»Viele Schwangere sind ohne professionelle Unterstützung überfordert, mit den Symptomen des Geburtsbeginns und der Latenzphase umzugehen.« Foto: © Kay A/peopleimages.com/stock.adobe.com

Für die Beratung von Erstgebärenden in der Latenzphase entwickeln Forscherinnen am Institut für Hebammenwissenschaft und reproduktive Gesundheit der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) einen Fragebogen. Das dreijährige Projekt beinhaltet eine multizentrische Datenerhebung in enger Zusammenarbeit mit sechs Schweizer Geburtskliniken. Finanziert wird die »GebStart-Studie« vom Schweizerischen Nationalfonds.

Am Departement Gesundheit der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur in der Schweiz ist die Aus- und Weiterbildung der fünf Gesundheitsberufe angegliedert: Hebamme, Pflege BSc, Physiotherapie, Ergotherapie und Public Health (www.zhaw.ch/de/gesundheit). Die fünf Institute erfüllen den vierfachen Leistungsauftrag mit Lehre, Weiterbildung, Forschung und Dienstleistung. Zur Lehre im Institut für Hebammenwissenschaft und reproduktive Gesundheit gehören der Bachelor- und Masterstudiengang.

Im Gegensatz zu vielen anderen Hochschulen im Gesundheitsbereich im deutschsprachigen Raum, in denen Forschungsprojekte aus Zeitgründen oft zu kurz kommen, bietet diese Unterteilung den Vorteil, dass sich einige Mitarbeitende der ZHAW hauptsächlich auf die Forschung konzentrieren können. Sie hat jedoch den Nachteil, dass durch die starke Trennung der Leistungsbereiche Forschungsergebnisse nur erschwert in die Lehre einfließen. Deshalb werden am Departement Gesundheit der ZHAW zunehmend Mischprofile gefördert, das heißt die Mitarbeiter:innen sollen möglichst mindestens 20 % in einem zweiten Leistungsbereich tätig sein.

Zurzeit arbeiten Hebammen und Soziolog:innen mit MSc und teilweise auch mit PhD im Forschungsteam am Institut für Hebammenwissenschaft und reproduktive Gesundheit der ZHAW. Neben Studien zur Qualität der Betreuung rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett sowie zur Ungleichbehandlung in der Geburtshilfe evaluieren die Forscher:innen auch Hebammennetzwerke für den verbesserten Zugang zur ambulanten Wochenbettbetreuung, Geburtsvorbereitungskurse für Schwangere ohne Deutschkenntnisse und Projekte zur Frühen Förderung.

Weitere Themen sind die professionelle Entwicklung eines Programms zur Qualifizierung von Ausbildner:innen, die an der Schnittstelle zwischen Hochschule und Berufsfeld in der Praxis tätig sind, die Berufszufriedenheit sowie die Belastungsfaktoren von Hebammen und anderen Gesundheitsfachpersonen. Wichtig ist den Forscher:innen einer Fachhochschule, die den Begriff »angewandt« im Namen trägt, dass die Forschungsprojekte für und mit Praxispartnern durchgeführt werden.

Glossar
Faktorenanalyse: Zusammenfassen von Gruppen von intervallskalierten Daten zu aussagekräftigen und voneinander möglichst unabhängigen Faktoren (> www.methodenberatung.uzh.ch)

Interne Konsistenz: Maß, wie stark die Items einer Skala miteinander zusammenhängen. Für die Bestimmung der internen Konsistenz wird der Koeffizient

Cronbachs Alpha gemessen. Dieses Maß gibt die Korrelation zwischen den Antworten in einem Fragebogen an. Es kann Werte zwischen -1 und 1 annehmen.

Item: Einzelne Frage in einer Skala

Konvergente Validität: Merkmalsunterschiede, die mit einer Messmethode festgestellt wurden, bestätigen sich unter Verwendung einer anderen Messmethode. Das heißt, es werden Korrelationen zwischen der neu entwickelten Skala und schon bestehenden Skalen bestimmt.

Monitoring klinischer Studien: Visiten der Studienzentren zur Überprüfung, ob der Ablauf der Studie eingehalten wird, ob die ethischen Grundsätze eingehalten werden, wie dokumentiert wird und ob die Dateneingabekorrekt ist.

Pilotphase: Testphase zu Beginn einer Datenerhebung. Es werden die Rekrutierungsstrategie, die Abläufe sowie die Erhebungsinstrumente getestet und gegebenenfalls vor dem Start der Hauptphase angepasst.

Principal Investigator: Der oder die maßgeblich verantwortliche Wissenschaftler:in eines Forschungsprojekts

REDCap®: Abkürzung für »Research Electronic Data Capture«, sichere Webanwendung zur Erstellung und Verwaltung von Online-Umfragen und Datenbanken

Scoping Review: Literaturübersichtsarbeit, Art der Wissenssynthese, bei der ein systematischer und iterativer Ansatz verwendet wird, um einen vorhandenen oder neu entstehenden Teil der Literatur zu einem bestimmten Thema zu ermitteln und zusammenzufassen.

Standardisierter Fragebogen: Quantitativer Fragebogen mit geschlossenen Fragen und vorgegebenem Antwortformat. Standardisierte Fragebögen werden manchmal auch Messinstrumente, Tools oder Skalen genannt.

Erfolgreicher Antrag

Exemplarisch für die Hebammenforschung an der ZHAW steht das Projekt »Entwicklung und Validierung eines Tools für die Beratung von Erstgebärenden in der Latenzphase (GebStart-Studie)« (Grylka-Baeschlin et al., 2022). Die Projektidee wurde im Forschungsteam entwickelt und beim Fördertopf »Practice-to-Science« des Schweizerischen Nationalfonds eingereicht. Als eines von 11 geförderten Projekten unter 104 eingereichten wurde das Projekt finanziert.

Dieser Erfolg war von großer Bedeutung für die Forschungsgruppe, da die Zusage ein größeres Projekt in enger Zusammenarbeit mit der klinischen Praxis ermöglichte. Zudem war die Projektzusage aufgrund der Karriereförderung »Practice-to-Science« mit der Verleihung des Professorentitels an die Antragstellerin Susanne Grylka verbunden.

Herausfordernd: Latenzphase

Viele Schwangere sind ohne professionelle Unterstützung überfordert, mit den Symptomen des Geburtsbeginns und der Latenzphase umzugehen (Beake et al., 2018; Eri et al., 2015). Sie empfinden es als sehr herausfordernd zu entscheiden, wann sie die Hebamme kontaktieren und ins Krankenhaus fahren sollen (Mueller & Grylka-Baeschlin, 2023). Vor allem Erstgebärende melden sich häufig bei der Hebamme, bevor die Geburt fortschreitet. Nicht selten kommt es vor, dass sie zu früh in die Klinik fahren oder diese Phase der Geburt schlecht erleben, da sie mehr Unterstützung gebraucht hätten (Beake et al., 2018; Hosek et al., 2014).

Zudem hängen die Hinweise ab von der jeweiligen Fachperson, die das Telefon entgegennimmt, oder auch vom Arbeitsanfall auf der Geburtenabteilung, so dass sowohl Gebärende als auch Fachpersonen die Situation als herausfordern und unbefriedigend empfinden (Beake et al., 2018; Janssen et al., 2009).

Deshalb war das Ziel der GebStart-Studie, einen standardisierten Fragebogen zu entwickeln und zu validieren, der eine evidenzbasierte Beratung von Erstgebärenden in der Latenzphase ermöglichen soll (siehe Glossar).

Abbildung 1: Konzeptualisierung des Wissenstransfers vom Assessment zur Beratung Abbildung: © Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

Entwicklung eines Fragebogens

Die Entwicklung eines standardisierten Fragebogens ist komplex und beinhaltet ein mehrstufiges Verfahren (DeVellis, 2017). So wurde in der GebStart-Studie in einem ersten Schritt konzeptualisiert, was mit dem standardisierten Fragebogen beurteilt werden soll und zu welchen Entscheidungen die gemessenen Scores führen (Grylka-Baeschlin et al., 2022, siehe Abbildung 1). Für die eigentliche Entwicklung des standardisierten Fragebogens wurde zuerst ein Item-Pool errichtet, der nach einer ersten Reduktion in der Praxis angewendet wurde, bevor das finale Instrument erstellt werden kann.

1. Item-Pool

In einem ersten Schritt wurde ein Pool mit möglichen Fragen (Items) formuliert. Damit dieser Item-Pool evidenzbasiert entwickelt werden konnte, führten die Forscherinnen zuerst Fokusgruppendiskussionen mit Erstgebärenden während der ersten sechs Monaten nach einer ersten Geburt mit spontanem Geburtsbeginn (Grylka-Baeschlin & Mueller, 2023a; Mueller & Grylka-Baeschlin, 2023). Weiter wurde ein Scoping Review erstellt (siehe Glossar). Er enthält 96 Artikel zu den Symptomen des Geburtsbeginns und zum Betreuungsbedarfs in der Latenzphase (Grylka-Baeschlin & Mueller, 2023b).

Aus den Fokusgruppendiskussionen und dem Scoping Review wurden folgende Aspekte extrahiert:

  • körperliche Symptome
  • emotionale Symptome
  • Wohlbefinden, Kontrollgefühl
  • Umgang mit der Situation
  • Einstellung zur, Erwartungen an und Präferenzen für die Geburt
  • Informationen, Wissen, Vorbereitung
  • Umfeld zu Hause
  • Distanz zum Krankenhaus, Geburtshaus, Hebamme.

Zu jedem dieser Aspekte wurden mögliche Fragen entworfen. Am Ende gab es 99 mögliche Items im Pool.

2. Entwurf des Fragebogens

An einem Workshop mit 16 Expert:innen aus der Schweiz, Deutschland, Schweden, Norwegen, Großbritannien und den USA wurde die beschriebenen Aspekte sowie mögliche Fragen und Antwortformate diskutiert. Anschließend evaluierten acht Expert:innen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich die Relevanz und die Klarheit der 99 Fragen und kommentierten die vorgeschlagenen Formulierungen. Aufgrund der verteilten Punkte und unter Beibehalt aller Aspekte wurden die Fragen reduziert. So wurde ein vorläufiger Fragebogen mit 32 Items erstellt und nochmals von vier Hebammen begutachtet. Deren Rückmeldungen führten zu den letzten kleineren Anpassungen vor der Datenerhebungsphase.

3. Ethikkomission

Aufgrund des Forschungsansatzes war klar, dass die Studie in den Geltungsbereich des Schweizer Humanforschungsgesetztes fällt und von der Ethikkommission beurteilt werden musste. Die Ethikkommission Zürich stufte die GebStart-Studie als klinische Studie mit niedrigem Risiko ein, da gewisse Items des neu entwickelten Fragebogens mit validierten Skalen zur Beurteilung der Selbstwirksamkeit und zu Sorgen verglichen werden sollten. Dies hatte zur Folge, dass die Eingabe bei der Ethikkommission aufwendiger war und dass die Studienleiterin und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin das Monitoring der Studie nicht selbst durchführen durften (siehe Glossar).

Nachdem alle Dokumente entsprechend angepasst wurden, sprach die Ethikkommission ein positives Ethikvotum aus (BASEC-Nr. 2021-00687). Die Studie wurde sowohl im Schweizerischen (Swiss National Clinical Trials Portal SNCTP000004555) als auch im Deutschen Register für klinische Studien (German Clinical Trial Register DRKS00025572) aufgenommen.

4. Datenerhebung

Sechs Schweizer Geburtskliniken in Winterthur, Zürich, Luzern, Basel und Baden erklärten sich bereit, als Studienzentren mitzuwirken. Die Aufgaben für die Kliniken waren zu umfangreich, als dass sie neben dem Alltag einer Geburtenabteilung hätten erbracht werden können. Daher wurden in allen Zentren Studienhebammen mit Teilzeitstellen von 20 % für 15 Monate eingestellt. Voraussetzung für die Tätigkeit als Studienhebamme war ein Bachelordiplom und wenn möglich Berufserfahrung als Hebamme im Studienzentrum. Die Aufgaben der Studienhebammen beinhalteten:

  • Rekrutierung der Teilnehmerinnen
  • Versenden von Einwilligungserklärungen und von Links zu den vorgeburtlichen und nachgeburtlichen Fragebögen
  • Senden von Erinnerungen an die Studienteilnahme und ans Ausfüllen der Fragebögen
  • Dateneingabe in die REDCap®-Datenbank (siehe Glossar)
  • Führen der Teilnehmerinnenidentifikationsliste mit der pseudonymisierten Studien-ID und den Kontaktdaten der Teilnehmerinnen
  • Einführung des standardisierten Fragebogens mit den Hebammen der Geburtenabteilung
  • als Ansprechpartnerin für Hebammen in der eigenen Klinik sowie dem Forschungsteam der ZHAW zur Verfügung zu stehen.

Dies war ein anspruchsvoller Job, der den Studienhebammen einen tiefen Einblick in die praktischen Aspekte des Forschungsprozesses ermöglichte. Clizia Iseppi, Studienhebamme im Stadtspital Triemli Zürich, fasste ihre Erfahrungen zusammen:

»Durch diese Zusatzfunktion bekam ich eine andere Stellung im Team, was ich als angenehm empfand. Die Zusammenarbeit mit den Forscherinnen war sehr inspirierend und ihre Sichtweise auf Problemstellungen lehrreich und interessant. Für mich bestand die größte Herausforderung darin, bei den eher unkreativen beziehungsweise monotonen Arbeiten wie Dateneingabe die Konzentration nicht zu verlieren. Ich könnte mir vorstellen, auch andere Forschungsprojekte in der klinischen Phase zu unterstützen oder auch in der Planungsphase mitzuarbeiten. Die neuen Skills, die ich gelernt habe während dieser Zeit, wie Kommunikation mit dem Team, mit den Forscherinnen und den rekrutierten Frauen oder Lösen von Problemen während der Rekrutierung oder in der Umsetzung, sind sicherlich wertvoll für meinen weiteren beruflichen Werdegang.«

Das Hebammenforschungsteam der ZHAW konnte die REDCap®-Datenbank mit Unterstützung des Forschungssupports der ZHAW programmieren. Dies war herausfordernd, aber auch sehr interessant. Das Besondere an dieser Datenbank war, dass Online-Fragebögen und Eingabemasken für die persönlichen und geburtshilflichen Daten der Teilnehmerinnen kombiniert werden konnten. Die Studienhebammen hatten vor Ort Zugriff auf die Datenbank, sahen jedoch nur die Daten der Teilnehmerinnen ihres eigenen Zentrums.

Das Forschungsteam an der ZHAW sah zwar zu jedem Zeitpunkt alle Daten, jedoch nur verschlüsselt, das heißt, nur die Studien-ID und keine Kontaktdaten der Teilnehmerinnen. Die Datenbank ermöglichte, in regelmäßigen Abständen die Daten zu exportieren, Versuchsanalysen durchzuführen und Rekrutierungsstatistiken zu erstellen.

Ein Studienhandbuch mit Informationen zu allen Aspekten der Durchführung der Studie und zu den ethischen Grundprinzipen bezweckte, dass die Studienzentren möglichst identisch arbeiteten. Zudem nahmen alle Studienhebammen an einem Einführungstag teil und auch die lokalen ärztlichen Principal Investigators (PI) in den Studienzentren wurden dazu eingeladen (siehe Glossar). Bei regelmäßige Austauschtreffen konnten sich die Studienhebammen und das Forschungsteam an der ZHAW über Tipps und Tricks austauschen, wie Frauen rekrutiert werden können.

Insgesamt willigten 700 Frauen ein, an der Studie teilzunehmen, 73 in der Pilotphase und 623 in der Hauptphase der Studie. Eine große Herausforderung des Projekts war, dass der standardisierte Fragebogen nur bei knapp 63 % der Frauen angewendet wurde. Denn aufgrund von Einleitungen und primären Kaiserschnitten, aber auch weil die Hebammen die Anwendung des Fragebogens im hektischen Arbeitsalltag vergaßen, verzeichnete diese Studie einen hohen Anteil an Drop-outs.

Die Forscherinnen rechneten vor Studienbeginn mit einer Drop-out-Rate von 25 %, das heißt deutlich niedriger als die verzeichneten 37 %. Da 73 Teilnehmerinnen mehr als geplant rekrutiert werden konnten und der standardisierte Fragebogen bis zu fünf Mal pro Frau ausgefüllt wurde , stehen nun jedoch genügend Daten für eine fundierte Auswertung zur Verfügung.

5. Datenanalyse

Üblicherweise wird eine explorative Faktorenanalyse für die Reduktion der Items eines Fragebogens durchgeführt (siehe Glossar). Dabei interessiert bei dieser Analyse, welche Fragen am besten zusammenpassen und einen gemeinsamen Aspekt beurteilen. In der Planungsphase der Studie gingen die Forscherinnen davon aus, dass vor allem Fragen zu den körperlichen und emotionalen Symptomen formuliert werden sollten. Beim Durchführen der Fokusgruppendiskussionen und des Scoping Reviews zeigte sich jedoch schnell, dass mehrere weitere Faktoren wie Einstellung zur Geburt, die Geburtsvorbereitung, die Unterstützung und weitere Aspekte für das Abwarten zu Hause beziehungsweise für die Entscheidung zur Aufnahme in der Klinik eine Rolle spielen. Erste Analysen zeigten nun nicht unerwartet, dass der Fragebogen sehr viele Faktoren beinhaltet und die Fragen nur schwer zu einer sinnvollen Anzahl Faktoren zusammengefasst werden können.

Es scheint zudem, dass das Bestimmen der internen Konsistenz (siehe Glossar) des Fragebogens mit Cronbachs Alpha (siehe Glossar und »Nachgefragt«) keinen Sinn macht, da die Aspekte zu unterschiedlich sind. Daher werden nun zusätzliche Analysen und Aspekte geplant wie die Streuung der Antworten, die Zusammenhänge der Antworten mit dem weiteren Verlauf der Geburt und der Aufnahmen in der Klinik. Interessant sind auch die Zusammenhänge zwischen den Items zur Selbstwirksamkeit und zu den Sorgen im Fragebogen und den Antworten zu validierten Instrumenten wie der Deutschen Version des Childbirth-Self-Efficacy Inventory (Lowe, 1993; Schmidt et al., 2016) und der Cambridge-Worry Scale (Green et al., 2003; Petersen et al., 2009). Eine hohe Korrelation zwischen verschiedenen Messinstrumenten gibt Hinweise auf eine hohe konvergente Validität (siehe Glossar). Das ist ein Hinweis, wie gut diese Items effektiv die Selbstwirksamkeit und die Sorgen messen. Zurzeit ist die Datenaufarbeitung im Gange und die Datenanalyse hat auch schon begonnen.

Veröffentlichung und Implementation

Die Ergebnisse der Studie sollen im ersten Halbjahr 2024 veröffentlicht werden. Anschließend steht ein validierter Fragebogen für die Beratung von Erstgebärenden in der Latenzphase zur Verfügung. Wichtig ist, dass dieser in der klinischen Praxis implementiert wird und nicht einfach in der Schublade verschwindet. Deshalb wird zurzeit geprüft, ob Implementationsstudien als Folgeprojekte realisiert werden könnten. Sie sollten auch die Übersetzung des Fragebogens in mehrere Sprachen beinhalten.

Nachgefragt

Birgit Heimbach:Könnten Sie bitte ein paar der erwähnten Tipps und Tricks angeben, wie man Frauen als Studienteil­nehmerinnen rekrutieren kann?

Susanne Grylka: Der Rekrutierungserfolg war möglich, weil die Studienhebammen viel (bezahlte) Zeit für diese Aufgabe aufbringen konnten. Zudem erarbeiteten sie zusammen mit dem Forschungsteam der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften eine für jedes Studienzentrum angepasste individuelle Rekrutierungsstrategie.

In gewissen Kliniken konnten Geburtsanmeldungen nach potenziellen Teilnehmerinnen gescreent und die Frauen direkt kontaktiert werden. Geburtsvorbereitungskurse, Hebammensprechstunde, Schwangerenambulanz und Akupunktursprechstunde boten weitere Möglichkeiten, schwangere Frauen auf die Studie anzusprechen. Teilweise erlebten die Studienheb­ammen auch tolle Unterstützung von Hebammenkolleginnen, Geburtshelfer:innen und dem administrativ tätigen Personal. Auch die Erinnerungen an die Studienteilnahme, wenn Frauen die Einwilligungserklärung nicht zurückschickten, und die empathische Kontaktaufnahme der Studienhebammen waren für den Erfolg mitverantwortlich.

Bitte erläutern Sie noch den Wert »Cronbachs Alpha«. Es gibt offen­sichtlich Werte zwischen -1 und 1? Wie kann man sich das vorstellen?

Cronbachs Alpha ist ein Maß für die interne Konsistenz einer Skala und gibt an, wie gut die Fragen einer Skala in einer Beziehung zueinander stehen. Obwohl Cronbachs Alpha auch negative Werte einnehmen kann, können nur positive interpretiert werden. Werte ≥ 0.7 sind akzeptabel und der Maximalwert ist 1.

Es gilt aber zu beachten, dass Cronbachs Alpha bei einer höheren Anzahl von Fragen höher ist. Deshalb müssen Forscher:innen bei Skalen mit vielen Fragen stets auch beurteilen, ob die Bestimmung von Cronbachs Alpha trotz akzeptabler Werte wirklich sinnvoll ist.

Vielen Dank!

Zitiervorlage
Grylka, S. (2023). Praxisnahe Forschung: Studie zum Geburtsstart. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 75 (11), 86–90.
Literatur
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DeVellis, R. F. (2017). Scale development, theory and applications (Fourth Edition). SAGE Publications.

Eri, T. S., Bondas, T., Gross, M. M., Janssen, P., & Green, J. M. (2015). A balancing act in an unknown territory: A metasynthesis of first-time mothers’ experiences in early labour. Midwifery, 31(3), e58-67. https://doi.org/10.1016/j.midw.2014.11.007

Green, J. M., Kafetsios, K., Statham, H. E., & Snowdon, C. M. (2003). Factor structure, validity and reliability of the Cambridge Worry Scale in a pregnant population. Journal of Health Psychology, 8(6), 753–764. https://doi.org/10.1177/13591053030086008

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Grylka-Baeschlin, S., & Mueller, A. N. (2023a). Primiparous women’s expectations and experiences of early labour: A qualitative study. Sexual & Reproductive Healthcare: Official Journal of the Swedish Association of Midwives, 36, 100839. https://doi.org/10.1016/j.srhc.2023.100839

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Schmidt, G., Stoll, K., Jäger, B., & Gross, M. M. (2016). [German Version of the Childbirth Self-Efficacy Inventory and its Short Form]. Zeitschrift Fur Geburtshilfe Und Neonatologie, 220(1), 28–34. https://doi.org/10.1055/s-0035-1547296

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