Ein Geburtstrauma vermeiden
Nach zwei extrem schmerzhaften Geburten habe ich mein drittes Kind mit Hilfe hypnotischer Trance nahezu schmerzfrei auf die Welt gebracht. Das mag merkwürdig klingen, doch klinische Hypnose wird auch in verschiedenen Unikliniken angewendet. Hier wird zum Teil ohne Schmerzmedikation operiert und die Patient:innen empfinden im Zustand tiefer Hypnose keinen Schmerz. Gleichzeitig ist dies nicht das Ziel meiner Arbeit.
Hier soll keine Frau dazu ermutigt werden, ein beeindruckendes Phänomen unter Beweis zu stellen. Nein – vielmehr soll ihnen eine Technik an die Hand gegeben werden, die sie jederzeit unterstützt. Hierzu gehört auch eine Offenheit gegenüber Hilfe von außen: Die Kursteilnehmer:innen wissen, dass sie sich immer Unterstützung holen und Schmerzmittel in Anspruch nehmen dürfen. Dies gehört maßgeblich zu einer selbstbestimmten Geburt, denn so lassen sich mögliche Traumata in den meisten Fällen vermeiden. Die Vermeidung eines Geburtstraumas ist das Ziel meiner Arbeit.
Mittlerweile habe ich über 16.000 Frauen und Paare begleiten dürfen. Eine anonymisierte Erhebung unter 861 Teilnehmer:innen hat ergeben, dass nur 31 ihre Geburt als traumatisch bezeichnen würden, 95 als negativ, 158 als neutral, 334 als positiv und 243 als Traumgeburt. Täglich bekomme ich beeindruckende Geburtsberichte zugeschickt. Besonders freut mich das Feedback von Hebammen, die sehr berührt sind, wenn sie eine »Friedliche Geburt« begleitet haben. Denn ohne Hebammen kann Geburt nicht gelingen. Nicht in Hypnose, nicht selbstbestimmt, nicht glücklich und stärkend. Ein einziges Augenrollen, weil eine Frau mit Kopfhörern in den Kreißsaal kommt, kann dazu führen, dass sie aus der Trance fällt, sich unwohl und unsicher fühlt. Genauso geschieht das Gegenteil mit einem offenen Lächeln und liebevollen Worten beim Kontakt mit der Gebärenden.
Hypnotische Sprachmuster
Der amerikanische Psychiater Milton Erickson (1901–1980) gilt als Vater der modernen Hypnotherapie. Er hat seine Klient:innen kaum in klassischen Hypnosesitzungen behandelt, es geschah einfach im Gespräch. Seine Worte waren liebevoll und einladend. Die Menschen, die ihm begegneten, fühlten sich geborgen in seiner Gegenwart und wollten seinen Worten folgen, weil sie so angenehm waren. Diese »hypnotischen Sprachmuster« sind leicht zu erlernen. »Wenn du möchtest, kannst du nun …«, ist ein klassisches Beispiel. Auch ein liebevoller Gesichtsausdruck hat eine beruhigende Wirkung auf Gebärende und kann ihnen Angst nehmen.
Frauen, die sich mit Hypnose vorbereitet haben, brauchen meist nur sehr wenig Unterstützung. Wenn es laut und hektisch in der Klinik ist, können sie sich häufig über weite Strecken selbst gut regulieren. Natürlich sollte das gesellschaftliche Ziel eine Eins-zu-eins-Betreuung sein! Doch in Zeiten, in denen dies noch in weiter Ferne zu sein scheint, kann es auch für Hebammen eine Entlastung sein, wenn Frauen in der Eröffnungsperiode gut allein zurechtkommen.
Eine Frau in Hypnose ist – entgegen der Annahme – durchaus in der Lage, unter der Geburt zu kommunizieren. Sie hört, was man ihr sagt, und kann Informationen umsetzen. Ähnlich wie bei einem Marathonlauf auf den Trainer, kann sie bei der Geburt auf die Hebamme hören, ihre Stellung ändern, ein Bein aufstellen, sich umdrehen oder mitschieben, so wie die Hebamme es vielleicht anleitet. Zugleich ist sie bei einer zuvor liebevollen Begleitung offen für Vorschläge und kann auch in stressigen Situationen in der Regel bei sich bleiben, so dass es ihr gut geht.
Und auch die Hebamme wird merken, wie es ihr Kraft schenkt und Stress reduziert, eine solche Geburt zu begleiten. Oft schrieben Hebammen, dass sie noch nie so erfüllt und voller Kraft aus einer Schicht gegangen seien, wie wenn sie eine »Friedliche Geburt« begleitet hatten. Das ist kein Hexenwerk, sondern solche selbstbestimmten, kraftvollen und positiven Geburten können mehr und mehr zur Normalität werden, wenn wir gemeinsam den Frauen alles geben, was sie dafür brauchen.
Dazu gehört eine mentale Vorbereitung genauso wie ein hebammengeleiteter Geburtsvorbereitungskurs und natürlich die wertvolle Arbeit von Hebammen in den Kreißsälen, Geburtshäusern und Schlafzimmern dieser Welt!