Zahlreiche Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass die Zusammensetzung des Darmmikrobioms in den ersten Lebensjahren die Gesundheit bis ins Erwachsenenalter beeinflussen kann. So könnte das Abstillen mit Antibiotika über Veränderungen im Mikrobiom auf das spätere Diabetesrisiko des Kindes einwirken. Foto: © troyanphoto/stock.adobe.com

Eine Antibiotikabehandlung gegen Ende der Stillphase kann bei Mäusen die Bildung von Insulin-produzierenden Beta-Zellen im Pankreas vermindern. Forscher:innen führen dies im Fachmagazin Science auf eine fehlende Aktivierung von Makrophagen durch Darmmikroben zurück, die in die Inselzellen einwandern und dort ein wichtiger Impulsgeber für die Bildung von Beta-Zellen sein sollen.

Der menschliche Darm wird erst nach der Geburt mit Mikroorganismen besiedelt, wobei die erste Dosis aus dem vaginalen Geburtsweg kommt, durch den die Kinder bei einer natürlichen Geburt gepresst werden. Zahlreiche Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass die Zusammensetzung des Darmmikrobioms in den ersten Lebensjahren die Gesundheit bis ins Erwachsenenalter beeinflussen kann. So beobachteten US-Forscher:innen in der laufenden MILES-Studie (»Microbiome and Insulin Longitudinal Evaluation Study«), dass Erwachsene, die per Kaiserschnitt geboren wurden, im höheren Alter häufiger übergewichtig sind und aufgrund einer Insulinresistenz erhöhte Blutzuckerwerte haben.

Einfluss auf die Beta-Zellen im Pankreas

June Round von der Universität von Utah in Salt Lake City und Jennifer Hill von der Universität in Boulder/Colorado haben jetzt eine mögliche Erklärung gefunden. In einer früheren Studie hatten die Forscherinnen an Fischen (Zebrabärblingen) beobachtet, dass die Zusammensetzung der Darmflora die Menge der Beta-Zellen im Pankreas beeinflusst. Jetzt haben die beiden Forscherinnen ihre Experimente an Mäusen wiederholt.

Bei Mäusen, aber auch beim Menschen werden die Beta-Zellen während der Embryonalphase angelegt. Nach der Geburt kommt es zu einer Vermehrung, die die endgültige Zahl der Beta-Zellen festlegt, die dann ein Leben lang das Hormon Insulin produzieren, das nach den Mahlzeiten den Blutzucker auf die Zellen verteilt. Beim Typ-2-Diabetes kommt es im Alter zu einer Erschöpfung, weil der Bedarf an Insulin infolge eines zunehmenden Wirkungsverlusts (Insulinresistenz) deutlich ansteigt.

Die Forscher:innen zerstörten die Darmflora der Mäuse in bestimmten Phasen der Säuglingsperiode durch Antibiotika. In den Experimenten hatte dies keinen Einfluss auf die Zahl der Beta-Zellen. Wenn die Antibiotikabehandlung jedoch im Alter von 10 bis 20 Tagen erfolgte, wurden deutlich weniger Beta-Zellen im Pankreas gebildet. In dieser Phase wechseln die Nager von der Muttermilch auf feste Speisen. Beim Menschen ist dies meist zwischen dem 7. und 12. Lebensmonat der Fall.

Welche Mikroorganismen stimulieren die Bildung von Beta-Zellen am stärksten?

Die Forscher:innen besiedelten deshalb den Darm der Mäuse mit Mikrobiota von Säuglingen in diesem Alter. Das Ergebnis war eine Zunahme der Beta-Zellen im Pankreas der Mäuse. Die negativen Auswirkungen der Antibiotikabehandlung wurden verhindert. Mikrobiota von Säuglingen in einem anderen Alter hatten dagegen keine Auswirkungen.

Daraufhin untersuchte das Forschungsteam, welche Mikroorganismen die Bildung der Beta-Zellen am stärkten stimulieren. Die beste Wirkung erzielte der Hefepilz Candida dubliniensis. C. dubliniensis ist ein eher seltener Bewohner des menschlichen Darms. Dies schließt nach Ansicht der Forscherinnen aber nicht aus, dass er in einer bestimmten Phase des Säuglingsalters von besonderer Bedeutung sei. Dies müsste noch untersucht werden.

Ein Ziel der Studie war auch herauszufinden, wie das Signal vom Darm in die Inselzellen des Pankreas gelangen könnte. Diese Aufgabe könnten weiteren Experimenten zufolge Makrophagen übernehmen, die im Darm von C. dubliniensis aktiviert werden und dann über den Blutweg in die Inselzellen gelangen.

Resümee

Wenn die Experimente auf den Menschen übertragbar wären, dann könnten sich Antibiotikabehandlungen beim Übergang vom Stillen (beziehungsweise der Babynahrung) auf feste Nahrung ungünstig auf die Entwicklung der Beta-Zellen auswirken und möglicherweise das Diabetesrisiko im Alter erhöhen. Die gilt es noch weiter zu erforschen.

Quelle: Hill, J. H., Bell, R., Barrios, L., Baird, H., Ost, K., Greenewood, M., Monts, J. K., Tracy, E., Meili, C. H., Chiaro, T. R., Weis, A. M., Guillemin, K., Beaudin, A. E., Murtaugh, L. C., Stephens, W. Z., & Round, J. L. (2025). Neonatal fungi promote lifelong metabolic health through macrophage-dependent β cell development. Science (New York, N.Y.), 387(6738), eadn0953. https://doi.org/10.1126/science.adn0953 · Deutsches Ärzteblatt, 15.4.2025 · DHZ

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