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Die Anleitung und Begleitung von Hebammenstudierenden in der Praxis ist essenziell für eine gute Ausbildung des Nachwuchses. Was sieht die neue Hebammenstudien- und Prüfungsverordnung für die Umsetzung vor, worauf ist zu achten und wie können Dienst-Beleghebammen bestmöglich in die Praxisanleitung integriert werden? 

Dienst-Belegheb­amme Michaela ist als Praxisanleiterin am Montag um 8:00 Uhr mit der neuen werdenden Hebamme (WeHe) Lena im Kreißsaal verabredet. Für eine Stunde ziehen sie sich zum Gespräch zurück. Lena zeigt ihre Unterlagen von der Hochschule: Sie soll bei ihrem ersten Einsatz das an der Hochschule Erlernte anwenden und sicherer werden. Leopold-Handgriffe, die Herztöne mit dem Hörrohr finden und auszählen. Dabei soll sie in ihren Aufzeichnungen dokumentieren, damit sie bis zum Examen die »Beratung Schwangerer mit 100 vorgeburtlichen Untersuchungen« erreicht, die laut Hebammenstudien- und Prüfungsverordnung (HebStPrV Anlage 3, Nr. 1) und EU-Richtlinie jede Studierende beim Hebammenexamen vorweisen soll. »Hast du dir etwas vorgenommen, was du erreichen möchtest bei diesem Einsatz?«, fragt Michaela. Für Lena ist es der erste Einsatz, sie weiß noch nicht genau, was sie erwartet. Sie möchte in jedem Fall noch sicherer werden, was das Ausrechnen des Geburtstermins angeht – da war sie an der Hochschule noch etwas unsicher. Nach dem Erstgespräch führt Michaela die werdende Hebamme im Kreißsaal herum und zeigt ihr alle Räume. Auch die Brandschutzregelungen erklärt sie ihr dabei, Fluchtwege und wo die Feuerlöscher hängen. Schließlich verabreden sie für den nächsten Tag eine Einweisung in die vorhandenen CTG-Geräte. Diese Einweisung in »Medizinprodukte« wird in der Dokumentation des Kreißsaals und in den Geräteführerschein von Lena eingetragen. Für den Rest des Dienstes übernimmt Hebamme Silke die Anleitung von Lena, Lena begleitet sie bei der Betreuung einer gebärenden Frau.

So oder so ähnlich kann ein erster Tag bei einem praktischen Einsatz im Rahmen des Studiums ablaufen. Macht es einen Unterschied, ob die Hebammen aus dem Beispiel freiberuflich als Beleghebammen oder als angestellte Hebammen in die praktische Ausbildung der werdenden Hebammen eingebunden sind?

Für die Studierenden wird der Unterschied denkbar gering sein. Sie erwerben Kompetenzen in der klinischen Geburtshilfe, unabhängig davon, wie der Status des Hebammenteams ist. Bereits die Darstellung des ersten Tages der WeHe macht jedoch deutlich, wie groß der zusätzliche Aufwand in einem Hebammenteam ist, will man der Verantwortung für die Ausbildung des Nachwuchses gerecht werden.

Praxisanleitung

Die praktischen Studienanteile werden zu einem großen Teil in den Kreißsälen stattfinden. Hier üben die WeHen, wie sie das theoretisch Gelernte in der Geburtshilfe praktisch ausführen, gewinnen Sicherheit in der Betreuung und Anleitung von Frauen und im Umgang mit den Familien. Bei den Einsätzen im Kreißsaal und auf der Wochenstation erarbeiten die Studierenden sich den größten Anteil der durch die EU (Richtlinie 2005/36/EG) und die neue Hebammenstudien- und Prüfungsverordnung (HebStPrV) vorgegebenen Fallzahlen. Sie müssen beispielsweise nachweisen, dass sie 40 Geburten selbst durchgeführt haben, 40 gebärende Frauen »überwacht und gepflegt« sowie Episiotomien und kleinere Risse genäht haben.

Für alle Einsätze auf Wochenstationen und in Kreißsälen gilt, dass die Studierenden ausschließlich durch Hebammen, die extra als PraxisanleiterInnen qualifiziert sind oder aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen anerkannt werden konnten, in den 25 % Praxisanleitungszeit angeleitet werden dürfen. – Der Umfang der Praxisanleitung bei jedem Einsatz kann durch eine landesrechtliche Regelung bis längstens 2030 reduziert werden, doch müssen mindestens 15 % Anleitungszeit durch Hebammen generell nachgewiesen werden. Diese besondere Anleitungszeit kann nur durch extra qualifizierte PraxisanleiterInnen durchgeführt werden, da für die Gestaltung der Lernsituationen pädagogische und didaktische Kenntnisse vorhanden sein müssen. 25 %, das bedeutet, dass bei einer 40-Stunden-Woche 10 Stunden aufgewendet werden müssen, um besondere Lernsituationen durchzuführen. Dazu gehören Erstgespräche und die Einweisung, wie im Eingangsszenario dargestellt, ebenso Zwischen- und Abschlussgespräche. Die Anleitung wird nicht in den normalen Kreißsaal- oder Stationsalltag eingebaut. Der oder die PraxisanleiterIn wird vielmehr besondere Lernsituationen vorbereiten, Schwangere einbestellen oder Wöchnerinnen hinzuziehen, um dann im geschützten Raum und mit ausreichend Zeit mit der Studierenden bestimmte Tätigkeiten und Abläufe zu üben. Das Eingangsbeispiel macht deutlich: Der oder die PraxisanleiterIn wird in dieser Zeit nicht wie sonst Frauen betreuen. Findet die praktische Ausbildung der oder des Studierenden in einem Belegkreißsaal statt, entsteht also eine besondere Situation: Freiberufliche Hebammen haben als PraxisanleiterInnen während der Durchführung dieser Aufgaben nicht ihre üblichen Einnahmen.

Klar ist, Praxisanleitung geht nicht nebenbei. Es ist positiv zu bewerten, dass die gesetzlichen Regelungen des Hebammenreformgesetzes sicherstellen werden, dass PraxisanleiterInnen keine Einkommensverluste durch den zusätzlichen Aufwand erleiden. Das Hebammenstudium wurde in das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) aufgenommen – damit sind die Mehrkosten der praktischen Studienanteile über das Krankenhausbudget finanzierbar. Dies gilt für alle Krankenhäuser, unabhängig davon, ob die Hebammen dort freiberuflich oder angestellt tätig sind. Eine Berechnung der Mehrkosten kann aber die Klinik bei Belegteams nicht allein erstellen. Die freiberuflichen Beleghebammen müssen selbst die Mehrkosten berechnen, die durch die Einsätze von Studierenden in den Kreißsälen und auf der Wochenstation entstehen, und mit den Kliniken eine Vereinbarung über deren Erstattung treffen.

Zunächst muss geklärt werden, welche Leistungen die Hebammen für die Klinik im Rahmen der Praxiseinsätze der Studierenden erbringen werden. Die Hebammen werden mit der Klinik aushandeln, wie viel diese für die erbrachten Leistungen zahlt und welche Sachmittel und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Das Hebammenteam und die Klinik sollten einen Vertrag abschließen oder eine bestehende Vereinbarung um diese Aspekte ergänzen. Dabei sollte allen Beteiligten bewusst sein, dass die Krankenhäuser die Verantwortung für die Studierenden und die Anbindung an die Hochschule haben. Die Klinik schließt entweder selbst einen Vertrag mit den Studierenden und wird somit verantwortliche Praxiseinrichtung (vPE) im Sinne des § 15 des Hebammengesetzes, oder sie übernimmt nur einzelne Einsätze für eine andere vPE. Immer haben die Krankenhäuser – und nicht die Beleghebammen des Kreißsaals – die Verantwortung für die Studierenden, die praktischen Studienanteile und die Anbindung an die Hochschule oder an die vPE.

Und da die Hebammen keine Angestellten der Klinik sind, kann letztere die Betreuung und Anleitung der Studierenden nicht per Dienstanweisung an das Team übertragen. Hier müssen vorab Absprachen und ein Aushandlungsprozess stattfinden.

Pflichten der Beleghebammen

Sind sich die Beleghebammen und die Klinik sich einig, dass Hebammenstudierende übernommen werden sollen, so sollte das Belegteam ein Konzept erstellen, wie die Praxisanleitung sichergestellt wird. Bei allen Einsätzen aller Studierenden muss immer ein/eine qualifizierte PraxisanleiterIn für die notwendige Anleitung vorhanden sein. Am besten beraten sich die Hebammen mit der Krankenhausverwaltung, um die Zahl der Studierenden an die Zahl der notwendigen PraxisanleiterInnen anzupassen. Theoretisch kann ein/e einzelne/r PraxisanleiterIn eine oder zwei Studierende im Verlauf eines Jahres betreuen. Sind die Praxiseinsätze aber zu Zeiten geplant, in denen der oder die PraxisanleiterIn Urlaub nehmen möchte oder erkrankt ist, sollte es zumindest eine zweite geeignete Hebamme geben. Gibt es jährlich eine größere Zahl neuer Studierender, die ihre Einsätze im Haus zu unterschiedlichen Zeiten absolvieren, muss auch dies im Konzept bedacht werden. Die Planung sollte ebenfalls vorausschauend einbeziehen, welche Änderungen für das kommende Jahr anstehen. So kann bedacht werden, ob weitere Hebammen eine Qualifizierungsmaßnahme zur Praxisanleitung absolvieren sollten. Auch eine zumindest zeitweilige Freistellung für die Praxisanleitung bei der Dienstplanung muss berücksichtigt werden.

Für die Wochenstation müssen ebenfalls Regelungen gefunden werden. Die Klinik könnte das Team der Station durch eine oder mehrere fest angestellte Hebammen aufstocken, die PraxisanleiterInnen sind. Oder es werden auch hier freiberufliche Hebammen aus dem Belegteam als PraxisanleiterIn tätig. Wichtig ist jedoch, dass diese das Team und die Arbeit auf der Wochenstation kennen und bestenfalls dort eingebunden sind. Eine PraxisanleiterIn ist normalerweise Teil des Teams und informiert und berät es bezüglich des Ausbildungsstandes und der Lernziele der Studierenden. Eine Kreißsaalhebamme, die nur zur Praxisanleitungszeit kommt und die Station anschließend sofort wieder verlässt, kann diese Aufgaben kaum übernehmen.

Gelegentlich hört man sowohl aus Belegkreißsälen als auch von Einsätzen in hebammengeleiteten Einrichtungen, dass die WeHen »robust« in die Höhen und Tiefen der Freiberuflichkeit einbezogen werden: Es werden 50 bis 60 Wochenstunden Anwesenheit von den WeHen erwartet oder nach nächtlichen Einsätzen nicht die notwendigen Ruhezeiten eingehalten. Sie sind jedoch keine freiberuflichen Hebammen und dürfen nicht als gleichwertig behandelt werden! Auch der Einsatz in Zwölf-Stunden-Schichten, den Dienst-Beleghebammen durchaus miteinander vereinbaren, ist nach dem Arbeitszeitgesetz für Studierende nicht zulässig.

Es gelten die vertraglich festgelegten Arbeitszeiten der Studierenden, das Arbeitszeitgesetz und andere gesetzliche Schutzvorgaben. Teilweise werden WeHen Hilfsarbeiten aufgetragen, die nicht dem Ausbildungs- oder Studienziel dienen und somit ebenfalls nicht zulässig sind. Im Hebammengesetz heißt es in § 32, Absatz 2: »Der studierenden Person dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die dem Zweck des Studiums und dem Bildungs- und Praxisstand der studierenden Person entsprechen.« So wie schon im alten Hebammengesetz ist es daher nicht zulässig, den Studierenden regelhaft das Entleeren von Mülleimern, Einkäufe oder Putzarbeiten zu übertragen. Dass WeHen mit anpacken bei den Aufgaben, die alle Hebammen erledigen müssen, ist selbstverständlich. Aber es ist nicht zulässig, die Hilfsaufgaben auf die WeHen zu verlagern. Am besten ist es natürlich, wenn Hilfsarbeiten weder von Hebammen noch von WeHen übernommen werden müssen. Sowohl als Auszubildende als auch als Studierende nach dem aktuellen oder dem alten Hebammengesetz haben WeHen Anstellungsverträge, die ihre Arbeitszeit und noch anderes mehr regeln. Auch wenn die Hebammen des Kreißsaals freiberuflich tätig sind, müssen sie diesen Status der WeHen beachten.

Zu guter Letzt sollte noch erwähnt werden, dass Studierende nicht berechtigt sind, Hebammenleistungen durchzuführen, die von freiberuflichen Hebammen abgerechnet werden. Zur Leistungserbringung sind nur Hebammen berechtigt. Das Belegteam muss also stets die Aufsicht der Studierenden sicherstellen, und die jeweilige Hebamme muss bei jeder Leistung, die abgerechnet wird, auch selbst zumindest teilweise präsent sein. Ohnehin übernehmen Hebammen für alle Leistungen die Gesamtverantwortung – auch wenn WeHen beteiligt waren. Es ist also nicht zulässig, Studierende allein in der Ambulanz CTGs schreiben zu lassen, während die Hebammen Geburten begleiten.

Pflichten der Klinik

Es sollte selbstverständlich sein, dass das Management eines Krankenhauses nicht allein entscheidet, dass es Hebammenstudierende praktisch ausbilden möchte und wie viele es dafür aufnimmt. Zu meiner Überraschung höre ich aber genau das immer wieder: PflegedirektorInnen oder andere Abteilungen teilen den Beleghebammen lediglich mit, dass künftig pro Jahr ein gewisse Anzahl Studierender unter Vertrag genommen wird, oder dass die bisherige Zahl verdoppelt werden soll. Dabei sollte den Verantwortlichen der Kliniken bekannt sein, dass Praxisanleitung nicht nebenbei erfolgen kann und hierzu Ressourcen geschaffen werden müssen – und dass sie FreiberuflerInnen nicht zur Anleitung verpflichten können.

Die Verantwortlichen der Klinik können also nur gemeinsam mit dem Hebammenteam die Zahl der Studierenden festlegen – dies sollte im gemeinsamen Vertrag festgelegt werden. Änderungen der Anzahl der Studierenden sollte nicht durch die Klinik ohne die Zustimmung des Belegteams erfolgen. Schließlich muss das Team sich vorbereiten können – eine Verringerung der Zahl der Studierenden hätte zur Folge, dass eine Hebamme eingeplante Zeit für die Praxisanleitung nicht mehr vorhalten muss, die sie sich freigehalten hat. Bei einer kurzfristigen Mehrbelastung kann die Praxisanleitungszeit womöglich nicht gewährleistet werden.

Andersherum sollte klar sein, dass eine Klinikleitung die Zahl der Studierenden verringern muss, wenn das Belegteam nicht wie vereinbart die vorgeschriebene Praxisanleitungszeit sicherstellen kann. Eine gute gemeinsame Absprache und vorausschauende Planung sind unabdingbar.

Im geschützten Raum

Praxisanleitung benötigt nicht nur eine ausreichende Zahl qualifizierter Hebammen, damit alle Einsätze im ganzen Jahr abgedeckt werden können. Auch geeignete Räume und Materialien sind notwendig. Die Gespräche mit Studierenden können weder im Aufenthalts- noch im gemeinsamen Dokumentationsraum geführt werden. Dokumentationen und Einsatzpläne müssen sicher gelagert werden. PraxisanleiterInnen benötigen einen Arbeitsplatz, an dem sie die Praxisanleitungssituationen planen und dokumentieren können sowie Lernmaterialien und Hilfsmittel lagern.

Bei den Pflegeberufen ist dieser Bedarf ausdrücklich anerkannt. In einer Verordnung über die Finanzierung der beruflichen Ausbildung (PflAFinV 2018) sind neben den Personalkosten auch die Sachkosten sowie die Betriebskosten der Räume aufgelistet, die für die praktische Ausbildung benötigt werden, und müssen somit den Kliniken von den Krankenkassen erstattet werden. Auch wenn es eine solche Verordnung für Hebammen (noch) nicht gibt: Niemand wird abstreiten, dass auch eine Hebamme, die Studierende anleitet – genauso wie eine Praxisanleitung der Pflegeberufe – Bürozeiten hat und dafür sowohl einen Raum, als auch Arbeitsmaterial benötigt.

Im Vertrag zwischen der Klinik und den Hebammen sollte also geklärt werden, welche Räume für Bürotätigkeit und für geschützte Gesprächssituationen mit den Studierenden von der Klinik zur Verfügung gestellt werden. Ebenso muss ein Budget für Arbeitsmaterialien und sonstige Kosten vereinbart werden.

Was darf es kosten?

Der wichtigste Punkt einer Vereinbarung zwischen Klinik und Beleghebammen ist sicherlich die Frage, wie viel die Klinik den Hebammen für die Einsätze der Studierenden bezahlen wird. Offenbar gibt es derzeit noch viele Kliniken, in denen die Beleghebammen ohne Kostenausgleich WeHen anleiten. Dies ist nur bedingt nachvollziehbar, da das bisherige Hebammengesetz für die praktischen Ausbildungsanteile keinerlei Praxisanleitung und somit keine Kostenerstattung für die Kliniken vorsah. In Zukunft ist dies durch die verpflichtende Praxisanleitung und die Änderung des KHG definitiv anders.

Die Kliniken müssen ihre Kosten gegenüber den Kassen plausibel begründen. Über die Höhe der Mehrkosten wird verhandelt. Auch die Hebammen müssen daher ihre Ansprüche gut berechnen und begründen. Der Deutsche Hebammenverband (DHV) schlägt vor, dass Hebammen Pauschalen pro Monat und Studierender vereinbaren. Ein Stundenhonorar dürfte extrem aufwendig zu dokumentieren sein. Zusätzlich würde die Ausbildung unseres Nachwuchses zum Spielball von finanziellen Interessen: Um jede Stunde könnte gerungen werden. Das ist ganz sicher keine gute Grundlage für die engagierte und umfassende praktische Ausbildung in Kliniken.

Der DHV schlägt vor, dass sich Pauschalen für die Belegteams an den Kliniken an der Höhe der Pauschalen für die außerklinischen Einsätze orientieren (»Vereinbarung nach § 134a Abs. 1d SGB V über Pauschalen zu außerklinischen Praxiseinsätzen bei freiberuflich tätigen Hebammen und in von Hebammen geleiteten Einrichtungen sowie zur Weiterqualifizierung zur Praxisanleitung«, im folgenden »Pauschalenvereinbarung« genannt). Diese wurden zwischen den Hebammenverbänden und dem GKV-Spitzenverband ausgehandelt. Alle Kostenfaktoren wie Verdienstausfall, administrative Kosten und Fortbildungskosten wurden dabei berücksichtigt. Daher liegt es nahe, eine vergleichbare Höhe für Einsätze auch im klinischen Bereich zu vereinbaren. Derzeit liegt die Pauschale für einen Einsatz von einem Monat und einem Anteil von 25 % Praxisanleitung bei 2.200 Euro. Nicht enthalten in dieser Pauschale sind die zusätzlichen Aufgaben, die verantwortliche Praxiseinrichtungen (vPE) übernehmen – also die Kliniken, die mit Studierenden die Verträge abschließen und verantwortlich sind für die gesamten praktischen Studienphasen. Hierzu gehören die Beteiligung bei der Auswahl der Studierenden, die Kommunikation mit der Hochschule sowie der Aufbau der gesamten Kooperationen mit freiberuflichen Hebammen und anderen Kliniken. Diese Aufgaben, im dualen Studium »Ausbildungsleitung« genannt, dürfen keinesfalls von den freiberuflichen Beleghebammen übernommen werden, da diese nicht im Auftrag der Klinik handeln können. Krankenhäuser, die vPE sein wollen, müssen diese Aufgaben dem angestellten Personal, am besten einer hierfür qualifizierten Hebamme, übertragen.

Zu guter Letzt bedarf es noch eines Kostenausgleichs, wenn Hebammen aus dem Belegteam sich als PraxisanleiterInnen qualifizieren, damit deren Bedarf gedeckt werden kann. Auch hier empfiehlt es sich, sich an der Pauschalenvereinbarung zu orientieren. Die dort vereinbarte Pauschale berücksichtigt die Kosten einer Qualifizierungsmaßnahme, Verdienstausfall und die weiteren anfallenden Kosten der Hebamme. Es lässt sich gut begründen, dass in der Klinik tätige freiberufliche Hebammen vergleichbare Kosten aufbringen müssen wie die außerklinisch tätigen Hebammen. Übrigens gilt natürlich auch hier die Ausnahmeregelung aus § 59 HebStPrV, laut der Hebammen, die bereits bis Ende 2019 anleitend tätig waren, keine Weiterbildung mehr absolvieren müssen. Allerdings ist sehr zu empfehlen, dass zumindest einige Hebammen die dringend erforderlichen pädagogischen und didaktischen Kenntnisse erwerben.

Noch liegen keine Ergebnisse aus den Verhandlungen sowohl der Belegteams als auch aus den Budgetverhandlungen der Kliniken vor. Es gilt nun, erste Erfahrungen zu sammeln und diese transparent anderen zugänglich zu machen.

Vereinbarungen schriftlich treffen

Mit dem Start der Studiengänge nach dem aktuellen Hebammengesetz sollte ein Kulturwandel bezüglich der Lernsituation der Studierenden einsetzen – auch in Kliniken mit freiberuflichen Hebammenteams. Qualitativ hochwertige praktische Anleitung und Ausbildung müssen von allen Beteiligtenerlernt werden. Hierzu müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Ein schriftlicher Vertrag zwischen Kliniken und Hebammenteam mit dem Ziel, die Ausbildungsqualität sicherzustellen, ist die Basis für gute Rahmenbedingungen.

Der DHV hat eine Muster-Empfehlung für einen Vertrag zwischen Belegteams und Kliniken entworfen und stellt diese auf seiner Website zur Verfügung. Bei ihrer Erstellung standen nicht die Interessen der KooperationspartnerInnen im Vordergrund, sondern die Interessen der Bildung und die Sicherstellung von Qualität und Lernkultur bei den Einsätzen der Hebammenstudierenden. Die neuen Rollen der Kliniken, der Hebammenteams und der PraxisanleiterInnen müssen sich erst entwickeln. Zu erwarten ist, dass neue attraktive Aufgabenbereiche in der praktischen Ausbildung für PraxisanleiterInnen und das Hebammenteam entstehen. Zufriedene Studierende, die nach ihrem Abschluss gern das Team »ihrer« Klinik erweitern, werden im besten Fall daraus resultieren.

Praxisanleitung
Alle sind eingebunden
Das Hebammengesetz schreibt 25 % Praxisanleitungszeit durch eine Hebamme in jedem Einsatz vor. Die Bundesländer können festlegen, dass bis 2030 niedrigere Praxisanleitungszeiten gelten, allerdings nicht weniger als 15 %.

Die Praxisanleitungszeit von 25 % muss von speziell qualifizierten PraxisanleiterInnen übernommen werden, das Hebammenteam betreut die Studierenden in den übrigens 75 % des Einsatzes, unterstützt, leitet an und überprüft. So ist das gesamte Team in die praktische Ausbildung eingebunden, 25:75 %, alle machen mit.

Zitiervorlage
Bovermann, Y. (2021). Praxisanleitung im Belegkreißsaal? Deutsche Hebammen Zeitschrift, 73 (3), 34–39.
Literatur

HebStPrV: Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen vom 8. Januar 2020 (BGBl. I S. 39), Anlage 3 (zu § 8 Absatz 2, den §§ 12 und 18 Absatz 2). Inhalt der Praxiseinsätze (Fundstelle: BGBl. I 2020, 55)

PflAFinV: Verordnung über die Finanzierung der beruflichen Ausbildung nach dem Pflegeberufegesetz sowie zur Durchführung statistischer Erhebungen (Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungsverordnung – PflAFinV) vom 2.10.2018

Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, geändert durch RL 2013/55/EU vom 20.11.2013 (ABl.∙L∙354 S.∙132); Annex V.5. Hebamme, 5.5.1 Ausbildungsprogramm für Hebammen, Praktische und klinische Ausbildung

Vereinbarung nach § 134a Abs. 1d SGB V über Pauschalen zu außerklinischen Praxiseinsätzen bei freiberuflich tätigen Hebammen und in von Hebammen geleiteten Einrichtungen sowie zur Weiterqualifizierung zur Praxisanleitung 2020. www.hebammenverband.de/index.php?eID=tx_securedownloads&p=872&u=0&g=0&t=1617086898&hash=017a219e06aeb4f382fb23f3ebef2ff3f9133bdb&file=/fileadmin/user_upload/pdf/Ausbildungspauschalen/2020_03_24_Vereinbarung_Pauschalen_Hebammen_und_HgE_Praxisanleitung_und_Weiterqualifizierung.pdf

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