Katja Baumgarten: Welches sind die wichtigsten Ziele des DHV für einen langfristigen Erhalt des Berufsstands der Hebammen?
Martina Klenk: Das wichtigste Ziel ist, den Berufsstand zu erhalten!
Ist er in Gefahr?
Nicht grundsätzlich. Wir müssen uns professionell aufstellen, weil sich die Anforderungen verändert haben, die an unseren Berufsstand gestellt werden. Künftig muss von allen freiberuflich tätigen Hebammen Qualitätssicherung geleistet werden: Das heißt, ein Qualitätsmanagementsystem muss nachgewiesen werden. Das ist natürlich für Freiberuflerinnen, die geringfügig bis zu einem Einkommen von 400 bis 450 Euro im Monat arbeiten, schwieriger als für Vollzeitselbstständige.
Wurde die Forderung nach Einführung eines QM-Systems für alle freiberuflichen Hebammen durch die Überführung ins Sozialgesetzbuch fünf, ins SGB V, ausgelöst?
Die Überführung von der Reichsversicherungsordnung in das SGB V im Oktober vergangenen Jahres hat dazu geführt, dass wir eine Leistungsbeschreibung machen müssen. Die Reichsversicherungsordnung ist nur sehr allgemein übernommen worden, deshalb brauchen wir jetzt eine Spezifizierung, die es noch nicht gibt. Das erwarten auch die Krankenkassen. Die sollte bis spätestens Januar 2015 erarbeitet sein. Also brauchen wir eine Leistungsbeschreibung und ein Nachweisverfahren. Die Standardkriterien müssen natürlich erfüllt werden. Wir haben aber auch klar machen können – und das wissen die Krankenkassen –, dass eine Kollegin, die nur nebenberuflich ein paar Frauen im Wochenbett betreut, natürlich nicht ein QM-System wie ein Geburtshaus bedienen kann. Da muss man die Kirche im Dorf lassen.
Wie ist der Stand der Verhandlungen mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland, dem GKV-SV?
Im Moment verhandeln wir über die Betriebskostenpauschale. Der GKV-SV und die Hebammenverbände haben im Juni 2012 von der Schiedsstelle den Auftrag erhalten, unsere Kalkulation noch einmal zu überprüfen. Wir sollen mit Hilfe eines Fachgutachtens zur Ermittlung der Betriebskostenpauschale die Berechnungsgrundlagen für die Betriebskosten noch einmal durcharbeiten. Ende Juli waren zwei Firmen, Gesellschaften für Unternehmensentwicklung im Gesundheitswesen, eingeladen, die zunächst ihre Konzepte vorgestellt haben – die Firma Aktiva wurde von uns vorgeschlagen, die Firma Agenon vom GKV-SV.
Was sind das für Firmen?
Sie führen Kalkulationen für Krankenhäuser und sonstige Leistungserbringer im Gesundheitswesen durch. Die Krankenkassen wollen, dass dabei eine Kostensenkung herauskommt. Wir Hebammenverbände erwarten, dass wir zumindest nicht hinter die Beträge zurückfallen, die wir kalkuliert haben und die jetzt auch von der Schiedsstelle quasi beschlossen worden sind.
Eine seltsame Ausgangsposition: Normalerweise steigen die Kosten durch Inflation und höhere Ausgaben. Warum sollte die Betriebskostenpauschale gesenkt werden?
Die Krankenkassen akzeptieren unsere Kalkulation nicht.
Welche Kritikpunkte haben sie?
Dass es keine verlässlichen Daten gibt.
Sie gehen davon aus, dass die Betriebskostenpauschale zu hoch kalkuliert ist?
Ja, genau.
Wie sieht es mit der wirtschaftlichen Sicherung der freiberuflichen Hebammengeburtshilfe aus?
Die Erhöhung der Hebammengebühren durch den Beschluss der Schiedsstelle im Februar um insgesamt knapp 15 Prozent muss man als Erfolg anerkennen. Wir haben hoch gepokert, wir hätten auch mit null Euro aus den Verhandlungen gehen können. Es waren die ehemalige Bundesjustizministerin Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin und die Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln, Prof. Dr. Elisabeth Pott, die versucht haben, für die Hebammenschaft ein gutes Ergebnis zu „schiedsen”.
Mit wem ist die Schiedsstelle besetzt?
Neben Prof. Dr. Däubler-Gmelin, Prof. Dr. Pott und dem Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Franke sind auch die maßgeblichen Hebammenverbände und die Spitzenverbände der Krankenkassen mit je zwei Personen vertreten. Natürlich sind auch Juristen dabei: Armin Hirschmüller für den DHV, Patricia Morgenthal vom BfHD und Christoph Altmiks vom GKV-Spitzenverband. Die Gebührenverhandlungen finden im kleineren Kreis statt, dabei sind die Schiedsstellenvorsitzenden nicht vertreten. Die Juristen sind nicht jedes Mal bei den Verhandlungen. Es gibt ja unterschiedliche „Schweregerade” der Verhandlungen. Auch ich nehme nicht immer daran teil: Wenn es um Prozesse geht, bin ich nicht immer anwesend, aber bei Entscheidungen bin ich natürlich dabei.
Es war die außerordentliche Haftpflichterhöhung in den Gebühren aufzufangen. Sind Sie letztlich zufrieden mit dem Ergebnis?
Die Haftpflichterhöhung wurde ja auch abgedeckt, die haben die Kassen über die 15 Prozent hinaus übernommen. Aber trotzdem ist das keine Lösung, weil sich die Haftpflichtspirale weiter dreht. Also zufrieden – bedingt! Es ist immer noch viel zu wenig, weil unser Ausgangsniveau zu niedrig ist. Natürlich kann man keine 30 bis 40 Prozent Erhöhung aushandeln, das akzeptiert niemand.
Wenn ein Frauenberuf über Jahrzehnte immer hinten anstehen musste, dann muss das vielleicht einmal sein.
Das gilt grundsätzlich für alle Frauenberufe, das ist richtig. Erzieherinnen, Krankenschwestern, Hebammen – diese Berufe sind der Kitt der Gesellschaft und werden so schlecht vergütet. Was macht man stattdessen? Man holt in der Pflege chinesische Beschäftigte, die für Hungerlöhne hier arbeiten.
Hat die IGES-Studie zur beruflichen Situation der Hebammen bei den Verhandlungen eine Rolle gespielt und Rückenwind gegeben?
Sie hat zumindest gezeigt, dass wir in manchen Gegenden der Republik bei der Hebammenhilfe schon einen Versorgungsengpass haben, vor allem in grenznahen Gebieten: Die Himmelsrichtung ist dabei unbedeutend – das ist nicht allein ein Ostphänomen. Auch in Großstädten, beispielsweise in Frankfurt am Main, finden Frauen kaum noch eine Hebamme für die Wochenbettversorgung, weil Hebammen dort die Mieten nicht mehr bezahlen können. Die Lebenshaltungskosten sind in manchen Metropolregionen so hoch, dass die Kolleginnen aufs Land gehen. Dort haben sie das Problem, dass weite Wege mit dem Wegegeld nicht vergütet werden. Da müssten kommunale Anreize gesetzt werden, damit auch diese Regionen wieder von Hebammenhilfe profitieren.
Mit welchen Maßnahmen sollten Anreize gesetzt werden? Wird der GKV-SV regionale Zugeständnisse machen? Hebammen aus Ostdeutschland haben früher jahrelang geringere Gebühren bekommen als die Kolleginnen in Westdeutschland. Könnten heute Hebammen in besonders schlecht versorgten Gebiete einen höheren Tarif erhalten?
Ja! Oder die Wegezeiten müssten vom GKV-SV besser vergolten werden. Das wäre ein Anreiz, damit Kolleginnen bereit sind, weit zu fahren. Aber das ist auch noch nicht die Lösung. Letztlich ist es natürlich auch die Aufgabe der Kolleginnen selbst.
Was meinen Sie damit?
Sowohl die Hebammendichte als auch die spezifischen Hebammenleistungen sind in Deutschland ungleich verteilt. Es gibt einige Regionen, in denen es einen Hebammenmangel gibt. In weiteren Regionen sind ausreichend Hebammen da, diese bieten aber nur fraktionierte Leistungen an. Das bedeutet, dass es in einigen Regionen keine Hausgeburtshebammen mehr gibt, Kurse aber beispielsweise in ausreichender Anzahl vorhanden sind. Oder die Wochenbettbetreuung wird abgedeckt, aber es fehlt an Hebammen, die Schwangerenvorsorge machen. Idealerweise bietet eine professionell in Vollzeit tätige Hebamme den kompletten Betreuungsbogen als Leistung an. Dazu fehlen in Deutschland aber noch vernünftige Strukturen. Und die Bereitschaft der Kolleginnen, Hebammenhilfe dort zu erbringen, wo sie nachgefragt wird.
Welche Ziele sehen die Verbände für die Zukunft, was die Versorgung mit Hebammenhilfe angeht?
Die Zentralisierung nimmt bei den Krankenhäusern immer mehr zu. Wir können gegensteuern, indem wir die Regionen, wo die kleineren Kliniken wegbrechen, durch Geburtshäuser besetzen. Die Frage ist, ob die Kolleginnen dazu bereit sind. Es steigen immer mehr Hebammen aus der Geburtshilfe aus, weil sie durch die Berufshaftpflichtprämie zu teuer ist und weil die Vergütung immer noch nicht das bringt, was sie brauchen.
Darüber hinaus ist bei der zunehmenden Klagebereitschaft heute auch das rechtliche Berufsrisiko für freiberufliche Hebammen enorm angestiegen.
Ja, so ist es.
In seiner Stellungnahme zur Haftpflichtproblematik schlägt der DHV eine fondsgebundene Lösung vor. Darin geht er davon aus, dass die Hebamme soweit haftbar ist, dass sie an der Grenze zur Privatinsolvenz steht. Also könnte eine Hebamme kein sicheres Privatvermögen aufbauen? Ihr Häuschen für die Altersversorgung wäre bei einem gravierenden Schadensfall gleich weg?
Nein, es braucht eine Deckelung. Wir wollen ja genau das Problem abfedern.
Ich lese in dem Vorschlag immer wieder die Formulierung, „um die Privatinsolvenz der Hebamme zu verhindern” – dann geht es aber bereits ans Eingemachte!
Wir machen damit deutlich, dass Kolleginnen im Moment von Privatinsolvenz betroffen sind. Das kann ja wohl nicht sein, dass man aufgrund seiner Berufsausübung in die Privatinsolvenz rutscht. Wobei man natürlich sagen muss, dass das bei Unternehmen, die in die Pleite steuern, auch passieren kann.
Normale Unternehmer dürfen ihre Leistungen marktwirtschaftlich nach Angebot und Nachfrage und unter Berücksichtigung ihres Berufsrisikos frei kalkulieren. Ist dieser Vergleich für die prekäre Hebammensituation angemessen?
Das kommt darauf an, wie man Unternehmer definiert. Ich spreche hier von vergleichbaren Unternehmen, wie soloselbstständigen Handwerkern oder anderen Dienstleistern. Diese tragen, abgesehen von der Haftpflicht, ein ähnliches unternehmerisches Risiko.
Welche Ideen zur Lösung der Haftpflichtproblematik werden konkret diskutiert?
Als ich im Petitionsausschuss 2010 den Haftpflichtfonds gefordert habe, wurde ich ausgelacht. Jetzt arbeitet die interministerielle Arbeitsgruppe, die unterdessen entstanden ist, genau daran. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla hat laut darüber nachgedacht, ob man nicht einen steuerfinanzierten Fonds einrichten könnte, um dieses Problem zu lösen. Die Haftpflichtprämien werden weiter steigen. Die Kosten der gesundheitlichen Versorgung von Opfern bei Schadensfällen explodieren. Natürlich sollten Kolleginnen nicht vollkommen aus der Haftung entlassen werden. Eine Hebamme könnte sich beispielsweise bis zu einer Schadenssumme von fünf Millionen versichern und was darüber hinausgeht, würde durch den Fonds abgedeckt.
Ist das nicht auch für die Kliniken mit kleinen geburtshilflichen Abteilungen von Bedeutung? Das Haftpflichtproblem betrifft ja die ganze Geburtshilfe, auch die Belegärzte, die kleinen und mittelgroßen Kliniken, von denen viele geschlossen werden.
Das hat weniger mit der Haftungsfrage zu tun, sondern mit Rentabilitätsüberlegungen. Wenn es zu wenig Geburten gibt und man ständig Personal vorhalten muss, dann wird die Geburtshilfe halt geschlossen.
Wie hat sich die Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe entwickelt? Wie ist sie besetzt?
In der interministeriellen Arbeitsgruppe sind das Bundesfamilienministerium vertreten, das Bundesministerium für Gesundheit und auch das Bundesministerium für Finanzen ist punktuell dabei gewesen, jeweils vertreten durch Staatssekretäre. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft war dabei und der GKV-SV. Von Seiten der Hebammen sind der BfHD, die „Hebammen für Deutschland” und der DHV vertreten – das ist eine bunte Mischung. Wir haben unsere Juristen dabei: Patricia Morgenthal für den BfHD, Dr. Ann-Kathrin Hirschmüller oder Armin Hirschmüller für den DHV, je nachdem, worum es geht.
Wie viele Personen sind das?
Etwa 15 Personen. Der interministerielle Tisch hat schon dreimal getagt – in unterschiedlicher Besetzung. Es ging vor allem um die Versorgungssituation. Das vordergründig größte Problem ist dabei natürlich die Haftpflichtsituation. Darauf, dass es nicht allein darum gehen kann, muss man hinweisen. Es muss generell um die Versorgung mit Hebammenhilfe gehen.
Verlaufen die Gespräche konstruktiv?
Im Moment wird nichts entschieden, wegen der Bundestagswahlen. Es ist schon gut, dass wir überhaupt in der Diskussion sind und miteinander arbeiten. Mit dem vierten Treffen darf dann aber nicht Schluss sein, sondern es muss nach der Bundestagswahl weitergehen. Wir brauchen zügig Ergebnisse, weil jetzt die nächste Haftpflichtrunde anläuft. Die Ausschreibung der Securon, unseres Versicherungsmaklers, läuft zurzeit. Sie hat 144 Versicherer im Inland angeschrieben, auch der ausländische Markt wird abgefragt. Wir erwarten Rückmeldungen der Versicherer bis Mitte September. Ich wäre nicht überrascht, wenn die Haftpflichtprämien im Juli nächsten Jahres weiter ansteigen.
Wie läuft es mit der Lobbyarbeit? Vor ein paar Jahren wussten wenige von den Problemen der Hebammen. Mittlerweile wissen viele Bürger gut Bescheid.
Für unsere gute Lobbyarbeit haben wir 2011 einen Preis, den Award der Deutschen Forschungsgemeinschaft, erhalten. Nach der Bundestagswahl planen wir noch eine Kampagne. Aus der Bundesdelegiertentagung hatten wir 2012 den Auftrag erhalten, den Fokus auf die angestellten Hebammen in den Kliniken zu richten. Damit haben wir Anfang des Jahres begonnen. Es gab auch Kritik, dass durch unsere Lobbyarbeit Kolleginnen entmutigt würden. Die Hebammenlehrerinnen waren beispielsweise besorgt: Keine junge Frau will mehr Hebamme werden, weil dauernd Negativbotschaften von geringem Verdienst und Haftpflichtproblematik in der Presse stehen. Soll man den jungen Frauen Sand in die Augen streuen? Die Bewerberinnenzahlen an den Schulen gehen auch zurück, weil die Kolleginnen lieber studieren möchten. Die Hochschule für Gesundheit in Bochum hat enorme Anfragen für den Hebammenstudiengang. Es ist also Interesse da. Wir setzen jetzt eine Positivkampagne auf und haben dafür die Karten und Poster entwickelt: „Hebammen wissen Bescheid”.
Wie ist die Resonanz?
Das kommt unterschiedlich an. Wir haben auch eine Postkarte entwickelt, „Welches Drittel hätten Sie denn gerne? Fordern Sie eine Eins-zu-eins-Betreuung bei der Geburt Ihres Kindes.” Davon waren viele angestellten Kolleginnen nicht begeistert und sagten: „Eins-zu-eins-Betreuung – auf welchem Planeten seid ihr denn unterwegs? Das ist bei uns überhaupt nicht möglich!” Wir möchten dieses Ziel trotzdem beibehalten, auch wenn im Moment eine Hebamme im Schnitt gleichzeitig drei Frauen betreut, die Ambulanzen abarbeitet und dann auch noch im OP steht. Genau das wollen wir ja anmahnen. Die Kolleginnen hatten die Befürchtung, durch unsere Forderung in unfreiwillige Belegverträge geschickt zu werden. Daraufhin waren Susanne Steppat, unsere Beirätin für den Angestelltenbereich, und ich ein wenig ratlos. Zusammen mit Campaignern – Profis in der Organisation von Kampagnen, Grassroots Organizing und dergleichen – haben wir nun geplant, dass wir zunächst eine Reise durch die Kreißsäle starten.
Ich höre sehr unterschiedliche Berichte von Kolleginnen, die im Kreißsaal arbeiten.
Wir möchten den Kolleginnen zuhören und wissen: Wie geht es ihnen, was wollen sie, was beschäftigt sie am meisten? Wo sehen sie ihre größte Not? Wie kann der Berufsverband sie unterstützen?
Wie viele Kliniken werden Sie besuchen?
Bis zur nächsten Tagung des Hauptausschusses vom 17. bis 19. September in Hünfeld, werden wir zunächst drei Kreißsäle besuchen. Dort treffen sich das Präsidium, die Geschäftsführerin, die Vorsitzenden der Länder und die Beauftragten des DHV. Auf der Grundlage dieser ersten Ergebnisse entscheiden wir dann, wie wir weiter vorgehen. Bis zum Ende des Jahres möchte ich mindestens noch drei weitere Kreißsäle besuchen, falls ich dann noch zuständig bin.
Sind die Besuche auf die Situation in den Kreißsälen konzentriert?
Ja. Wenn in den Kliniken mit Personalrotation gearbeitet wird, sind die anderen Bereiche der Hebammentätigkeit automatisch mit abgedeckt. Auch das werden wir abfragen. Mittlerweise ist diese Arbeitsform sehr verbreitet, dass Hebammen gleichermaßen auf der Wochenstation wie im Kreißsaal und in der Schwangerenberatung oder Hebammensprechstunde arbeiten. Es ist allerdings noch längst nicht an allen Häusern der Fall – und das Schlimme ist, wegen knapperer Personalressourcen hat es sich sogar wieder zurückentwickelt. Eine Hebamme wird bei einer dünnen Personaldecke eher im Kreißsaal gebraucht, weil sie die einzige ist, die Geburten betreuen kann. Zur Not kann auf der Wochenstation eine Krankenschwester die Pflege übernehmen, wenn auch nicht mit dem Fachwissen einer Hebamme.
Welche Verbesserungen sollte man für die Hebammen in der Klinik voranbringen?
Ich kann die Kolleginnen nur immer wieder ermutigen, bei Überlastung Gefahrenanzeigen zu schreiben, mit dem Personalrat und dem Betriebsrat zusammenzuarbeiten oder sich in Arbeitsgruppen zu engagieren.
Ich höre manchmal von Kolleginnen, dass sie von ihren leitenden Hebammen oder im Team Druck aushalten müssen, wenn sie Gefahrenanzeigen schreiben möchten, weil das nicht erwünscht ist.
Die Gefahrenanzeige gehört in die nächsthöhere Ebene. Auch der Personalrat muss die Meldungen bekommen, wenn darauf nicht angemessen reagiert wird. Sie ist auch im Kontext eines Fehlervermeidungssystems notwendig. Überlastung, Überforderung und Personalmangel führen immer zu Qualitätsminderung, schlimmstenfalls zu Fehlern und allerschlimmstenfalls zum Tode. Insofern muss man beharrlich sein und man muss auch die Zivilcourage aufbringen, sich der Kritik zu stellen und sich dem Druck auszusetzen. Wenn man immer nur kompensiert und auch die Mitarbeiterinnen dazu anhält, dann wird sich nie etwas ändern. Warum soll der Arbeitgeber etwas ändern, wenn es doch läuft?