Der Mittelkurs der Hebammenschule Frankfurt erarbeitet in einem Workshop die Punkte für die Selbstverpflichtungserklärung, sich für eine respektvolle Geburtshilfe einzusetzen. Foto: © Nadja Zander

Das geburtshilfliche Team der Universitätsklinik Frankfurt setzte mit einer Selbstverpflichtungserklärung ein Zeichen gegen Respektlosigkeit und Gewalt in der Geburtshilfe. Ein Bericht zum Stand der Dinge anlässlich des Roses-Revolution-Tages. 

Der 25. November ist der globale Tag gegen Gewalt in der Geburtshilfe. Menschen, die am geburtshilflichen Geschehen beteiligt sind, seien es Mütter, Väter oder Begleitpersonen, aber auch das medizinische Fachpersonal, sind an diesem Tag aufgerufen, eine Rose als symbolisches Zeichen vor die Einrichtung zu legen, in der sie selbst Gewalt erfahren oder miterlebt haben.

Prof. Dr. Frank Louwen, Chefarzt der geburtshilflichen Abteilung der Frankfurter Universitätsfrauenklinik und ärztlicher Direktor der Hebammenschule der Carl-Remigius-Medical-School in Frankfurt sowie deren Schulleitung, Nadja Zander, nahmen im September 2019 einen Kongressbeitrag zu diesem Thema zum Anlass, gemeinsam mit Hebammenschülerinnen eine Selbstverpflichtungserklärung für das gesamte geburtshilfliche Team zu entwickeln. So sollte ein gemeinsames Zeichen gegen Respektlosigkeit und Gewalt in der Geburtshilfe gesetzt werden. Diese Form eines Verhaltenskodex hat den Anspruch, sich selbst und der Umgebung gegenüber das Versprechen abzunehmen, im Sinne der Frauen und deren Familien zu kommunizieren und zu agieren.

Kurzfilme, Podcasts, Lesematerial

In der Hebammenschule wurde ein eintägiger Workshop unter dem Arbeitstitel: »Im Namen der Rose« mit 40 Schülerinnen und dem gesamten LehrerInnenkollegium durchgeführt. Der Einstieg in dieses Thema erschien vorerst leicht. In den vergangenen Jahren wurde das Problem der Gewalt rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett vermehrt in den Medien aufgegriffen. Manche Schülerinnen hatten schon eigene negative Erfahrungen machen müssen. Um alle Anwesenden für das Thema gleichermaßen zu sensibilisieren, standen Kurzfilme, Podcasts oder Lesematerial zur Verfügung.

Der Begriff »Gewalt« wirkte für alle Teilnehmenden klar. Dass hierbei aber, egal ob wissentlich oder nicht, ein Menschenrecht verletzt wird, ist nicht immer für jede/n auf Anhieb ersichtlich. Die Erklärung der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2015 zum Thema lautet: »Jede Frau hat das Recht auf den bestmöglichen Gesundheitsstandard. Dies beinhaltet das Recht auf eine würdevolle und wertschätzende Gesundheitsversorgung«.

In fünf rotierenden Projektstationen wurden folgende Begriffe intensiv betrachtet:

  • Macht und Gewalt – eine Definition
  • Kommunikation und Gewalt
  • Handlung und Gewalt
  • Schutztechniken
  • Berufsethos.

Zu keiner Zeit des Workshops ging es darum, eigens erlebte Geschichten aufzuarbeiten. Ziel war viel mehr, ganz bei sich selbst zu bleiben und für das Thema aufmerksamer zu werden. Eine Schülerin beschrieb ihre wechselnde Stimmungslage während des Tages mit: »(…) am Anfang war ich empört, dann wich die Empörung einer Melancholie, gefolgt von dem Willen, es besser zu machen, um sich zum Abschluss gedanklich wieder mit allen Menschen und Erfahrungen zu versöhnen. Wie gesagt, der Grat auf dem wir manchmal laufen, kann sehr, sehr schmal sein«.

Mit diesem Erkenntnisgewinn wurde eine Selbstverpflichtungserklärung formuliert, von der sich alle Teammitglieder angesprochen fühlen sollten. Diese beinhaltete einfache, klare Sätze, die nicht ins Leere laufen, weil sie zu abgedroschen oder hochtrabend klingen – Sätze, die man aushalten kann, ohne dass sie ein schlechtes Gewissen erzeugen.

Wir alle müssen in unserer Arbeit Situationen hinnehmen oder aushalten, die wir nicht ändern können. Doch wenn wir sie ändern können, dann sollten wir aus unserer Komfortzone hinaustreten und aktiv werden. Die Selbstverpflichtungserklärung hängt mittlerweile für jede/n gut sichtbar in allen Kreißsälen der Frankfurter Universitätsklinik.

Selbstverpflichtungserklärung:
Im Namen der Rose – für eine Geburt ohne Gewalt

Wir, das geburtshilfliche Team der Universitäts­frauenklinik Frankfurt, verstehen jede Geburt als eines der emotionalsten und intimsten Ereignisse im Leben eines jeden Menschen. Um die Familien in diesen Momenten respektvoll, sensibel und angemessen zu begleiten verpflichten wir uns:

  • ihre Bedürfnisse willkommen zu heißen, sie in jeder Phase zu ermutigen und somit ihre Ressourcen zu stärken
  • für ein gutes Geburtsklima, frei von Angst und Konflikten, zu sorgen
  • auf unsere Worte, Mimik und Gesten zu achten und sie mit Bedacht einzusetzen
  • Interventionen kritisch zu hinterfragen
  • ein NEIN zu akzeptieren und die Intimsphäre der Frau und des Kindes jederzeit zu wahren
  • Alternativen aufzuzeigen und anzubieten
  • Familien und dem Team die Zeit zu geben, die es braucht, um aufzuklären, zu erläutern und zu besprechen
  • der anderen Profession mit Wertschätzung und Wohlwollen entgegenzutreten
  • unser Wissen stets zu aktualisieren und zu erweitern
  • eine konstruktive Fehlerkultur zu leben.
Zitiervorlage
Zander N: Im Namen der Rose. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2019. 71 (11): 76–77
Links
WHO: The prevention and elimination of disrespect and abuse during facility-based childbirth. 2014. S.1. http://www.who.int/entity/reproductivehealth/topics/maternal_perinatal/endorsers.pdf
Literatur
WHO: The prevention and elimination of disrespect and abuse during facility-based childbirth. 2014. S.1. http://www.who.int/entity/reproductivehealth/topics/maternal_perinatal/endorsers.pdf
https://staudeverlag.de/wp-content/themes/dhz/assets/img/no-photo.png