Haben Sie sich für ein Familienbett entschieden oder bewusst dagegen? Welche Gründe waren für Ihre Entscheidung ausschlaggebend und wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Konzept? Welche Auswirkungen hat es auf Ihren Familienalltag?

Caspar Clemens Mierau arbeitet als technischer Berater, promoviert nebenberuflich in Medienwissenschaften, bloggt und podcastet über Technikgeschichte sowie Elternthemen.

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Pro

Jahrtausendelang war es selbstverständlich: Familien schliefen gemeinsam. Wärme, Sicherheit, Nähe. Erst in der Moderne wurde das elterliche Bett zum exklusiven Rückzugsort – und die räumliche Trennung zur vermeintlichen Norm. Die nicht enden wollende Diskussion zum Thema Familienbett lässt sich so zusammenfassen: Es sei doch merkwürdig, wenn junge oder gar ältere Kinder mit im elterlichen Bett schliefen, das sei ja nicht normal, und dann hätten die Eltern keine Privat- oder Intimsphäre mehr. Die Kinder würden keine Eigenständigkeit lernen. Kinder würden nicht lernen, allein einzuschlafen. Und überhaupt, es sei doch Teil dieser modernen Kuschelpädagogik, die nur verhätschelte Kinder und gestresste Eltern produziere.

Die Gegenseite antwortet entschieden: Die Einschlafbegleitung werde doch drastisch vereinfacht! Das Kind werde nicht irgendwo allein abgestellt und immer wieder schreien gelassen, bis es sich resigniert mit dem Alleinsein abgefunden hat. Die Bindung stärke sich, und vor allem: Nächtliche elterliche Diskussionen um die Frage, wer nun aufsteht und das weinende Kind im Nebenzimmer beruhigt, würden sich in Wohlgefallen auflösen.

Die Argumente sind bekannt, unzählige Male ausgetauscht. Und ich mache keinen Hehl daraus: Nach drei Kindern im Familienbett tendiere ich nicht nur zu einem gemeinsamen Ort für die nächtliche Ruhe, ich bin mir sogar recht sicher, dass dies für viele Familien eine gute Lösung ist.

Wörter prägen unsere Realität

Doch wir wollen nicht die altbekannten Argumente fortführen, mit Statistiken und anekdotischen Evidenzen anreichern, um die hitzige Diskussion abermals in ihre gewohnten Bahnen zu lenken. Stattdessen wollen wir uns der Frage nach dem Familienbett von einer anderen Seite nähern, nämlich einer begrifflichen. Wörter prägen unsere Realität, sie sind eine soziale Konstruktion. Als Gesellschaft prägen wir sie, laden sie mit Bedeutung auf, erzählen damit etwas über uns – und erschaffen zugleich eine Wirklichkeit.

Und so wollen wir einen Schritt zurücktreten von der allgemeinen Diskussion um das Für und Wider und die Frage aufwerfen, warum wir überhaupt vom »Familienbett« und nicht vom »Nichtfamilienbett« sprechen?

Es scheint heute Normalität, dass Kinder früh in ein eigenes Bett in einem eigenen Zimmer abwandern. Das Kind schläft im Kinderbett, die Eltern schlafen im Ehebett, wobei diese etwas sperrige Bezeichnung modernen Familien nicht mehr ganz gerecht wird und zunehmend durch den Begriff »Elternbett« ersetzt wird. Nun verweist die Geschichte des Begriffs »Bett« als »Schlafstätte« auf eine lange Tradition des Co-Sleepings, also der gemeinsamen Ruhe einer Familie in einem Raum. Man teilte sich Wärme und Sicherheit, um gemeinsam die nicht ungefährliche Nachtruhe zu überstehen.

Mit der Moderne, mit festen Mauern, Häusern, Wohnungen, Heizungen veränderten sich die Möglichkeiten der sicheren Übernachtung. Aus dem gemeinsamen, warmen und sicheren Nachtlager wurde in westlich geprägten Kulturen eine räumliche Trennung der elterlichen und kindlichen Sphäre, um bereits früh Kinder an Werte wie Alleinstellung und Disziplin heranzuführen. Zugleich verschob sich die Bedeutung des elterlichen Betts von einer gemeinsamen Ruhestätte zu einem diskreten Ort des elterlichen Rückzugs – und der Produktion weiterer Nachkommen.

So verschiebt sich die Wahrnehmung des Betts: vom gemeinsamen Schlafplatz hin zu einem Raum, der neu definiert werden muss. Doch vielleicht ist der Begriff in seiner scheinbaren Normalität bereits eine Unterstellung: Warum sprechen auch Befürworter:innen unreflektiert vom Familienbett, statt die Gegenfrage aufzuwerfen: »Was, ihr schlaft im Nichtfamilienbett?« Muss erklärt und gerechtfertigt werden, dass man gemeinsam in einem Bett schläft? Das westliche Elternbett ist global betrachtet nicht der Normalfall. Es ist ausgedacht, es hat sozial-kulturelle Gründe – und die sind nicht nur gut.

Widersprüche aushalten

Wir fragen ab jetzt einfach: »Schlaft ihr eigentlich im Nichtfamilienbett?«, und drehen mit wenigen Buchstaben den Diskurs um. Das aber nicht, ohne darauf hinzuweisen, dass jede Familie so schlafen soll, wie es für die Kinder und auch für die Eltern richtig ist. Denn das ist vielleicht die wichtigste Lektion: Überlassen wir den privaten Rückzugsraum doch den Familien und halten gemeinsam als Gesellschaft Widersprüche aus. Das täte uns ja generell allen ganz gut.

 

Marie Schmidt ist Mutter eines zweieinhalb Jahre alten Sohnes und lebt mit ihrer Familie im Kreis Soest. Sie ist seit 2010 staatlich anerkannte Erzieherin.

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Contra

In den ersten sieben Monaten nach der Geburt unseres Sohnes nutzten wir im Elternschlafzimmer ein Beistellbettchen, das am großen Bett befestigt war. Diese Empfehlung haben wir an verschiedenen Stellen bekommen: Es wurde uns im Krankenhaus von Ärzt:innen und Hebammen gesagt und ist auch online auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu finden. Diese Art, im selben Zimmer schlafen zu können, war uns in der ersten Zeit auch sehr wichtig. Man hat ein Auge oder Ohr für das Neugeborene, und auch das Stillen ist auf kurzem Weg und bequem möglich.

Nach einigen Monaten ist unser Sohn in sein eigenes Kinderzimmer umgezogen und schlief seitdem im größeren Gitterbettchen. Dieser Schritt war unsere bewusste Entscheidung, die uns ein Stück Freiraum zurückbrachte. Der Alltag mit Kind ist herausfordernd und ereignisreich. Man schafft und tut, sieht und hört den Tag über unzählige Reize. Die Nacht brauchen wir zur Erholung, zum Kraft schöpfen und Regenerieren. Dazu benötige ich persönlich Raum und Ruhe. Auch bei unserem Sohn haben wir festgestellt, dass er sich im eigenen Bett sehr wohlfühlt und dort am besten schlafen kann. Von Anfang an wollte er selten bei uns nächtigen. Wenn er doch mal zwischen uns lag, signalisierte er nach einer Weile, dass er wieder zurück in sein Bettchen wollte. Er schläft gerne auf dem Bauch und hat die Beine unterm Po angewinkelt. Dabei sind die Kissen im Elternbett schon mal störend. Außerdem dreht er sich, wie Kinder das nun mal ständig tun, oft hin oder her. Er fühlt sich von uns in seiner Bewegungsfreiheit eingeengt und wir bekommen selbst kein Auge zu, wenn wir ständig Arme oder Beine ins Gesicht bekommen.

Vertrauen und Rituale

Wir können unserem Sohn zutrauen, dass er selbst in den Schlaf finden kann. Ich finde es sehr wichtig, Kindern immer wieder zuzutrauen, dass sie Dinge allein schaffen. Und die Fähigkeit, allein einschlafen zu können, ist unfassbar wertvoll. Das kann man mit Kindern üben, wie alles andere auch. Feste Rituale beim Zubettgehen halte ich dabei für sehr hilfreich und wichtig. Früher begleitete eine Spieluhr das abendliche ins Bett legen. Heute wird eine Geschichte erzählt und dabei gekuschelt. Wenn der Kleine anschließend im Bett liegt, singen wir noch ein Lied. Dann ist die Schlafenszeit eingeläutet.

Nicht jeder Abend ist gleich und manchmal hält unser Kind uns auch noch eine Weile auf Trab. Doch insgesamt fahren wir mit unserem Kurs ganz gut.

Das Babyfon stellen wir nachts auf den Eco-Modus. So reagiert es nur dann, wenn sich im Kinderzimmer wirklich etwas tut, wenn der Kleine beispielsweise weint oder ruft. Ich muss nicht jede einzelne Bewegung mitbekommen, um zu wissen, dass es ihm gut geht. Wenn er uns braucht, sind wir da. Jederzeit.

Rückzug und Ruhe

Irgendwann haben wir zwei Gitterstäbe aus dem Kinderbett herausgenommen, damit unser Sohn eigenständig hinein- und herausklettern kann. Natürlich ist es verlockend für ein Kind, am Abend ein paar Mal aus dem Bett zu kommen. Aber im Grunde kennt es sein Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf. Und wenn wir als Eltern konsequent dranbleiben und eine Zubettgehroutine etablieren, wird es trotz offener Gitterstäbe allein im Bett einschlafen können.

Wir Eltern gewinnen so Zeit für uns. Zeit zum Reden, Zeit für Zweisamkeit, die man sich im Alltag wirklich bewahren sollte. Ist es nicht auch eine Kunst, sich als Paar im Alltag nicht zu verlieren!?

Und was ist mit mir? Ich brauche auch Zeit für mich. Zeit, meinen Bedürfnissen zu folgen und neue Energie zu tanken. Wie schön ist es, abends im Bett zu lesen oder ein Hörbuch zu genießen. Ich muss mich nicht aufopfern, weil ich ein Kind habe. Die beste Mutter bin ich meinem Kind, wenn ich mein Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung achte. Weil mir das wichtig ist, kann ich dies auch meinem Kind vermitteln.

In einer Welt, die so voller Reize ist, die uns so viel abverlangt, ist es absolut wertvoll, in sich selbst Ruhe zu finden.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Natürlich haben wir auch mal schwierige Nächte. Klar gibt es auch bei uns Ausnahmen, in denen unser Kind uns nachts braucht und auch mal bei uns übernachtet. Wir sind eine Familie und füreinander da. Aber grundsätzlich sind wir glücklich, dass es uns gelingt, dass jeder für sich schlafen kann. Das tut allen gut.

 

 

Zitiervorlage
Mierau, C. C. & Schmidt, M. (2025). Alle in selbem Bett. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 77 (5), 62–63.
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