage diesbezüglich noch zu „dünn“  (Sciscione et al. 2011).

Besondere Situationen

Der vorzeitige Blasensprung stellt einen ausgeprägten endogenen Trigger dar – und häufig kommt es im Verlauf zum spontanen Wehenbeginn. Eine Geburtseinleitung mit Ballonkatheter nach Blasensprung hat in eigenen Untersuchungen keinen Vorteil im Vergleich zur rein medikamentösen Einleitung mit Misoprostol gebracht (Kehl et al. 2011). Zudem ist der Doppelballonkatheter zur Geburtseinleitung nach einem vorzeitigen Blasensprung nicht zugelassen, da diesbezüglich keine Zulassungsstudien durchgeführt wurden, weshalb man bei dieser Indikation auf eine andere Methode ausweichen sollte. Die Geburtseinleitung nach einem vorherigen Kaiserschnitt ist problematisch: Es gibt keine Evidenz – und keinen Konsens – über das optimale Vorgehen und es gibt kein zugelassenes Verfahren. Da der spontane Wehenbeginn prognostisch deutlich günstiger ist, muss die Indikation sehr streng gestellt werden. Eine Geburtseinleitung nach vorherigem Kaiserschnitt ist mit einem höheren Risiko für eine Uterusruptur assoziiert. Dieses Risiko ist bei den Ballonkathetern im Vergleich zu den medikamentösen Verfahren zwar geringer, jedoch ist die Patientin über die fehlende Zulassung des Katheters bei Zustand nach Sectio (Off-Label-Use), das erhöhte Risiko (zum Beispiel Uterusruptur) und die Möglichkeit eines erneuten Kaiserschnitts zwingend aufzuklären. Manche internationale Leitlinien stellen die Geburtseinleitung mit einem Ballonkatheter nach vorherigem Kaiserschnitt als sinnvolle Option dar (Senilhes et al. 2013; ACOG 2010; SOGC 2005).

Komplikationen

Komplikationen sind bei der Anwendung von Ballonkathetern eher nicht zu erwarten. Insbesondere im Vergleich zu medikamentösen Verfahren konnten keine erhöhten Raten an kindlichen oder mütterlichen Infektionen oder schlechtere kindliche Verläufe gefunden werden (Jozwiak 2012). Im Gegenteil: Es gibt sogar Hinweise, dass im Vergleich zur vaginalen Dinoproston-Applikation mit weniger kindlichen Infektionen und damit auch weniger postpartalen Verlegungen in die Kinderklinik zu rechnen ist. Dies wird unter anderem mit weniger vaginalen Manipulationen bei der Geburtseinleitung mit dem Ballonkatheter erklärt (Vaknin 2010). Prostaglandin-typische Nebenwirkungen wie Übelkeit und Überstimulationen sind bei der mechanischen Einleitung nicht zu finden. Gelegentlich wird über ein Druckgefühl berichtet, das die meisten Frauen gut tolerieren. Wenn nicht, kann man etwas Flüssigkeit ablassen oder den Ballonkatheter wieder entfernen. Sehr häufig ist ein gewünschter Effekt der Grund für das unangenehme Druckgefühl: die Wehentätigkeit.

Zufriedenheit der Frauen

Die Erwartungen der Schwangeren sollten in die Entscheidungsfindung für eine bestimmte Methode zur Geburtseinleitung einfließen. Generell bevorzugen die Frauen den oralen Applikationsweg: Das Medikament ist einfacher zu verabreichen und die geringere Anzahl vaginaler Untersuchungen führt zu einer größeren Zufriedenheit (Shetty et al. 2005). Die Anwendung von Ballonkathetern wird von den Schwangeren gut akzeptiert und ist mit einer hohen Zufriedenheit assoziiert (Kehl et al. 2014). Im klinischen Alltag stellt man häufig fest, dass die Vermeidung von exogen zugeführten Medikamenten von vielen Frauen als großer Vorteil angesehen wird. Eine sorgfältige Aufklärung der Schwangeren über die verschiedenen Methoden, die jeweiligen Vor- und Nachteile und die potenziellen Nebenwirkungen tragen sicher dazu bei, dass die Geburtseinleitung positiver bewertet wird.

Fazit

Bei der Geburtseinleitung mit Ballonkathetern handelt es sich um ein etabliertes Verfahren. Es gibt mittlerweile Ballonkatheter, die für diese Indikation zugelassen wurden. Diese mechanische Methode ist auch im Vergleich zu den medikamentösen Verfahren sehr effektiv und wird zudem von den Patientinnen gut angenommen. Insbesondere bei Frauen nach einem vorherigen Kaiserschnitt stellen die Ballonkatheter aufgrund des geringeren Risikos für eine Uterusruptur eine wirksame Option dar.

Zitiervorlage
Literatur
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