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Das computerisierte CTG nach Dawes-Redman bietet die Möglichkeit, vor der Geburt die Herztöne des Kindes mittels einer Computeranalyse objektiv und numerisch zu erfassen. Diese Art der CTG-Analyse ermöglicht eine sichere Aussage über das fetale Wohlbefinden zum Zeitpunkt der Ableitung. Wie funktioniert das computerisierte CTG, worin liegen sein Nutzen in der Praxis, worin seine Grenzen?

Die antenatale CTG-Überwachung wurde Ende der 1970er Jahre etabliert, einige Jahre nachdem das CTG für die intrapartale Nutzung eingeführt wurde. Um eine kontinuierliche CTG-Überwachung bei Feten mit einer Risikokonstellation zu ermöglichen, wurde diese neue Entwicklung sehr begrüßt. Dennoch wurden nach der Einführung keine kontrollierten randomisierten Studien durchgeführt oder Validierungen der verschiedenen Interpretationen, so dass die Reproduzierbarkeit und die klinische Signifikanz mehrfach in Frage gestellt wurde.

Die visuelle CTG-Interpretation antenatal ist sehr subjektiv und mit einer hohen Interobserver-Variabilität verbunden. Trotz dieser Zweifel ist die antenatale CTG-Überwachung eine häufige und regelmäßig angewendete Untersuchung bei Schwangeren. Die Situation in Deutschland ist als einzigartig hervorzuheben: Aufgrund der sicheren Vergütung des antenatalen CTGs bei niedergelassenen Gynäkolog:innen werden im Vergleich zu anderen Ländern und Gesundheitssystemen die meisten antenatalen CTGs in einer Niedrig-Risiko-Population abgeleitet, meist ohne klinische Indikation wie in den FIGO-Leitlinien oder der deutschen S3-Leitlinie empfohlen (Ayres-de-Campos et al., 2015; AWMF, 2020). Dieses Kollektiv wurde bisher nicht systematisch untersucht, so dass der Nutzen unklar ist, aber auch mögliche Risiken nicht beschrieben sind.

Die FIGO-Leitlinie und die deutsche S3-Leitlinie empfehlen eine antenatale CTG-Überwachung nur mit klinischer Indikation, auch aufgrund der Gefahren einer fälschlichen Pathologisierung und der daraus resultierenden möglicherweise unnötigen Interventionen.

Die Entwicklung des antenatalen computerisierten CTGs begann 1978 und basiert auf Kriterien, die der Geburtsmediziner Prof. Chris Redman und der Fetalphysiologe Prof. Geoffrey Dawes in Oxford zusammengestellt haben. Daher werden sie auch »Dawes-Redman-Kriterien der Normalität« genannt. Die Intention war die Objektivierung der CTG-Interpretation. Professor Redman wollte die Entwicklung von der Normalität zur Pathologie begreifen und messen, um das Baby rechtzeitig entbinden zu können. Er wollte sich nicht auf subjektive Einschätzungen verlassen bei einer Interpretation, die nachgewiesenermaßen eine hohe Interobserver-Variabilität und eine niedrige Sensitivität aufweist.

» Das computerisierte CTG liefert zusätzliche Daten, die in die klinische Entscheidung mit einfließen sollten. Es darf nicht isoliert betrachtet werden. «

Den Dawes-Redman-Kriterien liegt ein Datensatz von über 100.000 Ableitungen zugrunde, die jeweils mit den Out­comes verlinkt sind. Diese Ableitungen wurden gruppiert, um daraus Kriterien für Normalität zu bestimmen. Der Datensatz ist patentiert und steht ausschließlich der Firma Huntleigh zur Verfügung. Andere Anbieter von computerisierten CTGs können lediglich auf den zuerst und nur teilweise publizierten Datensatz von etwa 35.000 Ableitungen der Oxforder zurückgreifen, die 2002 veröffentlicht wurden (Pardey et al., 2002).

Intrapartale versus antenatale CTG-Überwachung

Zwischen der intrapartalen und antenatalen CTG-Überwachung bestehen deutliche Unterschiede. Die intrapartale CTG-Ableitung, die mithilfe unterschiedlicher Leitlinien interpretiert wird, dient primär der Detektion einer sich über Minuten bis Stunden entwickelnden Hypoxie unter Wehentätigkeit. Sie dient als Entscheidungshilfe bei der Geburtsleitung. Die intrapartale CTG-Interpretation sollte dann angewandt werden, wenn uterine Aktivität beziehungsweise Wehentätigkeit abgeleitet oder von der Mutter gespürt wird. Eine Indikation zur intrapartalen CTG-Überwachung ist entweder eine Risikoschwangerschaft, der Wunsch der Mutter, die Infrastruktur der jeweiligen geburtshilflichen Abteilung oder – falls intermittierende Auskultation begonnen wurde – das Auftreten von Komplikationen unter der Geburt. Dazu zählen protrahierter Verlauf, Dezelerationen, Blutungen, Baselineanstieg oder maternale Komplikationen.

Abbildung 1: Die Unterschiede der intra- und antenatalen CTG-Beurteilungen lassen sich so wenig vergleichen wie Äpfel und Birnen.

Abbildung: © Dr. Mareike Bolten

Vor der Geburt dient die CTG-Überwachung der Detektion der chronischen Hypoxie, der plazentaren Dysfunktion oder der fetalen neurologischen oder hämatologischen Pathologie, die sich oft erst über Wochen entwickelt und im schlimmsten Fall in einem intrauterinen Fruchttod (IUFT) enden kann.

Die Veränderungen in den Ableitungen über die Zeit sind zum Teil sehr subtil und machen die Aufdeckung von relevanten Musterveränderungen noch schwieriger und anfällig für subjektive Abweichungen zwischen den beurteilenden Kolleg:innen.

Die Indikation zur antenatalen CTG-Ableitung ist häufig eine plazentare Problematik unterschiedlicher Genese, die während der Schwangerschaft diagnostiziert wird. Eine häufige Indikation ist auch, dass die Mutter weniger Kindsbewegungen fühlt, welche sich allerdings in den meisten Fällen normalisieren und keinen pathologischen Hintergrund haben. Oder es geht um die Überwachung einer Risikoschwangerschaft bei maternalen Erkrankungen. Da reduzierte Kindsbewegungen einen deutlichen Zusammenhang mit dem intrauterinen Fruchttod (IUFT) haben, sollte jeder Verdacht bei einer Schwangeren mit dieser Indikation eindeutig abgeklärt werden. Das verlangt oft Zeit und Ressourcen (siehe Abbildung 1).

Der intrauterine Fruchttod – das ungelöste Problem

Ein signifikanter Erfolg der intrapartalen CTG-Überwachung war die erfolgreiche Reduktion der intrapartalen Mortalität, insbesondere in wohlhabenden Ländern mit guter geburtsmedizinischer Versorgung (siehe Tabelle, Seite 34).

Diagnose High-Income-Länder Low-Income-Länder
Intrapartale IUFT 9 % der IUFT 66 % der IUFT
Antenatale IUFT 91 % der IUFT 34 % der IUFT
FGR/Plazentainsuffizienz 32 % der IUFT 28 % der IUFT
Ungeklärte Ursache 43 % der IUFT 54 % der IUFT

Tabelle: Der antenatale intrauterine Fruchttod (IUFT) ist ein ungelöstes Problem der Geburtshilfe in High-Income-Ländern

Quelle: Flenady et al., 2016

Die antenatale CTG-Überwachung sollte neben der Detektion der chronischen Hypoxie und/oder fetalen Pathologie auch dazu beitragen, die Rate der IUFTs zu reduzieren. Den drohenden antenatalen IUFT vorherzusehen und zu verhindern, bleibt allerdings weiterhin eine der größten Herausforderungen der modernen Geburtsmedizin.

Während in Low-Income-Ländern weiterhin die Rate der intrapartalen IUFT aufgrund von ungenügender medizinischer Versorgung und Ressourcen problematisch bleibt, ist sie in High-Income-Ländern deutlich geringer. In den High-Income-Ländern bleibt der antenatale IUFT weiterhin Problem. Die Hauptursache ist hier weiterhin die Plazentainsuffizienz unterschiedlicher Genese.

Ein Cochrane-Review betrachtete 2015 den Unterschied in der Reduktion der perinatalen Mortalität bei Anwendung des computerisierten CTGs versus visuelle CTG-Interpretation durch die Anwender:innen mittels FIGO. Es ließ sich eine signifikante Reduktion der perinatalen Mortalität bei Anwendung des computerisierten CTGs darstellen ohne Anstieg der Sectiorate (Grivell et al., 2015).

Die antenatale CTG-Interpretation nach NICE oder dem FIGO-Score, der seinen Nutzen primär in der intrapartalen CTG-Beurteilung hat, hat eine eher geringe Sensitivität und Spezifität, dafür aber auch eine hohe Interobserver-Variabilität. Deshalb ist die CTG-Interpretation kein guter Screening-Test.

In Großbritannien empfiehlt der staatliche Gesundheitsanbieter NHS über die »Saving Babies Lives Version 3« antenatal die Nutzung des computerisierten CTGs nach Dawes-Redman, da menschliche Fehler bei der antenatalen CTG-Interpretation eine signifikante Rolle in Fällen von IUFT und hypoxischen Hirnschäden spielen. Wenn hier die Kriterien der Normalität nicht erreicht werden, sind alle Kliniker:innen dazu aufgefordert, ihre Einschätzung und die Überwachung des betroffenen Feten und der Mutter zu prüfen. Es hilft auch unerfahreneren Geburtshelfenden und Hebammen, ein objektives und numerisches Ergebnis zu erhalten, mit dem sie ihre klinische Einschätzung erheben können. Diese Empfehlung wurde publiziert, obwohl es noch keine statistische Evidenz für ein besseres Outcome gibt, aber sich menschliche Fehler in der Interpretation mit größerer Sicherheit vermeiden lassen.

Die Methodik

Die Dawes-Redman-Kriterien der Normalität lassen sich aus folgenden Hauptkomponenten ableiten:

 

Basale Herzfrequenz

Das korrekte Feststellen der Baseline der Herzfrequenz ist wichtig für die Identifikation und Messung der Akzelerationen und Dezelerationen. Diese wird durch den Computer gemittelt, wobei aktive Perioden, Akzelerationen und Dezeleration herausgerechnet werden.

Die basale Herzfrequenz ist die gemittelte Herzfrequenz in allen Episoden mit niedriger Variation, also im fetalen Ruhezustand. Dies ist in etwa einem »Ruhepuls« des Feten gleichzusetzen. Die basale Herzfrequenz wird ebenfalls in beats per minute (bpm) angegeben. Normale Werte werden zwischen 116 und 160 bpm angegeben. Der wahrscheinlich normale Graubereich liegt selten auch mal bei 110–115 bpm oder 160–170 bpm.

Eine über die basale fetale Herzfrequenz diagnostizierte Tachykardie kann zum Beispiel durch Infektion, fetale Arrhythmie oder mütterliches Fieber bedingt sein. Eine fetale Bradykardie kann ebenfalls eine fetale Arrhythmie oder fetalen Distress als Ursache haben.

 

Akzelerationen und Dezelerationen

Eine Akzeleration ist definiert als Anstieg der Herzfrequenz von >10 bpm über Baseline und hält >15 Sekunden an. Eine Dezeleration ist definiert als Abfall der Herzfrequenz >10 bpm unter die Baseline für >60 Sekunden, oder als Abfall der Baseline von >20 bpm für >30 Sekunden. Bei einer großen Dezeleration zeigt zum Beispiel die Herzfrequenz >20 Schläge (Beats) weniger an, als bei der durchschnittlichen Baseline zu erwarten wäre. Diese werden dann als >20 Lost Beats/verlorene Schläge bezeichnet.

 

Abbildung 2: Kurzzeitvariation: Schlag-zu-Schlag-Varianz aufeinanderfolgender (konsekutiver) Herzschläge (blaue Kreise); aus Messpunkten alle 3,75 Sekunden (Episoden) wird die durchschnittliche Kurzzeitvariation der Herzfrequenz (KZV) errechnet. Langzeitvariation (rot): Höchster und niedrigster Umkehrpunkt der Herzfrequenz (Oszillationsamplitude)

Abbildung: © Birgit Heimbach. Illustriert nach: Goeschen & Köpke: Kardiotocographiepraxis. (2003).

Episoden niedriger und hoher Variation

Die Auswertung der Episoden mit hoher und niedriger Herzfrequenz-Variation erfolgt, nachdem Dezelerationen und Minutenabschnitte mit >50 % Signalverlust ausgeschlossen wurden. Als nächstes wird die Minutenbandbreite wiedergegeben als Summe des maximalen Ausschlags der Herzfrequenz über (hohe Variation) und unter (niedrige Variation) der Baseline innerhalb einer Minute. Der Durchschnitt dieser aufeinander folgenden Minutenbandbreite repräsentiert die Langzeitvariation (LZV). Als Kriterium der Normalität zählt eine ausreichend hohe LZV. Also eine CTG-Ableitung mit guter Oszillation im Rahmen fetaler Aktivität (siehe Abbildung 2).

 

Kurzzeitvariation

Um die Kurzzeitvariation (KZV) zu bestimmen, wird eine Minute in 16 Episoden geteilt. Jede Episode ist 3,75 Sekunden lang. Die mittlere Herzfrequenz wird in jeder Episode bestimmt. Daraufhin wird die Herzfrequenzdifferenz dieser Episoden über eine Minute gemittelt. Die KZV wird dann als die durchschnittliche episodische Herzfrequenzdifferenz aller Minuten der Ableitung in ms dargestellt (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Rechenalgorithmus der Kurzzeitvariation (KZV)

Abbildung: © Dr. Mareike Bolten

Wie bei der LZV werden vorher alle Dezelerationen und Minuten mit >50 % Signalverlust herausgerechnet.

Die KZV ändert sich außerdem mit steigendem Gestationsalter und liegt am Ende der Schwangerschaft im Durchschnitt höher. Derzeit fehlt es an Daten, ob diese Information Relevanz hat zur Bestimmung der plazentaren Funktion und/oder für das fetale Wohlbefinden. Insbesondere für die Zeit der Übertragung wäre dies interessant und ist Teil einer Arbeit, die derzeit das Team aus Oxford durchführt und die Daten hoffentlich im Laufe des nächsten Jahres veröffentlicht.

Daraus haben sich dem Gestationsalter entsprechend Handlungsempfehlungen ergeben. Ein erhöhtes Azidoserisiko besteht:

  • nach der 34. SSW bei einer KZV <4,5 ms
  • zwischen 32 + 0 SSW und 33 + 6 SSW bei einer KZV <3,5 ms
  • zwischen 29 + 0 SSW und 31 + 6 SSW bei einer KZV <3 ms
  • unter 28 + 6 bei einer KZV <2,6 ms (Lees et al., 2020).

Es ist zu beachten, dass sich die KZV bei einem Fetus im Rahmen des natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus von 24 Stunden verändert. Eine niedrige KZV in der Schlafphase ist in der Regel unbedenklich, wenn sich die KZV bei darauf folgender fetaler Aktivität wieder normalisiert. Eine Ableitung mit erniedrigter KZV sollte nie isoliert betrachtet, sondern das klinische Gesamtbild betrachtet werden. Das computerisierte CTG ist ein Screening und kein diagnostischer Test. Es liefert zusätzliche numerische und objektive Daten, die dann in die klinische Entscheidung mit einfließen sollten. Es darf keine Handlungsindikation gestellt werden, die ausschließlich auf der CTG-Analyse basiert.

 

Abbildung 4: Die Baseline-korrigierte Kurzzeitvariation erhöht sich mit dem Gestationsalter signifikant (p<0,0001).

Quelle: © Cahill et al., 2020

Sinusoidale Muster

Das computerisierte CTG unterscheidet zwei Typen von sinusoidalen Mustern: niedrig frequent (1–2 Zyklen/5 Minuten) oder hoch frequent (2–5 Zyklen/5 Minuten). Mit Zyklen sind hier Nulldurchgänge gemeint.

Ein niedrig frequentes sinusoidales Muster mit einer flachen Oszillation zeigt in der Regel einen stark kompromittierten Fetus. Es ist häufig mit einer metabolischen Azidose im Zusammenhang mit einer fortgeschrittenen Plazentainsuffizienz beim Fetus assoziiert. Ein hoch frequentes sinusoidales Muster hängt oft mit einem erhöhten Risiko einer fetalen Anämie unterschiedlicher Genese zusammen, dem Effekt von Medikamenten, einer fetalen Asphyxie oder Hypoxie, einer fetalen Infektion, einem fetalen Herzfehler, dem fetalen Schlaf-Wach-Rhythmus oder mit fetalen Saugbewegungen.

Um diese Muster zu differenzieren, erfolgt eine kombinierte Analyse der KZV und der LZV.

 

Kindsbewegungen, Wehentätigkeit und Signalverlust

Die Mutter hält einen Knopf während der CTG-Ableitung, den sie drückt, wenn sie Kindsbewegungen spürt. Die Kontraktionen werden mittels Tokogramm erfasst und in die Auswertung einbezogen (zum Beispiel wehensynchrone Akzelerationen werden nicht gewertet). Minütliche Kontrolle auf Signalverlust erfolgt während der gesamten Ableitung. Die aus den einzelnen Komponenten generierten Dawes-Redman-Kriterien der Normalität sind im Kasten aufgeführt. Die ersten acht Kriterien sind Merkmale aus den fetalen Herztonableitungen, die vorhanden oder nicht vorhanden sein sollten. Die letzten beiden Kriterien werden in Situationen angezeigt, in denen die Herztonableitung nicht gestoppt werden sollte (Signalverlust oder Dezeleration).

Zehn Kriterien

Dawes-Redman-Kriterien der Normalität: Die Perzentilen errechnen sich aus dem zugrunde liegenden Gesamtkollektiv der >100.000 Ableitungen, auf dem die Analyse nach Geoffrey Dawes und Chris Redman basiert:

  1. Mindestens eine Episode einer hohen Variation sollte in der Ableitung vorhanden sein.
  2. KZV sollte über >3 ms liegen; ist die KZV >3 ms, aber <4,5 ms, dann sollte die LZV über alle Episoden über der 3. Perzentile liegen.
  3. Kein hoch frequentes sinusoidales Muster.
  4. Mindestens eine Akzeleration oder eine Rate >20 Kindsbewegungen/Stunde und die Langzeitvariation sollte in den Episoden mit hoher Variation >10. Perzentile liegen.
  5. Wenigstens eine Episode mit Kindsbewegungen oder 3 Akzelerationen sollen vorliegen.
  6. Keine Dezelerationen >20 verlorene Schläge bei einer Ableitung < 30 min, keine Dezeleration zwischen 21 und 100 verlorene Schläge, wenn die Ableitung >30 min ist, keine Dezelerationen >100 verlorene Schläge dürfen vorhanden sein.
  7. Die basale Herzfrequenz muss zwischen 116–160 bpm liegen, wenn die Ableitung <30 min lang ist.
  8. Die LZV muss innerhalb von drei Standardabweichungen des errechneten Wertes liegen, oder: a) die KZV muss >5 ms betragen; b) es muss eine Episode einer hohen Variation mit >0,5 Kindsbewegungen/min vorliegen; c) die basale Herzfrequenz muss >120 bpm sein und d) Signalverlust soll <30 % liegen.
  9. Der letzte Abschnitt der Ableitung darf nicht Teil einer Dezeleration sein, wenn die Ableitung <60 min lang ist, oder eine Dezeleration in der 60. min darf nicht >20 verlorene Schläge zeigen.
  10. Es dürfen keine Artefakte am Ende der Ableitung vorliegen, wenn diese <60 min ist.

Quelle: Pardey et al., 2002

Einblicke aus Oxford

Der Blick in das Vereinigte Königreich lohnt sich, wenn es darum geht, die Erfahrung mit dem computerisierten CTG als Standardmethode in der antenatalen Überwachung zu beurteilen. Insbesondere das John Radcliffe Krankenhaus in Oxford hat viele Daten publiziert, wie das computerisierte CTG sinnvoll eingesetzt werden kann (Jones et al., 2022).

Der Algorithmus der Schwangerenambulanz sieht dort so aus wie in Abbildung 5 dargestellt.

Die Frauen stellen sich in der Schwangerenambulanz mit Beschwerden vor. Das Dawes-Redman-CTG wird nach Indikation geschrieben. Indikationen sind zum Beispiel reduzierte Kindsbewegungen, Schmerzen, abnormaler Ultraschall (Doppler und Wachstum), Plazentainsuffizienz, maternale Erkrankungen, Blutung, Kontrolle von vorherigen CTGs oder Probleme bei der Herztonauskultation durch die betreuende Hebamme.

Die meisten Schwangeren können nach einem CTG, das die Dawes-Redman-Kriterien erfüllt, unter Berücksichtigung der Risikofaktoren der Frau und des Fetus wieder in die Routineversorgung entlassen werden.

Zum Teil entsteht hier eine deutliche Zeitersparnis, die auch bei uns relevant für Gynäkolog:innen und Hebammen in der vorgeburtlichen Betreuung sein kann. Unter Umständen wird das Gerät mit einem objektiv dokumentierten Ergebnis bereits nach 10 Minuten wieder frei, wenn die Kriterien erfüllt sind. Dies kann den Ablauf in einer gut besuchten Praxis sehr erleichtern.

Abbildung 5: Erfahrungen aus dem John Radcliffe Krankenhaus in Oxford von 2018 bis 2021 mit 33.924 CTGs bei 11.963 Frauen.

Illustration: © Dr. Mareike Bolten. Editiert nach Prof. Christopher Redman

20,8 % der Frauen zeigten CTG-Ableitungen, welche die Kriterien auch nach 60 Minuten nicht erfüllten. Zeigte sich im CTG ein hohes Risiko für eine Asphyxie oder Anzeichen von akutem fetalen Stress, also eine terminale oder präterminale CTG-Ableitung, so wurden diese Frauen direkt in den Kreißsaal zur weiteren Betreuung und gegebenenfalls zur Entbindung aufgenommen.

Eine Herausforderung stellen die CTGs dar, die die Kriterien nicht erfüllen, aber keinen Anhalt für eine entstehende, subakute oder akute Hypoxie zeigen. Das computerisierte CTG (cCTG) ermöglicht es, den Fokus nun auf diese Gruppe von Patientinnen zu legen. Hier sei erwähnt, dass auch das cCTG nur ein Screening darstellt und keine Diagnose liefert. Erfüllt das cCTG die Kriterien nun nicht, muss unbedingt eine weiterführende Diagnostik eingeleitet werden.

Zunächst gilt es herauszuarbeiten, warum die CTG-Ableitung durchgeführt wurde und welche Kriterien nicht erfüllt wurden. Bei einem Kind mit Wachstumsrestriktion und Plazentainsuffizienz ist häufig die LZV reduziert, so dass ein solches cCTG dazu führen könnte, je nach Situation die Überwachung zu intensivieren oder nach Ultraschall und Dopplerkriterien einen Plan für die Entbindung zu machen.

Sind die Kriterien der Normalität nicht erfüllt, sollten Risikofaktoren immer berücksichtigt und eine genaue Anamnese erhoben werden. Es sollte ebenfalls eine Ultraschalluntersuchung zur Wachstumsmessung, Doppler und Beurteilung der Fruchtwassermenge erfolgen. Zur Planung der weiteren antenatalen Überwachung oder Entbindung ist auch das Schwangerschaftsalter wichtig.

Die objektiven Daten ermöglichen auch eine effektive Kommunikation mit der Mutter, insbesondere dann, wenn deren Erwartungen bezüglich des Geburtsmodus nicht mehr erfüllt werden können. Benutzt man das cCTG zum Beispiel vor einer Geburtseinleitung zur Einschätzung der Plazentafunktion und die Kriterien werden nicht erfüllt, so kann man das Ergebnis des cCTG der Erklärung hinzufügen und besseres Verständnis der Situation erreichen. Ärzt:innen bekommen hier ein zusätzliches Kriterium, um den weiteren Verlauf der Schwangerschaft entsprechend zu betreuen und die Sicherheit für Mutter und Kind zu erhöhen.

Dass nicht erfüllte Kriterien ein sehr deutliches Warnzeichen sind, zeigt eine Arbeit aus London (Bhide et al., 2024). In der Studie von Armanath Bhide und Team zeigt sich ein signifikantes, etwa achtfach erhöhtes Risiko eines IUFT. Das Risiko für einen IUFT blieb signifikant erhöht, auch wenn die Fälle mit einer erniedrigten KZV <3,5 ms ausgeschlossen wurden. Sind die Kriterien im cCTG erfüllt, dann liegt das Risiko für einen IUFT unter dem der Allgemeinbevölkerung (siehe Abbildung 6). Gerade am Termin kann das Dawes-Redman-CTG bei nicht erfüllten Kriterien auf ein Problem hinweisen, während die Doppleruntersuchung hier bekanntlich an Aussagekraft verliert. In einer von Hebammen geleiteten Schwangerschaft, kann die Hebamme bei Nichterfüllen der Kriterien eine klare und sichere Entscheidung zur Überweisung und weiteren Abklärung an die Klinik treffen, und damit problematische Geburtsverläufe in einem Niedrig-Risiko-Setting eventuell verhindern.

Klinische Möglichkeiten des Dawes-Redman-CTG

Die Bedeutung des computerisierten CTGs in der Überwachung von Feten mit Plazentainsuffizienz ist bereits deutlich dokumentiert. Die Leitlinien der International Society for Ultrasound in Obstetrics and Gynaecology (ISUOG) empfehlen das computerisierte CTG als Goldstandard in der Überwachung bei wachstumsretardierten Feten und legt hier besondere Bedeutung auf die KZV. Fällt die KZV unter einen für das Gestationsalter vorgegebenen Wert, sollte die Entbindung bei einem bekannt wachstumsretardierten Fetus erfolgen. Abzuwägen ist der bestmögliche Zeitpunkt für den Fetus in der schwierigen Balance zwischen dem Risiko durch Frühgeburtlichkeit auf der einen Seite und dem Risiko für einen schweren hypoxischen Schaden oder eines IUFT auf der anderen Seite.

Aber auch für bisher unauffällige Schwangerschaften kann ein CTG mit der Dawes-Redman-Analyse von großem Nutzen sein.

Reduzierte Kindsbewegungen

  • Reduzierte Kindsbewegungen sind assoziiert mit dem Auftreten eines IUFT (Bekiou & Gourounti, 2020). Allerdings sind diese sehr subjektiv und nicht eindeutig messbar, es gibt hier auch keine Normwerte. Die Vorstellung der Schwangeren mit gefühlt reduzierten Kindsbewegungen ist daher sehr häufig, bedarf aber unbedingt einer Abklärung.
  • Die Abklärung des fetalen Wohlbefindens ist zeitintensiv und ein konventionelles CTG erscheint alleine oft nicht ausreichend, aufgrund der bekannten Limitationen.
  • Sind die Kriterien der Normalität in einem Dawes-Redman-CTG erfüllt, kann eine Azidose zum Zeitpunkt der Ableitung ausgeschlossen werden. Wenn der Fetus sich nach der Ableitung wieder bewegt, wie die Schwangere das gewohnt ist, und keine weiteren Risikofaktoren vorliegen, kann die antenatale Betreuung weitergehen wie bisher.

 

Antenatales CTG in der gynäkologischen Praxis im Niedrig- Risiko- Kollektiv

  • CTGs werden im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge in den Praxen regelmäßig geschrieben und sind fester Bestandteil der Vorsorgeuntersuchungen, auch wenn der Nutzen der CTG-Ableitung ohne Indikation unbekannt ist.
  • In vollen Praxen spielt daher der Zeitfaktor eine große Rolle. Wenn die Kriterien der Normalität innerhalb von 10 Minuten ohne weitere Problematik oder Risikofaktoren erfüllt sind, kann die Ableitung hier beendet werden. Die Analyse und das CTG lassen sich problemlos elektronisch speichern und dienen als gute Dokumentation des Verlaufs der Schwangerschaft.

 

Maternale Erkrankungen

  • Im Rahmen der Betreuung von Risikoschwangerschaften kann das Dawes-Redman-CTG die Ultraschallüberwachung mit objektiven Kriterien ergänzen. Auch hier gilt, dass das CTG zum Teil nach 10 Minuten endet und trotzdem eine sichere Aussage zum Wohlbefinden des Fetus zum Zeitpunkt der Ableitung darstellt.
  • In einer Risiko-Schwangerenambulanz kann dies die Abläufe relevant optimieren und bietet gerade für unerfahrenere Kolleg:innen oder in einer hebammengeleiteten Praxis eine zusätzliche Sicherheit durch gute Dokumentation und numerische, objektive Daten, die im Rahmen von Leitlinien interpretiert werden können.

» Die Indikation zur antenatalen CTG-Ableitung ist häufig eine plazentare Problematik unterschiedlicher Genese, die während der Schwangerschaft diagnostiziert wird. «

Geburtseinleitung

  • Bei der Geburtseinleitung wird der Fetus relativ zügig der Wehentätigkeit ausgesetzt, die insbesondere beim Einsatz von Prostaglandinen schneller zu hypoxischem Stress während der Geburt führen kann. Vor jeder Geburtseinleitung sollte evaluiert werden, ob das Baby fit für die Geburt ist.
  • Das Dawes-Redman-CTG bietet hier zusätzliche Informationen über den fetalen Zustand und kann bei der Detektion von suboptimaler plazentarer Funktion helfen. Bei eingeschränkter plazentarer Funktion treten häufiger eine für das Gestationsalter niedrigere KZV und LZV und weniger Episoden mit hoher Varianz auf, aber meist noch keine deutlichen Dezelerationen, die auf eine entstehende Hypoxie hindeuten und auch in der konventionellen CTG-Interpretation auffallen würden. Das bedeutet, dass subtilere Veränderung vom cCTG eher erfasst werden als bei der visuellen Analyse.
  • Wenn die Kriterien der Normalität nicht erfüllt sind, es aber keine Anzeichen für eine Hypoxie gibt (hohe Base­line, wenige Variation der Herzfrequenz), kann man nun die Gesamtsituation überdenken, Risikofaktoren dieses Fetus berücksichtigen und die Geburtsplanung optimieren. Dies könnte eine Vermeidung von Prostaglandinen und stattdessen eine schonendere mechanische Geburtseinleitung bedeuten. Oder unter Umständen sollte die Geburt mit Wehentätigkeit völlig vermieden und stattdessen ein Kaiserschnitt geplant werden. Dies gilt es individuell abzuwägen.

Übertragung

  • Chris Redman hat im Dezember 2022 ein Statement veröffentlicht mit Daten von Schwangerschaften bis 42+0 SSW. Diese Daten haben gezeigt, dass das Dawes-Redman-CTG in der Übertragung genauso funktioniert wie in früheren Wochen, da die Kriterien die Funktion und damit die Sauerstoffversorgung des Gehirns reflektieren.
  • Gerade in der Übertragung liefert das Dawes-Redman-CTG deutlich mehr Messwerte zur Bestimmung des fetalen Wohlbefindens als die visuelle CTG Interpretation.

Frühgeburtlichkeit

  • Das Dawes Redman CTG ist ab der 26+0 SSW aussagekräftig.

Zwillinge

  • Eine Plazentainsuffizienz und Gestosen sind bei Zwillingen häufiger als bei Einlingen. Oft ist auch nur ein Zwilling betroffen.
  • Das Dawes-Redman-CTG funktioniert hier genauso wie bei Einlingen. Eine Zwillingsableitung ist möglich.

Abbildung 6: Die kumulative Rate von IUFT: Die grüne Gruppe zeigt die IUFT-Rate trotz erfüllter cCTG-Kriterien. Die rote Gruppe zeigt die IUFT-Rate, wenn Kriterien nicht erfüllt wurden. Hier zeigt sich ein etwa achtfach erhöhtes Risiko eines IUFT. Das Risiko für einen IUFT blieb signifikant erhöht, auch wenn die Fälle mit einer niedrigeren KZV <3,5 ms ausgeschlossen wurden. Das Risiko steigt mit niedriger KZV weiter, wenn die Kriterien nicht erfüllt sind. Wenn die KZV >8 ms ist, ist das Risiko eines IUFTs bei der Gruppe, die die Kriterien nicht erfüllt hat, ähnlich niedrig als wenn sie erfüllt sind.

Illustration: nach Bhide et al., 2024

Ausblick

Die Limitation in der Anschaffung des Dawes-Redman-CTG ist zum einen, dass es preislich sicher im oberen Bereich liegt und über dem der meisten konventionellen CTGs oder den Konkurrenzprodukten der computerisierten CTGs, welche allerdings nicht den gleichen Benefit und Sicherheit in der Beurteilung des Wohlbefinden des Feten liefern können. Des Weiteren braucht die Einführung des cCTG Schulungen für das Personal, da die klinische Erfahrung bisher hierzulande noch recht gering ist. Wird eine für die jeweilige Abteilung neue Technologie ohne adäquate Schulung implementiert, entstehen Unsicherheit und Unzufriedenheit, was auch ein Risiko für die Praxis darstellt.

Dennoch sind der immense Nutzen und die verbesserte Qualität des Dawes-Redman-CTGs für die antenatale Überwachung deutlich. Effektives Monitoring, objektive numerische Daten, gute Dokumentation im Schwangerschaftsverlauf, Zeit­ersparnis in der täglichen Praxis, Einsparen von Ressourcen und das Gewinnen von relevanten Zusatzinformationen in der Beurteilung des fetalen Wohlbefindens in verschiedenen klinischen Situationen dienen einer verbesserten Sicherheit in der antenatalen Überwachung, die in der modernen Geburtsmedizin anzustreben ist. ;

Zitiervorlage
Bolten, M. & Andres, S. (2025). Das Dawes-Redman- oder computerisierte CTG (Oxford CTG): Effektives Monitoring. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 77 (2), 32–40.
Literatur
Literatur

AWMF. (2020). S3-Leitlinie “Vaginale Geburt am Termin”, Version 1.0. AWMF-Register-Nr. 015-083. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-083

Ayres-de-Campos, D., Spong, C. Y., Chandraharan, E., & FIGO Intrapartum Fetal Monitoring Expert Consensus Panel (2015). FIGO consensus guidelines on intrapartum fetal monitoring: Cardiotocography. International journal of gynaecology and obstetrics: the official organ of the International Federation of Gynaecology and Obstetrics, 131(1), 13–24. https://doi.org/10.1016/j.ijgo.2015.06.020

Bekiou, A., & Gourounti, K. (2020). Reduced Fetal Movements and Perinatal Mortality. Materia socio-medica, 32(3), 227–234. https://doi.org/10.5455/msm.2020.32.227-234

Bhide, A., Meroni, A., Frick, A., & Thilaganathan, B. (2024). The significance of meeting Dawes-Redman criteria in computerised antenatal fetal heart rate assessment. BJOG : an international journal of obstetrics and gynaecology, 131(2), 207–212. https://doi.org/10.1111/1471-0528.17464

Cahill et al. (2021), Ultrasound in Obstetric&Gynaecology, Volume 57, Issue 2, 70-72.

Grivell, R. M., Alfirevic, Z., Gyte, G. M., & Devane, D. (2015). Antenatal cardiotocography for fetal assessment. The Cochrane database of systematic reviews, 2015(9), CD007863. https://doi.org/10.1002/14651858.CD007863.pub4

Jones, G. D., Cooke, W. R., Vatish, M., Redman, C. W.G. (2022). Computerized Analysis of Antepartum Cardiotocography: A Review. Maternal-Fetal Medicine; 4:2. https://journals.lww.com/mfm/fulltext/2022/04000/computerized_analysis_of_antepartum.7.aspx

Lees, C. C., Stampalija, T., Baschat, A., da Silva Costa, F., Ferrazzi, E., Figueras, F., Hecher, K., Kingdom, J., Poon, L. C., Salomon, L. J., & Unterscheider, J. (2020). ISUOG Practice Guidelines: diagnosis and management of small-for-gestational-age fetus and fetal growth restriction. Ultrasound in obstetrics & gynecology : the official journal of the International Society of Ultrasound in Obstetrics and Gynecology, 56(2), 298–312. https://doi.org/10.1002/uog.22134

Pardey, J., Moulden, M., & Redman, C. W. (2002). A computer system for the numerical analysis of nonstress tests. American journal of obstetrics and gynecology, 186(5), 1095–1103. https://doi.org/10.1067/mob.2002.122447

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