Vertragliche Anpassungen und die Beachtung, der sich rasant ändernden Gesetze sind auch für den Hebammenalltag von größter Bedeutung. Illustration: © Kateina/stock.adobe.com

Nach Expert:innenenmeinungen sind nach wie vor neue Corona-Wellen zu befürchten. Es macht daher auch nach mehr als zwei Jahren Sinn, rechtliche Problemstellungen im Zusammenhang mit Corona zu betrachten. Was müssen Hebammen über rechtliche Zusammenhänge unter der Ausnahmesituation der Pandemie beachten?

Nach § 630a BGB wird der/die Behandler:in, welche:r die medizinische Behandlung eines/einer Patient:in zusagt, zur Leistung der versprochenen Behandlung, der/die Patient:in zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Nach § 612 BGB ist für Hebammenleistungen eine Vergütung zu erwarten, die sich in der Regel nach der Gebührenvereinbarung bzw. der üblichen Vergütung richtet.

Neben der Vergütung nach der Gebührenvereinbarung (hinsichtlich befristeter Pandemie-Zuschläge) sind allerdings außergewöhnliche Belastungen, wie beispielsweise besondere Corona-Hygieneartikel, Tests etc. nicht »üblich« im Sinn des § 612 BGB. Sollten hierfür gesondert Kosten geltend gemacht werden müssen, müsste die betreute Frau hierüber informiert werden (§ 630c Abs. 3 BGB). Sollten Hebammen im Zusammenhang mit Corona zusätzliche Leistungen erbringen (wie beispielsweise die Durchführung von Corona-Tests) ist zu beachten, dass dies eventuell zusätzlich zu vergüten ist. Sollten Hebammen die Durchführung des Behandlungsvertrags von Maßnahmen wie dem Maske-Tragen abhängig machen, sind solche Maßnahmen grundsätzlich durch das Hausrecht gedeckt. Das Landgericht Dortmund hat bereits am 04.11.2020 (Az. 4 T 1/20) entschieden, dass für ein Krankenhaus keine unbeschränkte Aufnahmepflicht besteht, wenn sich eine Patientin weigert, sich vor der stationären Behandlung auf Corona testen zu lassen.

Es empfiehlt sich, Corona-bedingte Sonderregelungen ausdrücklich in einen schriftlichen Behandlungsvertrag aufzunehmen. Hierzu gehört beispielsweise die Möglichkeit, Kurse in einer Online-Version anzubieten.

Die Haftung

Verletzt eine Vertragspartei eine Pflicht aus dem Behandlungsvertrag, so kann die andere Partei Schadensersatz verlangen (§ 280 BGB). Dies gilt für Hauptpflichten aus dem Vertrag (Behandlung, Zahlung der Vergütung) wie auch für Nebenpflichten wie beispielsweise Informationspflichten.

Sollte daher eine Vertragspartei die eigene Corona-Erkrankung der anderen Partei verschweigen und dieser dadurch ein Schaden entstehen, besteht eine Schadensersatzverpflichtung. Das Gleiche würde gelten, wenn dadurch vorsätzlich oder fahrlässig die körperliche Unversehrtheit der Vertragspartnerin widerrechtlich verletzt werden würde (§ 823 BGB). Wenn Gerichte in der Vergangenheit davon ausgegangen sind, dass eine Offenbarungspflicht der Patientin beispielsweise für eine Allergie, Medikamenteneinnahme, Vorerkrankungen etc. besteht, ist davon auszugehen, dass dies auch für eine Corona-Erkrankung gilt. In die gleiche Richtung geht die in § 20a Infektionsschutzgesetz seit 15.03.2022 geschaffene Impfpflicht im Gesundheitswesen.

Zumindest im Juli 2022 ist noch ungewiss, ob und wie diese Impfpflicht durch die Behörden tatsächlich durchgesetzt werden wird. In einer Eilentscheidung vom 10.02.2022 hat das Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvR 2649/21) einen Eilantrag gegen die einrichtungsbezogenen Nachweispflicht zu Corona im Gesundheits-/Pflegebereich abgelehnt, mit Beschluss vom 27.04.2022 im gleichen Verfahren die Verfassungsbeschwerde abgelehnt. Die Eingriffe in die Grundrechte durch den Impfnachweis seien verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums einen angemessenen Ausgleich zwischen dem mit der Nachweispflicht verfolgten Schutz vulnerabler Menschen vor einer Infektion mit dem Coronavirus und den Grundrechtsbeeinträchtigungen gefunden. Trotz der hohen Eingriffsintensität müssten die grundrechtlich geschützten Interessen der im Gesundheits- und Pflegebereich tätigen Beschwerdeführenden letztlich zurücktreten.

Die Schweigepflicht

Aus § 203 StGB ergibt sich, dass die Verletzung von Privatgeheimnissen strafbar ist. Eine Hebamme, die unbefugt ein fremdes Geheimnis der Patientin offenbart, welches ihr im Rahmen der Berufsausübung bekannt geworden ist, macht sich strafbar.

In diesem Zusammenhang ist zu überlegen, ob sich die Hebamme bei der Offenbarung einer ihr bekannten Corona-Erkrankung der betreuten Frau, die eine Gefährdung Dritter darstellen könnte, strafbar macht. Durch die Rechtsprechung werden Fälle eines sogenannten rechtfertigenden Notstands insbesondere dann angenommen, wenn sich aus einem Verhalten der Frau eine Gefährdung für Leib und Leben der Allgemeinheit ergeben können.

In einem aktuellen Ermittlungsverfahren, in dem der Autor dieses Beitrags eine Angehörige eines Heilberufes zu verteidigen hatte, war die Frage aufgetreten, ob die Mitteilung an die Staatsanwaltschaft, ein Patient habe einen gefälschten Impfpass vorgelegt, unter die Strafbarkeit der Schweigepflichtverletzung fällt. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vertritt die Auffassung, dass ein schutzwürdiges und berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Patient:innen in diesen Fällen nicht besteht, der Rechtfertigungsgrund des Schutzes von Rechtsgütern Dritter herangezogen werden kann und daher keine strafbare unbefugte Offenbarung vorliegen würde. Die Benachrichtigung der Polizei begründe daher keine Strafbarkeit nach § 203 StGB. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine Stellungnahme der Ermittlungsbehörden handelt, die naturgemäß ein großes Interesse daran haben, Informationen über Rechtsverstöße zu erhalten. Ob dies immer gerechtfertigt ist, ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. Es ist stets eine Abwägung zwischen der Schweigepflicht und den möglicherweise gewichtigen Interessen der Allgemeinheit vorzunehmen.

Im Zuge der Vorlage gefälschter Impfpässe ist noch darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber feststellen musste, dass diesbezüglich hinsichtlich unrichtiger Impfausweise eine Regelungslücke im Strafgesetzbuch bestand. Erst mit Geltung vom 23.11.2021 wurden die §§ 275 ff. StGB ergänzt. So macht sich heute nach § 275 Abs. 1a StGB strafbar, wer die Herstellung eines unrichtigen Impfausweises vorbereitet, indem er in einem Blankett-Impfausweis eine nicht durchgeführte Schutzimpfung dokumentiert.

(Dauer-) Verträge

Kursverträge sind in der Regel befristete Verträge, die nach § 620 Abs. 1 BGB mit Ablauf der Zeit enden, für die sie eingegangen sind. Eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Frist, ist – sofern sie nicht ausdrücklich vereinbart wurde – nicht möglich. Nicht ausgeschlossen werden kann eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund.

Es stellt sich daher die Frage, welche Auswirkungen ein behördliches Verbot beziehungsweise behördliche Schließungen (beispielsweise im Zusammenhang mit einem Lockdown) auf die Durchführung des Kursvertrags und die Zahlung der Vergütung haben, insbesondere wenn die Verträge vor dem Lockdown oder einem behördlichen Verbot geschlossen wurden.

In der Regel liegt in den Fällen behördlicher Schließungen eine sogenannte objektive Unmöglichkeit vor, da der Vertrag durch keine Vertragspartei erfüllt werden kann. Dies bedeutet, dass die Hebamme von ihrer Leistungspflicht (Durchführung des Kurses) befreit ist (§ 275 BGB). Die Kursteilnehmerin ist von ihrer Gegenleistungspflicht (Zahlung der Vergütung) ebenfalls befreit (§ 326 Abs. 1 BGB). Es besteht sogar ein Rückforderungsanspruch der Frau, falls sie die Gebühren schon bezahlt hat (§ 326 Abs. 4 BGB). Ein Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB (s.o.) besteht in der Regel nicht, da keine der Vertragsparteien die behördliche Schließung und damit die fehlende Durchführbarkeit des Kurses zu vertreten hat.

Mit Urteil vom 04.05.2022 (Az. XII ZR 64/21) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass zumindest die Betreiberin eines Fitness-Studios zur Rückzahlung von Mitgliedsbeiträgen verpflichtet ist, welche sie in der Zeit, in der sie ihr Fitness-Studio auf Grund von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie schließen musste, an die Kund:innen zurückzahlen muss.

Diese Grundsätze können auf befristete Kursverträge bei Hebammen entsprechend angewendet werden. Der BGH bezieht sich hierbei auf die genannte Vorschrift des § 275 Abs. 1 BGB, wonach der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen ist, soweit diese unmöglich ist. Dies ist bei behördlichen Schließungen der Fall. Es ist in diesen Fällen auch einer Hebamme rechtlich unmöglich, den Frauen die Möglichkeit zur vertragsgemäßen Nutzung des Kursangebots in Person zu gewähren und damit die Hauptpflicht aus dem Behandlungsvertrag zu erfüllen. Wenn eine feste Vertragslaufzeit gegen Zahlung eines für jeden Kurstermin fällig werdenden Entgelts vereinbart ist, schuldet die Hebamme die vereinbarten Kursstunden zu den vereinbarten Terminen. Der Vertragszweck kann daher für den Zeitraum der behördlichen Schließung nicht (mehr) erreicht werden. Geburtsvorbereitungskurse machen nach erfolgter Geburt keinen Sinn mehr. Daher ist die von der Hebamme geschuldete Leistung auch nicht nachholbar.

Der BGH war auch nicht der Auffassung, dass der Kursvertrag nachträglich (automatisch) angepasst werden kann. Möglich wäre dies nach § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) wonach die Anpassung eines Vertrags dann verlangt werden kann, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag, falls sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Wie bereits dargestellt, würde eine Anpassung eines Vorbereitungskurses keinen Sinn machen, da dieser nach erfolgter Geburt nicht nachgeholt werden kann.

Fraglich ist, ob die einseitige Anpassung des Vertragsinhalts durch die Hebamme (z. B. durch das Angebot eines Online-Kurses) möglich ist, oder ob die Kursteilnehmerin damit einverstanden sein muss. Insofern macht es Sinn, von vorne herein einen entsprechenden Passus in den Behandlungsvertrag aufzunehmen, wonach beispielsweise ein Kurs auch online durchgeführt werden kann.

Grundsätzlich hätte die Kursteilnehmerin die Möglichkeit, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Im Fall behördlicher Schließungen hat sie keine Möglichkeit der Einflussnahme, sodass ein wichtiger Grund vorliegt und die Möglichkeit der Kündigung in Betracht kommt, insbesondere, wenn ein Ende der Schließung nicht absehbar ist.

Eine Zugangsbeschränkung zur Praxis durch Einführung von Tests als Zugangsvoraussetzung stellt allerdings keinen Kündigungsgrund dar, solange die Tests kostenlos sind (siehe oben hinsichtlich des Zugangs zum Krankenhaus). Aus den genannten Gründen dürfte dies auch für eine Zugangsbeschränkung für den Fall der Nicht-Impfung gelten.

Homeoffice und Unfallversicherung

Die gesetzliche Unfallversicherung, in der sich auch freiberufliche Hebammen versichern müssen (§ 2 Abs. 1 SGB VII) greift bei Wege- und Arbeitsunfällen. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 08.12.2021 (Az.: B 2 U 4/21 R) entschieden, dass Beschäftigte, die auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt sind.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges zum und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei der Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte (§ 8 Abs 1 Satz 3 SGB VII). Dies gilt auch, wenn – wie im genannten Fall – der Versicherte morgens gegen 7.00 Uhr auf dem unmittelbaren Weg von seinen Privaträumen in das häusliche Büro, wo er seine Arbeit sofort aufnehmen wollte, ohne vorher zu frühstücken oder einen Kaffee zu holen, stürzt. Er rutschte beim Hinabsteigen der Treppe von der vierten (Schlaf-)Etage zur dritten (Büro-)Etage auf einer Stufe ab und zog sich dabei eine Verletzung zu. Auch der Weg zur Arbeit ins Home-Office ist daher im Rahmen der Unfallversicherung versichert.

Ausblick

Corona kann auch mittelbare Auswirkungen haben. Das Landesarbeitsgericht München hatte folgenden Fall zu entscheiden: Der Geschäftsführer eines Arbeitgebers kam erkältet aus dem Urlaub zurück. Er ging ins Büro und nahm die (klagende) Arbeitnehmerin in seinem PKW zu verschiedenen Auswärtsterminen mit. Eine Maske wurde nicht getragen. Als sich herausstellte, dass der Geschäftsführer Corona-positiv war, musste auch die Arbeitnehmerin nach den damals geltenden Bestimmungen in Quarantäne. Dies wiederum hatte zur Folge, dass sie ihre Hochzeit absagen musste. Das Landesarbeitsgericht München hat in seiner Entscheidung vom 14.02.2022 (Az.: 4 Sa 457/21) entschieden, dass der Schaden in Höhe von ca. 5.000,00 EUR, der dadurch entstanden war, dass Caterer, Musik und Räumlichkeiten für die Hochzeitsfeier gebucht und teilweise bereits bezahlt waren, durch den Arbeitgeber ersetzt werden mussten. Die Arbeitgeberin hatte ihre Fürsorgepflicht gegenüber der Arbeitnehmerin verletzt, indem sie zuließ, dass der Geschäftsführer trotz Erkältungssymptomen mit der Klägerin zusammen längere Zeit in einem Auto fuhr. Damit verstieß sie gegen die Sars-CoV-2-Arbeitsschutzregel (in der Fassung vom 10.08.2020), nach deren Ziffer 4.2.1. die Arbeitsumgebung so zu gestalten war, dass Sicherheitsabstände von 1,5 m eingehalten werden konnten, und jede Person bei Krankheitssymptomen zuhause bleiben sollte. Die Pflichtverletzung war auch ursächlich für den entstandenen Schaden. Wäre der Geschäftsführer der Beklagten nicht ins Büro gekommen oder hätte er wenigstens den notwendigen Abstand zur Klägerin durch getrennte Autofahrten gewahrt, wäre gegen die Klägerin keine Quarantäneanordnung ergangen und die geplante Hochzeit samt Feier hätte stattfinden können.

Diese Entscheidung lässt erkennen, dass die mittelbaren Auswirkungen von Corona durchaus vielfältig sein können. Vertragliche Anpassungen (beispielsweise durch die vertragliche Vereinbarung der Möglichkeit von Online-Kursen) und die Beachtung, der sich auf diesem Gebiet rasant ändernden Gesetze sind daher auch für den Hebammenalltag von größter Bedeutung.

Zitiervorlage
Diefenbacher M: Verträge schließen in der Pandemie. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 2022. 74 (9): 110–113
https://staudeverlag.de/wp-content/themes/dhz/assets/img/no-photo.png