Ágnes Geréb in dem 2012 erschienenen Film „Freedom for Birth“. Die britischen Filmemacher Toni Harman und Alex Wakeford haben ihre Geschichte damit weltweit bekannt gemacht. Foto: © www.freedomforbirth.com

„Die Freiheit eines Landes kann an der Freiheit seiner Geburtshilfe gemessen werden.”

Ágnes Geréb

Ein Nachmittag im Geburtshaus in erwartungsvoller Atmosphäre: Es ist Geburtsvorbereitungskurs. Da hat eine Hochschwangere plötzlich eine Sturzgeburt – die Hebamme ruft den Krankenwagen. Der kommt und bringt die Mutter und das Kind in die nächste Klinik. Für die Hebamme hingegen fährt ein Streifenwagen vor: Sie wird verhaftet und in Handschellen abgeführt. Es ist der 5. Oktober 2010. Seitdem war die ungarische Ärztin und Hebamme Ágnes Geréb unter Arrest – zuerst 77 Tage im Gefängnis und seit dem 21. Dezember 2010 unter Hausarrest. Sie durfte ihre Wohnung ohne Erlaubnis des Gerichts nicht länger als eine Stunde am Tag verlassen – und dies auch erst, seitdem im Frühjahr 2013 eine UN-Kommission sich für die Lockerung der Arrestbedingungen eingesetzt hatte. Die Polizei kontrollierte vier Mal am Tag den Arrest.

Ágnes Geréb beging ihren 59., 60. und 61. Geburtstag in Haft. Wie sich das anfühlt, beschrieb sie 2013 in einem Interview: „Vor einigen Tagen rief mich jemand aus einer Bäckerei an und fragte, ob ich etwas benötige. Ich sagte, dass ich mir nicht vorstellen könne, was es in einer Bäckerei zu kaufen gäbe. Ich kann mir den Geruch nicht mal mehr vorstellen. Und ich kann mir nicht vorstellen, was passieren würde, wenn sie mich freiließen. Es ist einfacher, mir das Leben im Gefängnis vorzustellen als ein Leben in Freiheit. Ich hoffe, das ändert sich und dass ich mit einer Freilassung zurechtkommen würde.” (Interview 2013).

Am 20. Februar 2014 hob das Budapester Amtsgericht den 2010 vom Berufungsgericht verhängten Hausarrest nach drei Jahren, vier Monaten und 15 Tagen auf – Ágnes Geréb darf ihre Wohnung wieder verlassen und sich zumindest innerhalb der Stadt und des angrenzenden Landkreises frei bewegen.

Der Rechtsstreit vor dem Berufungsgericht geht allerdings weiter: Nachdem der Prozess nach zwei Jahren Freiheitsentzug 2012 endlich begann, wurde er inzwischen wieder ausgesetzt. Die für Dezember 2013 angesetzte Gerichtsverhandlung wurde erneut verschoben. Donal Kerry, Sprecher der „Justice Campaign for Ágnes Geréb”, erwartet aber ein abschließendes Urteil Ende dieses oder mit Beginn des nächsten Jahres (Kerry 2014).

Der Name Ágnes Geréb ist vielen GeburtshelferInnen bekannt – nicht zuletzt seit dem 2012 erschienenen Film „Freedom for Birth”. Damit haben die britischen Filmemacher Toni Harman und Alex Wakeford ihre Geschichte weltweit bekannt gemacht. Aber nur wenige wissen um die Hintergründe der Inhaftierung dieser besonderen Frau.

Trotz aller Widerstände

In Ungarn war es aufgrund fehlender Reglementierung seit 1998 offiziell illegal, als zugelassenes medizinisches Personal Hausgeburten zu begleiten. Hebammen bekamen keine Lizenz dazu. Den Frauen blieb somit nur die Wahl zwischen einer unassistierten Alleingeburt oder einer Krankenhausgeburt, samt aller üblichen Interventionen: Einleitungen, Routine-PDAs und Episiotomien sind in Ungarn an der Tagesordnung, Geburten sind fremdbestimmt. Es ist üblich, dem Arzt eine „Aufmerksamkeit” in Form eines Umschlags mit Bargeld zukommen zu lassen, um eine „gute Betreuung” sicherzustellen (Harman 2012). Eine gute Geburt in Ungarn bedeutet: Die Mutter und das Kind leben. Das war Ágnes Geréb zu wenig.

Sie und die nicht für außerklinische Geburten zugelassenen Hebammen des Geburtshauses hatten weiterhin Frauen zu Hause betreut – in der festen Überzeugung, dass eine Frau das Recht hat, dort ihr Kind zur Welt zu bringen, wo sie es für richtig hält und wo sie sich am sichersten fühlt. Die Überzeugungen von Ágnes Geréb decken sich schlichtweg nicht mit den Erwartungen des ungarischen Systems: Ágnes Geréb glaubt an Selbstbestimmung, Wahlfreiheit und Humanisierung nach dem sogenannten midwifery-model-of-care, also an die Frau als informierte Entscheiderin im Mittelpunkt und Herrin über ihren Körper, Eins-zu-eins-Betreuung, individuelle Beurteilung der Situation und das Modell der Salutogenese. Dagegen setzt das ungarische Gesundheitssystem auf den technokratischen Ansatz, also auf paternalistische Entscheidungsstrukturen, auf Technik und Maschinen, protokollarische und standardisierte Abläufe.

Bereits während ihrer Zeit als Krankenhausärztin hatte Ágnes Geréb auf ihre Weise auf die vorhandenen Missstände reagiert und sich für die sogenannte „Humanisierung der Geburtshilfe” eingesetzt. So war sie in den 1990er Jahren die erste, die die Väter bei der Geburt ihrer Kinder dabei sein ließ. Seinerzeit brachte ihr dies eine sechsmonatige Suspendierung ein. Inzwischen ist die Präsenz der Väter auch in Ungarn nicht mehr ungewöhnlich. Das betreffende Krankenhaus wirbt sogar damit, die erste Klinik in Ungarn gewesen zu sein, die diese Praxis erlaubte (Kalef 2012).

Ágnes Geréb ist eine Frau, die seit jeher, und trotz aller Widerstände, mit großem persönlichem Risiko Eltern in ihrer freien Wahl des Geburtsortes bedingungslos unterstützt. Lange Zeit scheinbar, ohne sich entmutigen zu lassen: Nachdem die ungarische Ärztekammer offiziell ihrer Missbilligung Ausdruck verliehen und ihr die Approbation im Jahr 2000 entzogen hatte, absolvierte sie die Ausbildung zur Hebamme, 2010 folgte ein Master in Hebammenwissenschaften. Während all dieser Jahre hat Ágnes Geréb weiterhin Geburten begleitet, in der Klinik und zu Hause: Über 7.000 Geburten waren es in 17 Jahren. Von 1989 bis 2010 betreute sie circa 3.500 Geburten zu Hause. Drei Kinder sind in all den Jahren gestorben. Zum Vergleich: Die perinatale Mortalität lag 2010 in Ungarn bei 2,6 pro 1.000 Lebendgeburten (PERISTAT-Report).

Anklage in fünf Fällen

Die aktuelle Anklage bezieht sich nur in einem Fall auf ein totes Kind. Insgesamt werden Ágnes Geréb fünf  Vergehen vorgeworfen. Im ersten Fall wird sie des Betrugs beschuldigt: In ihrer Zeit nach Entzug der Approbation soll sie in 200 Fällen, in denen sie Eltern bei Hausgeburten begleitet hat, diesen vorgeschwindelt haben, die Begleitung in ihrer Eigenschaft als Ärztin vorzunehmen. In allen diesen Fällen haben die Eltern durch ihre Unterschrift eingewilligt, von ihr als Hebamme begleitet zu werden. Zudem hatte Ágnes Geréb sich diese Begleitungen nicht als Ärztin vergüten lassen.

Der zweite Fall betrifft eine komplikationslose Geburtshausgeburt, nach der die Eltern das Kind nicht im Verwaltungsbezirk des Geburtsortes, sondern in ihrem Wohnort anmeldeten. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft zwang Ágnes Geréb die Eltern dazu. Drei weitere Fälle sind im engeren Sinne geburtsbezogen: Die Geburt des ersten Kindes wurde von Ágnes Geréb wegen Mekonium im Fruchtwasser ins Krankenhaus verlegt, wo das Kind zwei Stunden später mit den in Ungarn üblichen Interventionen (Kristeller, Episiotomie, …) geboren wurde. Das Kind verstarb am folgenden Tag in der Klinik.

Das zweite Kind wurde mit einer scheinbar durch Streptokokken hervorgerufenen Lungeninfektion geboren und hatte größte Probleme, selbstständig zu atmen. Das Kind wurde in die Klinik verlegt, behandelt und nach zwei Wochen als gesund entlassen (Geburtsberichte der Eltern, siehe Literatur Birth of Eliza).

Der dritte Fall ist der des Jungen, der am 5. Oktober unerwartet per Sturzgeburt im Geburtshaus geboren wurde und in dessen Folge Ágnes Geréb verhaftet wurde. Der Junge erlitt einen extremen Sauerstoffmangel, welcher allerdings zum Zeitpunkt, an dem die Ambulanz gerufen wurde, noch nicht abzusehen war, und ist auch drei Jahre später noch stark beeinträchtigt.

Die beiden anderen bereits erwähnten verstorbenen Kinder, die aber nicht Teil des aktuellen Prozesses sind, wurden in den Jahren 2006 und 2007 geboren und brachten ihr bereits am 10. Februar 2010 eine Verurteilung zu zwei Jahren Haft und zehn Jahre Arbeitsverbot ein. Die Anklage lautete auf „fahrlässige Gefährdung in Ausübung des Amtes”. Zu diesem Urteil reichte sie ein Begnadigungsgesuch beim ungarischen Präsidenten ein. Dieser beschied, dass er den Ausgang des zweiten Prozesses abwarten werde, bevor er über eine Begnadigung entscheide. Zusätzlich zu der im Arrest verbrachten Zeit ist also völlig unklar, ob ihr nicht vielleicht weitere Jahre im Gefängnis drohen, ganz egal, wie der laufende Prozess ausgeht.

Eine Schwangere klagt ihr Recht ein

Während dieser erste Prozess gegen Ágnes Geréb lief, war die Ungarin Anna Ternovsky, die schon ihr erstes Kind mit Ágnes Geréb geboren hatte, 2009 mit dem zweiten Kind schwanger. Sie wünschte sich wieder eine Hausgeburt – mit dem Beistand der Hebammen Ágnes Geréb und Ágnes Király, so wie bei der Hausgeburt ihres ersten Kind (Ternovsky 2012). Weil Ágnes Geréb zu dieser Zeit bereits rechtlich verfolgt wurde, hatte Anna Ternovsky Bedenken, dass jede Hebamme, die ihr beistehen würde, Ähnliches erleben könnte, besonders falls die Geburt mit Komplikationen verbunden wäre. Trotzdem wollte sie keine Geburt im Krankenhaus.

Die Geburt ihres ersten Kindes zu Hause hatte ihr Leben verändert: Versorgt von ihren Hebammen, von der sie liebenden Familie und Freunden, hatte sie sich geschützt und sicher gefühlt. Zu Hause war alles, was zu ihrem Leben gehörte und ihr wichtig war. Das hatte sie damals innerlich gestärkt und ihr Kraft gegeben. In einem Brief, der in den „Human Rights in Childbirth”-Konferenzakten von 2012 erschienen ist, schrieb sie: „Ich musste mich nicht ‚benehmen‘, niemand sagte mir, was ich tun muss – ich fühlte mich akzeptiert… Ich hatte die Gelegenheit zu erfahren, dass ich alleine die Fähigkeit besitze, mein Kind auf die Welt zu bringen. Es wurde mir möglich gemacht, eine echte Begegnung mit mir selber zu haben und zu erleben, dass diese immense Kraft in mir liegt. Bis zum heutigen Tag geben mir diese Erinnerungen enorme Energie, auf die ich aufbauen kann.”

Verzweifelt über ihr Dilemma, tauschte Anna Ternovsky sich über ihre Ängste mit anderen Eltern aus, die ebenfalls eine Hausgeburt erlebt hatten. Einer ihrer Freunde war Rechtsanwalt am Ungarischen Gerichtshof für bürgerliches Recht. Die junge Mutter, die bereit war, für eine Hausgeburt zu kämpfen, fragte diesen Freund, ob es einen höheren Gerichtshof außerhalb Ungarns gebe, der den Fall des Verbots der begleiteten Hausgeburt durch die ungarische Gesetzgebung anhören könnte. Ihr Freund schlug den Europäischen Gerichtshof in Straßburg vor, meinte aber, es müsse eine schwangere Frau sein, die diesen Fall vor das Gericht bringen könnte. Anna entschied, dass sie diese Person sein würde. Sie formulierte eine Klage gegen die Verletzung ihrer persönlichen Rechte durch den ungarischen Staat und ihres Rechts auf Nichtdiskriminierung.

Am 15. Dezember 2009 reichte Anna Ternovsky ihre Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein (Antragsnummer 67545/09). Ein Jahr später, am 14. Dezember 2010, entschied das Gericht zu ihren Gunsten. In seinem Urteil definiert das Gericht das Privatleben als eine Verbindung von physischer und sozialer Identität. Die Entscheidung darüber, ein Kind zu bekommen, schließt danach auch die Umstände des Elternwerdens mit ein. Die ungarische Gesetzgebung von 1997 hat PatientInnen das Selbstbestimmungsrecht zugestanden (Case of Ternovsky 2010). Dies schließe auch das Recht ein, Interventionen zu wählen oder sich dagegen zu entscheiden.

Allerdings würden andere Gesetze, die die Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen reglementieren, diesem Gesetz entgegenstehen. Dadurch ergebe sich eine Grauzone, in der bestimmte Berufsgruppen der Strafverfolgung ausgesetzt seien. Als Beispiel einer Gesundheitsdienstleisterin, die interniert wurde, weil sie Beistand bei Hausgeburten und Geburtshausgeburten angeboten hatte, wurde der Fall Ágnes Geréb angeführt. Während die Frauen laut der ungarischen Verfassung das Recht auf eine Hausgeburt hätten, würden weitere Gesetze eine Lizenz für freiberufliche Hebammen verbieten.

Das Gericht betonte die gesetzliche Unsicherheit von GesundheitsdienstleisterInnen in Ungarn, die es für Anna Ternovsky unmöglich mache, ihr Recht auf die Wahl des Geburtsortes umzusetzen. Darüber hinaus würde die Bestrafung von Hebammen für ihren Beistand bei Hausgeburten das Recht einer Frau auf die Umstände ihrer Elternschaft und damit ihr Recht auf Privatheit behindern. Das Gericht forderte, dass der ungarische Staat seine Gesetzgebung ändern müsse, um Frauen das Recht auf eine Wahl des Geburtsortes zu ermöglichen. Außerdem wurde verfügt, dass der ungarische Staat Anna Ternovsky 1.250 Euro bezahlen müsse, um ihre Ausgaben für diesen Gerichtsfall zu übernehmen. Anna Ternovsky hat es geschafft, in Begleitung von Ágnes Geréb ihr zweites Kind zu Hause zu gebären, bevor die Hebamme in Arrest kam.

Wie frei ist die Wahl wirklich?

Auch dank dieses sogenannten Ternovsky-Urteils wurde die außerklinische Geburt vom ungarischen Staat am 1. Mai 2011 legalisiert und gesetzlich geregelt. Im März 2012 wurde in Ungarn die erste Lizenz für eine unabhängige ungarische Hausgeburtshebamme erteilt, die in den USA ausgebildet wurde (Nagy 2012).

Allerdings lässt die aktuelle Situation nach wie vor zu wünschen übrig: Der medizinische Rahmen, in dem eine legale Hausgeburt erlebt werden darf, ist so eng, dass nur wenige Schwangere sich dafür qualifizieren. Darüber hinaus werden die Kosten einer Hausgeburt nicht vom staatlichen Gesundheitssystem getragen: Die Familien müssen, anders als für eine Geburt in einem staatlichen Krankenhaus, privat dafür aufkommen. Eine Hausgeburt kostet die Familien in Ungarn derzeit ungefähr 500 Euro, was ungefähr einem Nettomonatslohn entspricht. In dieser Summe sind Vorsorge, Geburtsvorbereitungskurs und einige Tage Nachsorge enthalten. Hebammen versuchen über Solidaritätsfonds mit Hilfe bessergestellter Familien die Kosten für weniger finanzstarke Familien auszugleichen. Ein Großteil der Kosten entsteht auch in Ungarn durch die Haftpflicht für Hebammen: Die Versicherung kostet dort derzeit umgerechnet ungefähr 2.350 Euro pro Jahr, allerdings für ein Geburtshelferteam, bestehend aus zwei Hebammen und einem Neonatologen. Hinzu kommen weitere Kosten für beispielsweise Müllentsorgung, Steuern und Fahrtgeld.

In den Kliniken sind rechtlich allein ÄrztInnen für die Versorgung der Schwangeren und die Geburten zuständig. Hebammen sind in den Krankenhäusern lediglich die Zuarbeiterinnen und Handlangerinnen der Ärzte – eine reine Hebammenbetreuung oder die Wahl einer Beleggeburt ist nicht vorgesehen. Auch wenn dies eine Einschränkung der Wahlfreiheit der Frau darstellt und somit gegen das Ternovsky-Urteil verstößt: Solange keine Schwangere vor dem Verfassungsgericht gegen die Einschränkung klagt, wird diese Praxis in Ungarn bestehen bleiben. Die Absicht der ungarischen Verantwortlichen scheint klar: So wenige Kinder wie möglich sollen außerhalb der Kliniken und ohne ärztliche Hilfe geboren werden. Von einer wirklichen Wahlfreiheit ist unter diesen Umständen auch heute nicht zu sprechen.

Doch das Ternovsky-Urteil hat auch für andere europäische Staaten Auswirkungen: Die europäischen Frauen haben seit 2010 explizit verbrieft, dass sie in Berufung auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention erstens die freie Wahl de Geburtsortes und der Geburtsbegleitung haben, und dass zweitens der Gesetzgeber dafür verantwortlich ist, dass die Frauen auch eine tatsächliche Wahlmöglichkeit haben. Diese Wahlmöglichkeit wird auch in Deutschland bereits seit einiger Zeit massiv durch die Haftpflichtproblematik und das damit verbundene „Hebammensterben” eingeschränkt. Eigentlich widerspricht dies dem Ternovsky-Urteil. Bleibt abzuwarten, wann bei uns die erste Schwangere gegen dieses Unrecht vor dem Verfassungsgericht klagt und Recht bekommt. Denn das Recht der Frauen auf freie Wahl ist de facto nichts wert, wenn sie nicht auch tatsächlich zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten wählen können. Es liegt an ihnen, dieses Recht durchzusetzen.

Vorgestellt

Geboren 1952, absolvierte Ágnes Geréb ein Medizinstudium und schloss ihre Spezialisierung zur Geburtshelferin 1982 ab. Bis 1994 arbeitete sie in einer ungarischen Klinik, wobei sie seit 1989 bereits parallel Hausgeburten betreute (siehe auch Titelbild). 1990 ging sie für kurze Zeit in die USA, um dort bei einer Hebamme zu lernen, die auch Hausgeburten betreute. 1994 verließ sie die Klinik und arbeitete in einem von ihr gegründeten Geburtshaus in Budapest.

1994 war sie Mitgründerin des europäischen Netzwerks ENCA (European Network of Childbirth Associations), dessen Gründung im Jahr zuvor von der deutschen Gesellschaft für Geburtsvorbereitung, Familienbildung und Frauengesundheit e.V. (GfG) initiiert worden war. Die ENCA setzt sich auch heute noch für die Verbesserung der Versorgung und Betreuung von Schwangeren, Müttern und ihren Neugeborenen sowie ihren Familien ein.

1997 wurde Ágnes Geréb mit der Mitgliedschaft in der Ashoka Gesellschaft, einer internationalen Non-Profit-Organisation zur Förderung von sozialem Unternehmertum, ausgezeichnet (www.ashoka.org). Diese unterstützt herausragende Personen und Einrichtungen, die sich für Verbesserungen in der Zivilgesellschaft einsetzen. Im Jahr 2000 wurde Ágnes Geréb die ärztliche Approbation entzogen. Daraufhin absolvierte sie die Ausbildung zur Hebamme, 2005 folgte ein Master in Hebammenwissenschaften. Im Jahr 2013 erhielt Ágnes Geréb als erste Nicht-Dänin die Auszeichnung der dänischen Organisation „A Good Start in Life”, die jährlich eine herausragende Persönlichkeit im Bereich der Unterstützung von Schwangerschaft, Geburt und erstem Lebensjahr auszeichnet.

Zitiervorlage
Stone NI, Hartmann K: Das ungarische Ternovsky-Urteil: Die Hausgeburt ist ein Menschenrecht. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2014. 66 (5): 14–18 
Links

Freedom for Birth (Zugriff: 19.2.2014)

Peristat-Report (Zugriff: 19.2.2014)

ENCA (Zugriff: 19.2.2014)

EU-Menschenrechtskonvention

Ashoka Gesellschaft (Zugriff: 19.2.2014)

Literatur

Birth of Eliza. One of the cases against Dr. Geréb: birth story of Eliza told by the mother (Nightmare) and the father (Arrested). www.humanrightsinchildbirth.com/ternovszky-vs-hungary/agnes-gereb/nightmare (Zugriff: 19.2.2014)

Case of Ternovsky v. Hungary. Application no. 67545/09. European Court of Human Rights. 14 December 2010. hudoc.echr.coe.int/sites/fra/pages/search.aspx?i=001-102254#{„itemid”:[„001-102254″]} (Zugriff: 19.2.2014)

Harman, T.: Agnes Gereb and the Case for Human Rights in Childbirth. www.huffingtonpost.com/toni-harman/filming-agnes-gereb_b_1539595.html (Zugriff: 19.2.2014) (2012)

Interview with Dr. Geréb on the Danish Radio (7.4.2013.) www.szuleteshaz.hu/interview-with-dr-gereb-in-the-danish-radio-07-04-2013/?lang=en (Zugriff: 19.2.2014)

Kalef, M.: Hungarian midwife Agnes Gereb changing the world. http://www.vancouverobserver.com/world/europe/hungarian-midwife-agnes-gereb-changing-world (Zugriff: 26.2.2014) (2012)

Kerry, D.: The case of Dr. Ágnes Geréb.
humanrightsinchildbirth.com/the-case-of-dr-agnes-gereb/ (Zugriff: 2.4.2014) (2012)

Kerry, D.: Agnes Gereb freed from house arrest. www.szuleteshaz.hu/?lang=en/ (Zugriff: 26.2.2014) (2014)

Ternovsky, A.: Letter to the Conference. In: H. Hayes-Klein (Ed.), Conference Papers/Human Rights in Childbirth. (pp. 30-33). The Hague: Bynkershoek Publishing (2012)

Nagy, G.: Update on Birth in Hungary. www.midwiferytoday.com/international/hungary.asp (Zugriff: 10.10.2013) (2012)

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