Viele Frauen beschreiben ein stetiges „Frage-und-Antwort-Spiel“ mit ihrem ungeborenen Kind – das oftmals auch unbewusst und neben anderen Aktivitäten geschieht. Foto: © Markus Heimbach

Wie Schwangere die Bewegungen ihres Kindes im eigenen Leib empfinden, ist bislang in wissenschaftlichen Arbeiten nicht betrachtet worden. Der eigene Erfahrungshintergrund der Hebamme spielt eine große Rolle für die Interpretation dessen, was die Mutter beschreibt. Es lohnt sich genau zuzuhören. 

Was eine Frau über das Wohlbefinden ihres ungeborenen Kindes sagen kann, hat keinen Stellenwert in der herkömmlichen Schwangerenbetreuung. Deutungshoheit über alle körperlichen Vorgänge haben technische Hilfsmittel wie CTG, Ultraschall und Doppler. Wenn überhaupt, so wird das Auftreten regelmäßiger Kindsbewegungen als Hinweis auf fetales Wohlergehen erfragt.

Hebammen wissen jedoch, dass schwangere Frauen neben der Quantität auch die Qualität kindlicher Regungen detailliert beschreiben können. Die Beurteilung sowohl der Häufigkeit, als auch der Art der Kindsbewegungen ist daher fester Bestandteil unserer Vorsorgeuntersuchungen. Ziel dabei ist es, einen Eindruck von der Vitalität des Kindes zu gewinnen. Beschreibungsmerkmale sind „Intensität, Lokalisation, Reaktionen (auf Geräusche, Berührungen oder Gefühlsmomente wie Schreck, Fröhlichkeit) und Tageszeitabhängigkeit“ (Funke & Teuerle 2005).

Das salutophysiologische Betreuungsmodell nach Verena Schmid bietet ein Konzept zur Einordnung der mütterlichen Erspürnisse. Dabei wird Wissen über physiologische Abläufe mit Beobachtungen von Frauen und Hebammen verknüpft. Im letzten Trimenon gilt die Aufmerksamkeit besonders der Reifung neuromotorischer Kompetenzen des Ungeborenen. Man erfragt Veränderungen des Schlafverhaltens, der Atembewegungen („Schluckauf“), der Ausdifferenzierung selbstinitiierter Bewegungen und der Reaktivität. Die typischen Veränderungen im Bewegungsmuster des Kindes werden als Ausdruck physiologischer Reifungs- und Vorbereitungsprozesse in Richtung Geburt verstanden (Schmid 2011).

Die Interpretation dieser sinnlichen Empfindungen ist abhängig vom persönlichen Erfahrungshintergrund der Hebamme und war noch nicht Inhalt wissenschaftlicher Arbeiten.

Studien zu Kindsbewegungen

Die bisherigen Untersuchungen zum Thema Kindsbewegungen wurden in erster Linie mittels Ultraschall durchgeführt. Man stellte sich Fragen, wie „Warum bewegen sich Ungeborene?“, „Welche Bewegungen führen sie wann aus?“ und vor allem: „Woran erkennt man Auffälligkeiten?“ Aus neurophysiologischer Sicht ist eine normale Entwicklung, besonders des Gehirns, untrennbar mit der Ausformung entsprechender Bewegungsmuster verwoben (Einspieler et al. 2012). Fetale Bewegungen werden als Ausdruck der Reifung des Nervensystems untersucht und beurteilt. Man geht davon aus, dass eine Kontinuität kindlicher Bewegungen von der intrauterinen Zeit über die Geburt bis ins postnatale Leben besteht (de Vries & Fong 2006).

Kindsbewegungen unterliegen einerseits einer allgemeingültigen physiologischen Entwicklung. Andererseits bestehen schon präpartal charakteristische Unterschiede in den Verhaltensmustern zwischen einzelnen Kindern, die sich nach der Geburt fortsetzen. Diese individuellen Bewegungs- und Verhaltensmuster weisen ebenso eine große Beständigkeit auf (Groome et al. 1999).

Der Unmenge an Ultraschallstudien zu fetalem Bewegungsverhalten steht eine spärliche Anzahl von Untersuchungen zur weiblichen (qualitativen) Wahrnehmung von Kindsbewegungen gegenüber. Nur drei Arbeiten befassten sich bisher mit diesem Aspekt. Die britische Hebamme Dr. Tomasina Stacey und KollegInnen untersuchten an der Universität Auckland, Neuseeland, den Zusammenhang zwischen der mütterlichen Wahrnehmung fetalen Bewegungsverhaltens und dem „stillbirth-risk“ – dem Risiko einer stillen Geburt – bei fortgeschrittener Schwangerschaft. Die AutorInnen werteten eine Zunahme fetaler Aktivität hinsichtlich Stärke, Episoden von kräftigen Bewegungen und des Auftretens von Schluckauf im letzten Trimenon als Zeichen kindlichen Wohlergehens (Stacey et al. 2011).

Eine australische ForscherInnengruppe um Dr. Camille Raynes-Greenow untersuchte an der Universität Sydney ebenfalls die Erspürnisse der Frauen. Die Beschreibungen folgten einem einheitlichen Muster. Sie beginnen mit „gentle movements“, leichten Bewegungen, die zunehmend deutlicher und ausgeprägter wurden, sobald die Schwangeren begannen, Bewegungen der Gliedmaßen wahrzunehmen. Die AutorInnen schlussfolgerten, dass Studien wie diese helfen könnten, gefährdete Babys anhand der Schilderung auffälliger Bewegungsmuster zu identifizieren (Raynes-Greenow et al. 2013). Der Fokus dieser beiden Studien lag auf der Suche nach Pathologie.

Die schwedische Professorin Ingela Rådestad und KollegInnen vom Sophiahemmet University College in Stockholm befassten sich in ihrer Arbeit als Einzige ausschließlich mit der Erkundung physiologischen Bewegungsverhaltens. Die Triggerfrage lautete: „Can you describe how your baby has moved this week?” – „Können Sie beschreiben, wie sich Ihr Baby in dieser Woche bewegt hat?“ Die Schwangeren schilderten daraufhin eine Vielfalt unterschiedlichster Sinneseindrücke. Alle beschrieben die Bewegungen ihrer Kinder am Ende der Schwangerschaft als stark und kräftig, als „sich anders anfühlend“ als früher, mehr als Bewegungen denn als „kicks“ (Rådestad et al. 2012).

„Normales“ Bewegungsverhalten wollte auch ich besser verstehen und nutzte meine Masterarbeit dazu, mich mit sinnlichem Körperwissen zu beschäftigen. Da qualitative Aspekte kindlicher Regungen noch nicht gut erforscht sind, entschied ich mich für eine offene, explorative Methode. In leitfadengestützten Einzelinterviews haben mir vier Schwangere am Termin ihre Zeit und ihr Wissen über Kindsbewegungen zur Verfügung gestellt, um herauszufinden, „welche Wahrnehmungen hinsichtlich des Bewegungsverhaltens ihrer ungeborenen Kinder Frauen im letzten Trimenon beschreiben“.

Muster der Bewegungen

Bei der folgenden inhaltlichen Analyse nach Mayring (2003) wurde eine große Kontinuität sowohl quantitativer, als auch qualitativer Aspekte in den Bewegungsmustern der einzelnen Kinder deutlich. Diese Beständigkeit individueller Verhaltensweisen hatte sich auch in Beobachtungen mittels Ultraschallgerät gezeigt (Groome et al. 1999). Veränderungen beider Aspekte geschahen langsam über einen Zeitraum von Tagen und Wochen.

Qualitative Forschungsmethode nach Mayring
Die zusammenfassende Inhaltsanalyse ist eine von drei qualitativen Methoden der Textauswertung, die der Psychologe, Soziologe und Pädagoge Philipp Mayring 1983 erstmals vorstellte. Sie bietet die Möglichkeit einer systematischen, strukturierten und damit nachvollziehbaren Arbeit mit unterschiedlichstem sprachlichem Material und ist flexibel genug für qualitative Analysen. Der Text wird dabei mittels vorab bestimmter Analyseschritte (Paraphrasierung, Generalisierung auf das Abstraktionsniveau, Reduktion) zusammengefasst, wobei die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben müssen. Durch Abstraktion entsteht eine überschaubare Zusammenfassung, die immer noch Abbild des Grundmaterials ist. Als letzter Schritt werden die Analyseergebnisse in Bezug auf die Fragestellung überprüft und interpretiert.

Die Beschreibungen der Frauen bezogen sich auf drei Bereiche der Wahrnehmung, für die ich die Begriffe „Erspürnisse auf sensorieller Ebene“, „zirkadian-rhythmischer Ebene“ und „reaktiv-interaktiver Ebene“ einführte.

Sensorielle Wahrnehmungen

Die Schwangeren schilderten detailliert die Art der Bewegungen, deren Lokalisation und Intensität. Die Frauen unterschieden dabei genau zwischen Ganzkörperbewegungen und den Bewegungen einzelner Gliedmaßen. Sie erlebten die Bewegungen ihrer Kinder als zunehmend ausdifferenzierter und kräftiger, wie es auch Stacey et al. (2011) und Raynes-Greenow et al. (2013) in den Beschreibungen physiologischer Schwangerschaften festgestellt hatten. Darin findet sich auch eine Übereinstimmung mit dem Erfahrungswissen des salutophysiologischen Modells, das aktive Bewegungen im letzten Trimenon als stetig „genauer und erkennbarer“ werdend erwartet (Schmid 2011).

Alle Interviewpartnerinnen beschrieben das Erspüren „streckender“, „drehender“, „tretender“, „streichender“ und „schiebender“ Bewegungen. Die verbalen und gestischen Beschreibungen vielschichtiger Bewegungsmuster des Rumpfes, der Gliedmaßen und des Kopfes finden ihren Widerhall in Ultraschallbeobachtungen. In diesen werden Variabilität und Komplexität hinsichtlich Geschwindigkeit, Amplitude und Intensität als Zeichen der Intaktheit des sich entwickelnden Nervensystems betrachtet (Prechtl 2001). Die Frauen zeichneten damit in ihren Wahrnehmungen die Ausreifung neuromotorischer Kompetenzen ihrer Ungeborenen nach.

Wovon alle Schwangeren einhellig erzählten, war eine Zunahme der Schubbewegungen des kindlichen Kopfes Richtung Beckeneingang in den letzten Wochen. Verena Schmid formuliert es wie folgt: „Gegen Ende der Schwangerschaft beginnt das Kind, die Geburtsbewegungen zu üben und schiebt sich häufiger nach unten, es ‚gräbt‘ mit dem Kopf“ (Schmid 2011). Zwei der Frauen, deren Interviews zeitlich sehr nahe an der Geburt stattfanden, bemerkten zudem auch drehende Kopfbewegungen im Beckeneingang. Intrauterine Drehbewegungen des Kopfes werden für die Vorläufer des Rooting-Reflexes gehalten (Prechtl 1989). Er unterstützt sowohl den Geburtsvorgang als auch das Stillen. Das Einsetzen von Schub- und Drehbewegungen des Kopfes könnte, neben anderen Zeichen, als Instrument zur zeitlichen Einschätzung des Geburtsbeginns genutzt werden, ähnlich den Veränderungen der Wehentätigkeit oder des Scheidensekrets.

Alle Gesprächspartnerinnen erspürten im letzten Trimenon Drehbewegungen der Kinder um die eigene Längsachse. Das in den Interviews beschriebene Abnehmen dieser Drehbewegungen in den letzten Wochen erklärt sich durch ein verringertes Platzangebot sowie durch hormonelle Vorbereitungsprozesse. In den letzten Tagen und Wochen vor der Geburt kommt es zur physiologischen „Aufweichung“ des unteren Uterinsegmentes. Der Bauch senkt sich, die Längsachse des Uterus verändert seine Ausrichtung in Bezug auf die Wirbelsäule der Frau, der Kopf des Kindes nimmt Kontakt zum mütterlichen Becken auf (Stöckel 1941). Die damit einhergehende Fixation des Kopfes im Becken erschwert zunehmend einen Stellungswechsel des kindlichen Rückens. Die Abnahme von Drehbewegungen zu diesem Schwangerschaftszeitpunkt könnte – in Zusammenschau mit anderen geburtshinweisenden Zeichen – als prognostisch günstiger Hinweis auf eine beginnende hormonelle Umstellung, eine gute Adaption im Beckeneingang und das Näherrücken der Geburt gewertet werden.

Eine weitere Wahrnehmung, die alle Frauen teilten, war das Auftreten von Schluckauf. Die meisten ForscherInnen gehen davon aus, dass es sich dabei um Vorbereitungen auf die eigenständige Atmung handelt (Kahrilas & Shi 1997; Piontelli 2006). Man nimmt an, dass die Häufigkeit während der letzten zehn Wochen abnimmt (Roodenburg et al. 1991), wovon auch die Frauen in den Interviews berichteten. Stacey et al. vermuteten in ihrer Untersuchung einen Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von Schluckauf und einem reduzierten Risiko für einen späten intrauterinen Fruchttod. Das Erfahrungswissen der Saluto-Physiologie unterstützt diese Sichtweise und wertet Schluckauf als Gesundheitszeichen.

Zirkadian-rhythmische Wahrnehmungen

Alle interviewten Frauen beschrieben ein für ihr Kind typisches zeitliches Auftreten seiner Regungen. Gemeinsam war den Ungeborenen eine deutliche Aktivitätsspitze am Abend. Das erklärt sich vermutlich zum einen dadurch, dass die Schwangeren zu dieser Tageszeit zur Ruhe kommen, denn dieses ging generell mit mehr kindlicher Aktivität einher. Des Weiteren traten die Frauen abends bewusst in Kontakt mit ihren Kindern, was laut ihren Angaben ebenso zu einer Zunahme an Bewegungen führte.

Zum anderen ist das zirkadiane System im letzten Trimenon schon funktionstüchtig und verfestigt sich mit zunehmender Schwangerschaftsdauer (Rivkees 2003). Die Steuerungsmechanismen der „inneren Uhr“ bewirken zumeist eine gering ausgeprägte Wachheit am Morgen und eine stark ausgeprägte Wachheit in den Abendstunden (Dijk & Czeisler 1995). Das abendliche Aktivitäts-Hoch kann daher auch als Ausdruck der zunehmenden Reife des zirkadianen Systems verstanden werden (siehe DHZ 5/2013).       P

Die Frauen bemerkten zudem einen fließenden Übergang von aktiven zu ruhigen Phasen, gefolgt von Zeiten, in denen sie gar keine Bewegungen wahrnahmen. Das könnte ein Hinweis auf die Ausdifferenzierung einzelner Verhaltenszustände sein. Non-REM-Schlaf, REM-Schlaf, ruhiger Wachzustand und aktiver Wachzustand beginnen sich ab der 30. Woche langsam auszuformen und verfestigen sich mit Fortschreiten der Schwangerschaft ab der 36. Woche (de Vries & Fong 2006). Am Termin sind die Verhaltenszustände stabil und wiederholen sich – ohne Störung von außen – ungefähr alle zwei Stunden. In der Saluto-Physiologie würde man das eine „Vertiefung kindlicher Rhythmen“ nennen und als Gesundheitszeichen sehen.

Reaktiv-interaktive Wahrnehmungen

Der dritte Themenkomplex umfasst die Beobachtungen der Frauen über die wechselseitige Beeinflussung von mütterlicher und kindlicher Aktivität auf körperlicher und emotionaler Ebene. Die Beschreibung von Verhaltensänderungen augrund äußerer Einflüsse und das fortwährende „Frage-und-Antwort-Spiel“ zwischen Frau und Ungeborenem nahmen in jedem Interview einen sehr großen Raum ein. Alle Schwangeren beschrieben grundsätzlich einen Zusammenhang zwischen eigener Aktivität, die zu Ruhe beim Kind führte, und umgekehrt. Sie differenzierten ihre Beobachtungen dahingehend aber noch weiter: Denn ihre Kinder bewegten sich auch manchmal vermehrt, um eine mütterliche Ruhepause einzufordern. Eigene Aktivität führte unter diesen Umständen also zu erhöhter Aktivität der Kinder. Reagierten die Frauen darauf und ruhten sich aus, so beruhigten sich auch die Ungeborenen im Bauch.

Eigene Entspannungsphasen wurden von den Frauen aber auch dazu genutzt, ihre Kinder durch Berührung und Ansprechen zu einer Bewegung zu ermuntern. Umgekehrt konnten sie ihre Kinder zu diesen Gelegenheiten auch mit ruhiger Zuwendung, Streicheln und besänftigendem Zureden beruhigen, wenn sie sich „zu sehr“ bewegten.

Die Gesprächspartnerinnen erzählten ausführlich davon, wie sie ihre Körperhaltung an die Bedürfnisse ihrer Babys anpassten. Positionswechsel wurden dabei manchmal sehr deutlich eingefordert. Diese „hinweisenden Kindsbewegungen“ beantworteten die Frauen mit einer entsprechenden Haltungsänderung, die im Gegenzug zu einer Beruhigung der Kinder führte.

Das Zwiegespräch zweier miteinander verbundener Menschen geschah also nicht nur in eine Richtung, sondern stellte ein fortwährendes, ineinander verflochtenes Wechselspiel dar. Mit den Beschreibungen auf „reaktiv-interaktiver Ebene“ drückten die Frauen noch mehr als in den beiden vorher dargelegten Bereichen die Fähigkeit aus, kindliche Signale zu empfangen und die Bedürfnisse der Ungeborenen zu verstehen. Diese Sensibilität gilt als Hauptfaktor einer vorgeburtlichen Mutter-Kind-Bindung (Shin et al. 2006). Das Erfragen der Kindsbewegungen kann damit in der praktischen Hebammenarbeit einen Einblick in die Tiefe der bestehenden Bindung zwischen Frau und Kind geben.

Weitere Untersuchungen sind nötig, um den Zusammenhang zwischen mütterlicher Wahrnehmung und kindlichem Entwicklungs- und Gesundheitszustand besser zu verstehen. Hier eröffnet sich ein wertvolles Forschungsfeld.

Richtungen des Fragens

Als Hebammen stehen wir in einer Tradition, in der Schwangergehen und Gebären als emotional, sozial, kulturell und oft auch spirituell bedeutsame Lebenserfahrungen wertgeschätzt und begleitet werden. Unser handlungsleitendes Wissen stützt sich auf die Wahrnehmung der Frau, das Vertrauen in ihre körperlichen Fähigkeiten und die Kunst der Diagnostik am sinnlich erspürten Leib. Unsere meist verwendeten „Diagnoseinstrumente“ sind daher – neben aller uns zur Verfügung stehenden Technik – noch immer unsere Ohren, unsere Augen und unsere Hände.

Die in den Interviews ausgemachten drei Dimensionen der Wahrnehmung „sensoriell“, „zirkadian-rhythmisch“ und „reaktiv-interaktiv“ bezeichnen keine von der Frau losgelöste Checkliste zur Abfrage kindlicher Entwicklungsschritte. Sie eignen sich auch nicht als singuläre Screeningmethode zur Identifizierung von Risikofaktoren. In erster Linie weisen sie „Richtungen des Fragens“ aus. Mütterliche Empfindungen können damit hörbar gemacht, die vor sich gehende Entwicklung besser verstanden und in eine gesamtheitliche Betrachtung eingeordnet werden.

Denn das aufmerksame Zuhören und genaue Beobachten einer Frau mit ihrem Kind stehen im Zentrum unseres Tuns. Als Hebammen müssen wir das, was an innerlich tastendem Spürsinn da ist, hervorkitzeln, stärken und zum Wachsen bringen. Die Frage nach den Kindsbewegungen ist dafür eine Möglichkeit.


Hinweis: Der Text beruht auf der Masterthesis der Autorin an der Fachhochschule Salzburg unter dem Titel: „Kindsbewegungen – Mütterliche Wahrnehmung fetalen Wohlbefindens“. Die komplette Arbeit kann bei der Autorin angefragt werden.


Zitiervorlage
Kühberger J: Kindsbewegungen: Das Wissen der Frauen. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2014. 66 (6): 42–46
Literatur
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Einspieler, C.; Prayer, D.; Prechtl, H.: Fetal Behaviour: A Neurodevelopmental Approach. Mac Keith Press. London (2012)

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