Wie Frauen Geburt erleben, steht aus salutogenetischer Perspektive in einem großen Kontinuum und in Beziehung zu Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Foto: © Nuttapong punna/stock.adobe.com

Salutogenese beschreibt ein Konzept, das auf die Entstehung und Erhaltung von Gesundheit ausgerichtet ist: Der Fokus liegt auf gesundheitsfördernden Faktoren, beispielsweise darauf, wie Ressourcen und Stärken identifiziert und gefördert werden können. Im Kontext einer aktuellen qualitativen Studie aus England wurde kritisiert, dass der häufigste Blick auf Geburtserfahrungen von Frauen aus pathologischer Perspektive erfolgt.

Daraus wurde das Ziel erarbeitet, einen ganzheitlichen Blick mit positiven Aspekten zu entwickeln: Wie wird Gebären von Frauen selbst erlebt? Welche Aspekte umfasst eine salutogenetische Perspektive zu Geburtserfahrungen? Durchgeführt wurde hierzu eine qualitative Studie in einem Krankenhaus in Nordwestengland. Zehn Frauen wurden nach der Geburt ihres ersten Kindes anhand halbstrukturierter Interviews zwölf Wochen nach der Geburt befragt. Die Datenanalyse erfolgte thematisch nach Braun und Clarke.

Drei Hauptthemen

Insgesamt umfassten die Geburtserfahrungen der Frauen positive, neutrale und traumatische Aspekte. Die Autorinnen zeigten drei Hauptthemen auf, die sie den Zeiträumen vor, während und nach der Geburt zuordneten.

  1. »Bevor alles begann«
  2. »Am Ziel ankommen«
  3. »Die folgenden Tage«

Bevor alles begann

Die Autorinnen zeigten auf, dass Geburtserfahrungen bereits während der Schwangerschaft, also vor der eigentlichen Geburt, ihren Ursprung haben können. So berichten einige Frauen, dass die Geburtsgeschichten anderer Frauen sie beeinflussten.

Interessant war, dass Frauen mit einem positiven oder neutralen Geburtserlebnis bereits während der Schwangerschaft damit einen positiven Umgang wählten.

So berichtet Jessica nach einem positiven Geburtserlebnis: »Ich denke, es war sehr hilfreich, wirklich auf diese Weise zu denken: Sehr positiv zu denken, statt Ängste aufzubauen und sich vor der Geburt zu fürchten.«

Für Annabelle war die grundsätzlich offene Haltung in Bezug auf den Geburtsmodus eine Konsequenz aus Erfahrungen anderer Frauen. Sie teilte: »Mir war bewusst, dass Probleme auftreten können und ich auf alles vorbereitet sein muss. Ich wollte keinen Kaiserschnitt, aber ich entschied mich, ihn auch anzunehmen und einzuwilligen, sollte er notwendig sein.« Die offene Grundhaltung wurde auch bei anderen Frauen als Aspekt beschrieben, der selbst nach geburtshilflichen Interventionen zu einem positiven Geburtserlebnis beitrug. Einige Frauen beschrieben die Strategie, sich auf schlimmste denkbare Szenarien vorbereiteten, um eigene Enttäuschungen zu vermeiden.

Am Ziel angekommen

Während der Geburt erlebten Gebärende die »kontinuierliche mitfühlende Präsenz« einer Hebamme als entscheidenden Faktor für ein positives Erleben. So beschrieb Antoinette nach einer neutral erlebten Geburt: »Ich denke es gab Momente, in denen ich den Eindruck hatte, die Kontrolle zu verlieren. Aber dann konnten sowohl die Hebamme als auch mein Mann mir helfen, durch Atemtechniken die Kontrolle zurückzugewinnen. Ich denke, das hat wirklich geholfen.« Auf der anderen Seite erlebten Frauen auch das Gefühl, vergessen worden zu sein, wenn Hebammen nur eingeschränkt präsent waren.

Die folgenden Tage

Mütter zeigten nach der Geburt verschiedene Einordnungen ihrer Geburtserfahrungen. Einige Frauen konzentrierten sich auf das »gesunde Baby« und andere äußerten den Wunsch nach einem anderen Geburtsverlauf.

Antoinette gab einen Einblick: »Ich denke rückblickend, dass es insgesamt ziemlich positiv war. Ja, es war schwierig. Es war das Härteste, was ich je in meinem Leben getan habe, aber im großen Ganzen glaube ich, dass dieses Muttersein alles überwiegt.«

Neue Erkenntnisse

Die Autorinnen geben mit ihren Daten Einblicke in neue Erkenntnisse, da Frauen in dieser Studie nicht nur traumatische oder positive Geburtserfahrungen beschrieben, sondern auch Erfahrungen dazwischen teilten: Gebären kann auch »neutral« erlebt werden. Die Autorinnen empfehlen hierzu weitere Forschung.

Die Autorinnen zeigen zudem auf, dass Geburtserfahrungen in einem großen Kontinuum stehen und Bezüge zu Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett aufzeigen.

Quelle: McKelvin, D. G., Downe, P. S., & Thomson, P. G. (2025). Exploring childbirth experiences through a Salutogenic lens. Midwifery, 142, 104276. https://doi.org/10.1016/j.midw.2024.104276 ∙ Beate Ramsayer/DHZ

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