Rundgänge in zwei Gruppen
Es klappt fast immer. Stille und Konzentration entstehen. Manche kichern oder schauen, was die anderen machen. Störung entsteht meist nicht. Nach dem zweiten Klang der Glocke sagt die Hebamme: »Ungefähr so lange, wie ihr jetzt still wart, dauert eine Wehe. Und bei uns lernen die Frauen und Männer, wie sie sich während der Geburtswehen verhalten können. Das Atmen spielt dabei eine wichtige Rolle. Aber eigentlich ist Atmen sowieso das Wichtigste im Leben, oder?«
Es folgt eine Vorstellungsrunde. Die BesucherInnen und die drei Betreuenden – eine junge und eine ältere Hebamme sowie die Kunstpädagogin – stellen sich vor. »Ich bin … Jahre alt, bin in … geboren. Meine Eltern haben von meiner Geburt … erzählt. Ich habe … aus meiner Babyzeit mitgebracht. Ich habe eine Frage mitgebracht.« Vor dem Besuch erhielt die Klasse schon Post vom Geburtshaus. In diesem Brief wurden die SchülerInnen gebeten, ihre eigene Geburtsgeschichte zu erkunden und ein paar Infos oder auch Erinnerungen und Fragen mitzubringen. Außerdem konnten sie aus fünf Themen auswählen, was sie besonders interessiert.
- Wie entsteht ein Baby im Bauch, was erlebt es, was kann es schon?
- Was erlebt eine Frau mit dem Baby im Bauch, was braucht sie?
- Gebären und Geboren werden, was passiert da?
- Das Neugeborene, was erlebt es, was braucht es, was kann es?
- Leben mit dem Neugeborenen, Eltern sein, wie geht es weiter?
Erst jetzt beginnt das eigentliche Programm. Mädchen und Jungen bilden jeweils eine Gruppe, betreut von einer Hebamme und, wenn gewünscht, der Lehrerin oder einer anderen Begleitperson. Diese Aufteilung nach Geschlecht hat sich als sinnvoll erwiesen. Es beruhigt die gesamte Gruppensituation und erhöht die Bereitschaft, sich frei zu äußern.
Eine der beiden Gruppen beginnt mit Fragen und Antworten zu einem ausgewählten Thema. Die Schülerinnen oder Schüler haben 45 konzentrierte Minuten, um mit der Hebamme in der Runde zu sitzen, anhand von Anschauungsmaterial ihr Thema zu vertiefen und Fragen zu stellen. Die andere Gruppe geht zur Hausbesichtigung, besucht das Hebammenteam, das gerade seine wöchentliche Sitzung hat und spontan ein paar Fragen beantwortet, schaut im Büro vorbei und lässt sich informieren, was denn hier gearbeitet wird, schaut in die Vorsorgezimmer und das Hebammenbüro und erfährt, wozu diese Räume dienen, wer dort arbeitet und was darin passiert. Dann geht es ins »Allerheiligste«, die Geburtsetage, in die Gebärräume und das Gebärbad.
Die Schülerinnen oder Schüler werden gebeten sich niederzulassen, auf der Treppe zum Bad und dem Boden, einen Augenblick zu schauen und zu riechen, zu fühlen, wie der Raum und seine Einrichtung auf sie wirken. Aus den anschließenden Eindrücken wird deutlich, dass sie die »Gemütlichkeit« etwas verwundert wahrnehmen: »Wie zu Hause«, »So zum Kuscheln«, »Warum hängt das Tuch von der Decke?«
Über Fragen und Antworten erfahren sie, warum die Hebammen so viel Wert auf Wohlbefinden legen, was in den Räumen geschieht, was die Schwangere in der Vorsorge und die gebärende Frau, ihren Partner oder andere BegleiterInnen bei der Geburt hier erwartet, welche Möglichkeiten sie haben, die Geburt ihres Kindes aktiv mitzuerleben, was die Hebamme macht, was sie braucht, um eine Geburt sicher zu begleiten.
Und dann geht es noch um das Gebärbad und die Wassergeburt. Hier wird es meist richtig lebendig. Die Fragen purzeln und spätestens jetzt kommen die SkeptikerInnen zu Wort. »Ist das nicht alles zu gefährlich?« Und Geschichten von Komplikationen und Katastrophen sprudeln heraus. Zeit, die Besichtigung zu beenden. Später ist noch Zeit für Fragen.