Im persönlichen Bericht der Autorin zeigt sich, wo die Wurzeln für die von ihr geschaffene und benannte Methode des »Cantienica« liegen. Sie spürte an sich selbst, wie Gedanken und Körperwahrnehmung sich gegenseitig beeinflussen – und schließlich auch die Ausrichtung ihres Körpers von den Füßen aufwärts bis zum Scheitel. Sie traf auf Expert:innen, die mit dem Ansatz des Embodiment arbeiteten – ein ganzheitliches Konzept, das ihre Arbeit über viele Jahre sinnvoll ergänzen sollte.

Ich verlasse mein Büro, gehe an der offenen Tür zum Studio vorbei. Darin findet gerade eine der ersten Beckenbodenausbildungen nach der Methode Cantienica® statt – das war wohl 1998. Die Teilnehmerinnen üben in Teams die Positionen und Coaching-Handgriffe. Ich sehe eine Frau auf einem riesigen Bauch liegend – in Bauchlage! Arme über den Kopf gestreckt.

»Sind Sie wahnsinnig?«, sagt mein Mund schneller, als das Gehirn denken kann. Die Frau, immer noch auf dem Bauch, lacht zu mir hoch und sagt: »Nein! Ich bin Hebamme!« Sie steht auf, schüttelt mir die Hand zum Hallo, immer noch lachend, »und ich bin hochschwanger.«

Diese Episode vermittelt einerseits: Hebammen haben Humor. Das hat sich für mich immer wieder bestätigt. Hebammen haben Kraft. Das musste und durfte ich von Hebammen lernen: Geburten sind auch physisch harte Arbeit.

Barbara war im achten Monat schwanger. Sie hatte schon vor der Schwangerschaft mit dem Training gemäß Cantinieca begonnen und ohne Pause weiter geübt, ohne Angst – und vor allem ohne falsche Schonung. »Mit Haltung und Aufspannung kann ich die Übungen in Bauchlage auch im achten Schwangerschaftsmonat noch durchführen«, klärte mich Barbara auf, »und sie tun mir und dem Baby gut.«

Damit war sie vor 25 Jahren noch eine Ausnahme. »Schwangere müssen sich schonen«, hörte ich oft. Wir sprachen lange miteinander, Hebamme Barbara und ich, und ich verstand: Schwangerschaft ist keine Krankheit. Die Übungen sind sicher, auch während der Schwangerschaft. Während des Gebärens und im Wochenbett sowieso: Die Arbeit aus dem Körperinneren nach außen ist schonend und kraftvoll zugleich (siehe Kasten).

CANTIENICA®- Beckenbodentraining
Von der Fußsohle bis zum Scheitel
In diesem Körpertraining werden immer zuerst die Knochen optimal ausgerichtet, um gleichmäßig alle Bänder, Faszien, Sehnen, Muskeln in eine aktionsbereite Dehnung zu bringen. So wird auch für das Beckenbodentraining immer der ganze Körper betrachtet, von der Fußsohle bis zum Scheitel.

Das Beckenbodentraining zielt zentral auf die innerste Schicht der Beckenbodenmuskulatur, auf den Levator ani. Dieser bildet eine symmetrisch angelegte Muskelschale. Er wird über die Knochen (Sitzbeinhöcker, Hüftpfannen und Kreuzbein) angesteuert. Durch präzise Übungen mit Mikrobewegungen wird gleichzeitig die Mobilität der Beckenhälften gesteigert und der Halt der Organe in der Tiefenmuskulatur unterstützt.

Freundschaft mit dem Körper schließen

Ich habe im Laufe der Jahre viel von Hebammen gelernt. Viele haben auch selbst Kinder geboren, sind also doppelt erfahren, im Gegensatz zu mir Kinderloser. Als ich 1997 mein Buch »Tigerfeeling – Das sinnliche Beckenbodentraining« veröffentlichte, wollte ich interessierten Leserinnen aufzeigen, dass im Becken ein Schatz schlummert, eine Muskelschale, die Haltung, Gesundheit und Kraft beeinflusst, im Negativen wie im Positiven. Mich hatte Dr. Christian Larsen, Begründer der Spiraldynamik International, auf den Beckenboden aufmerksam gemacht. Also körperlich und buchstäblich: Ich lag auf dem Boden, Christian stieß seine Daumen in meine Sitzbeinbeinhöcker; er sagte, ich soll diese Sitzdinger zusammenziehen und lösen und zusammenziehen und lösen, und er stieß mich so in eine Körperregion, die ich noch nie auf diese Art wahrgenommen hatte.

Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft – mit meinem Körper (und mit Christian Larsen). Das Buch, von großen Verlagen abgelehnt und in einem kleinen Ex-DDR-Verlag namens »Gesundheit« aufgelegt, schlug hohe Wellen. Es verkaufte sich über 300.000 Mal. Ich erhielt viele Zuschriften, die meisten noch von Hand. Viele Zuschriften kamen von Hebammen. Kurzfassung: Habe ausprobiert, funktioniert fantastisch – will lernen.

Also kreierte ich in Zusammenarbeit mit Hebammen ein Beckenbodentraining. Federführend war Karin Altpeter-Weiss in Karlsruhe. Mit anderen Worten: Dass ich mit meiner Methode gelandet bin, wo ich heute bin, verdanke ich auch Hebammen.

Christian Larsen stieß bei mir kurz darauf noch einmal einen Prozess an, der mich bis heute auf Trab hält. Es ging um meine Skoliose. Die wurde festgestellt, als ich sechs Jahre alt war. Diese Wirbelsäulenverkrümmung wurde nicht behandelt, aus heutiger Sicht ein großes Glück, damals fühlte ich mich vernachlässigt, denn in der Schule gab es ein älteres Mädchen mit einem Korsett. Ich beneidete es. Nun berichtete ich Christian Larsen, was ich alles versucht hatte, um die Schmerzen der fortschreitenden Verkrümmung der Wirbelsäule und der Folgeschäden zu meistern. Ich muss wohl wehleidig geklagt haben, vielleicht sogar gejammert über diese »unverdiente Strafe Gottes«. Jedenfalls sagte er irgendwann den Satz, der mich, mein Leben und meinen Körper endgültig veränderte: »Was, wenn du deine Skoliose nicht hast, sondern machst?«

Mir stockte der Atem, mein Herz raste. Wenn ich die Skoliose selbst machte, wenn hinter meinem Krummsein ein gerades Ich war – dann wollte ich hin zu diesem geraden Ich. Ich begann, meinen Körper zu erforschen. Oder erforschte er mich? Jedenfalls reiste ich durch den Beckenboden in mein Körperinneres, ich erforschte die Wirbel und Bandscheiben, baute Zwischenwände und Zwischenböden auf und aus, entdeckte Bänder, Muskeln und Faszien – und fand den Weg aus meiner Krümmung. Aus den Schmerzen. Aus der Opferhaltung. Ich bin heute, mit 73 Jahren, gerade. Besser gesagt: Ich halte mich gerade. 24 Stunden, sieben Tage in der Woche.

Abbildung 1a und b: Auf der Abbildung 1a steigerte ich mich in meine schlimmsten Erinnerungen. Auf der Abbildung 1b war ich zurück in meiner Gegenwart. Zwischen den Fotos liegen nur Minuten. Thermografie misst die Wärme im Körper. Der Farbstreifen am Oberrand der Abbildungen zeigt die Abstufung. Rot bedeutet warm und gut durchblutet, also »aktiv belebt«. Die Skala nach rechts wird immer kälter, grün, blau, violett bis schwarz. Wir wollten sichtbar machen, wie unterschiedliche Haltungen die Energieverteilung im Körper im kurzer Zeit verändern kann. Wer in einer Haltung jahrelang verharrt, kann damit krankhafte Veränderungen in Knochen, Bindegewebe, Organen verursachen. Die Versuchs­reihe geht auf Spekulationen, welche Haltung welche Erkrankungen auslösen kann, nicht ein. Auf der Abbildung links bin ich eingesunken in meine skoliotische Haltung. Die Farben an der Hautoberfläche bilden die Wärmeverteilung ab. Viele Körperteile sind blau oder grün, also schlecht durchblutet. Am Hals ist die Wärme gestaut, »der Kloß im Hals«. Rechts ist die Hautoberfläche gleichmäßig warm und entsprechend durchblutet.

Abbildung 2a: Ich bin in einer neutralen Haltung. Aufgespannt und so entspannt, wie es in der Ausnahmesituation möglich ist. Die Wärmeverteilung, die durch die Haut gemessen werden kann, ist relativ gleich­mäßig: Rot bedeutet gut durchblutet, grün steht für kühl, blau für sehr kühl, violett für kalt.

Abbildung 2b: Ich habe mich mit den Gedanken »Wer bin ich denn schon« in das Embodiment »unischer, schüchtern« versetzt. Die Thermografie zeigt Rot an der Stirn und am Hals. Die Verteilung dieser Wärme wird unterbrochen und als Wärme­stau interpretiert.

Abbildung 2c: Für diese Haltung hatten wir das Embodiment »Jetzt komme ich – was kostet die Welt« definiert. Ich begab mich in die subjektive Körperhaltung »rigide/ aufgeplustert«. Die Wärme staute sich im Hals, interessanterweise wurde der Körper sehr kühl.

Feuer und Flamme

Ein nächstes großes Glück war 2003 die Begegnung mit Dr. Maja Storch. Sie war bahnbrechend früh mit ihrer Forschung zu »angewandtem Embodiment«. Sie lud mich ein, ihren Student:innen in ihrem Institut für Selbstmanagement und Motivation spielerisch Haltung beizubringen. Sie sammelte Daten, wie eine bewusste, gute Haltung die Resultate ihres einzigartigen Ressourcenmodells verdichtete, vertiefte und verfestigte.

»Das müssen wir dokumentieren«, befand Maja Storch, »das macht bewusstes Embodiment fassbar, lernbar und praktisch anwendbar.« Ich hatte durch Karin Altpeter-Weiss den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Helmut Sauer kennengelernt. Er machte statt schmerzhafter, ungenauer Mammografien Brustuntersuchungen via Thermografie: Wärmebilder, die zeigen, wo sich im Körper Veränderungen anbahnen, lange bevor die schulmedizinischen Untersuchungsmethoden Veränderungen entdecken. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit?

Maja Storch war Feuer und Flamme. Dr. Helmut Sauer war noch ein bisschen skeptisch, doch sofort bereit für einen Testlauf. So fuhren wir nach Waldbronn bei Karlsruhe. Wir wollten wissen: Wie lange dauert es, bis der Köper sich in einer Haltung so verändert, dass die Veränderungen mittels Wärmebildkamera sichtbar werden? Ich zog mich aus bis auf den Slip, verweilte zehn Minuten im kühlen Raum und versetzte mich in das Unglück meiner Kindheit, das von körperlichen und seelischen Misshandlungen durchtränkt war. Ich spürte schon nach drei Minuten, wie meine Wirbelsäule sich zusammenzog, mit allen Muskeln und Bändern, wie mein Brustkorb sich verdrehte, wie der Atem kurz wurde, der Hals dick und, vor allem, wie sich meine Stimmung verfinsterte.

Nun bereiteten wir sorgfältig eine Versuchsreihe vor, die zeigen sollte, dass aus einer neutralen physischen Skelettordnung unterschiedliche Körperhaltungen eingenommen werden können, und dass diese in Minutenschnelle die psychischen Empfindungen entsprechend verändern.

Wir entschieden uns – subjektiv – für sechs häufige Haltungsmuster – oder »Embodiments«. Für mich war es erhellend, wie mühelos ich in die unterschiedlichsten Gefühls- und Haltungsmuster schlüpfen konnte, wie schnell ich mich angriffslustig, wütend, überheblich fühlen konnte! Und wie schnell ich mit neutraler Aufrichtung zurücksprang in eine neutral-positive Gefühlshaltung.

Das Buch »Embodiment – Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen« erschien 2006 und entwickelte sich zu einem Standardwerk zum Thema Embodiment. Maja Storch hatte Prof. Dr. Wolfgang Tschacher und Prof. Dr. Gerald Hüther ins Team geholt. Tschacher beleuchtete, was Künstliche Intelligenz zum Verstehen der Wechselwirkungen von Geist, Psyche und Körper beitragen kann und beiträgt. Hüther erklärte als Neurobiologe, wie die geistige Haltung den Körperausdruck beeinflusst. Die aktuelle, gründlich überarbeitete Auflage des Werks nimmt auch die Veränderungen des »globalen Embodiments« während und nach der Corona-Pandemie auf. In der von mir geschaffenen Methode des Cantinieca – und dies ist immer noch sehr einzigartig– steht die Ausrichtung des Knochenskeletts von unten nach oben und die Vernetzung von allem mit allem, ebenfalls von unten nach oben, im Zentrum.

Von unten nach oben

Wir beginnen mit der Haltung der Füße, denn sie hat Einfluss auf Beinachse und Beckenstand, auf die Wirbelsäule, das Zwerchfell und sogar auf die Kopfhaltung. Wer sich vom Scheitel nach unten zu den Füßen denkt, macht sich schwer, gibt das Gewicht nach unten ab. Das löst eine negative Kettenreaktion aus und das Skelett schrumpft mit den Jahren.

Wer die Aufrichtung des eigenen Körpers ernst nimmt und sich von unten nach oben zur aufrechten Haltung und zum aufrechten Gang bekennt, löst ebenfalls eine Kettenreaktion aus – aber eine positive: Die Knochen, Gelenke, Bandscheiben werden entlastet. Durch die Aufspannung von unten nach oben kommen zuerst die Knochen in die ideale Ausrichtung, in der nichts auf Kosten von etwas anderem geht. Diese ausgerichteten Knochen sind wie Bauträger. Sie ermöglichen allen beteiligten Strukturen – Knochenhaut, Faszien, Bänder, Sehnen, Muskeln – die natürliche Grunddehnung, aus der die Bewegung leicht und geschmeidig und gesunderhaltend ist. Der so gehaltene Körper lebt fröhlich mit und in der Schwerkraft. Embodiment heißt wörtlich »Verkörperung«, einfach übersetzt: Ich verkörpere meine innere und äußere Haltung. Diese Verkörperung zeigt sich in Form und Ausdruck. Ich möchte das Gefühl für die Leichtigkeit in wirklicher Aufspannung mit fünf Übungen vermitteln.

Abbildungen: © Benita Cantieni

Workout für Hebammen: Den eigenen Körper erfahren

Übung 1: Luft holen

Vor eine Wand stellen. Hände auf die Leisten legen. Die Schulterblätter und das Gesäß an die Wand bringen. Zwischen Fersen und Wand haben die Sitzbeinhöcker Platz. Die Oberarme an die Wand bringen, Hände bleiben auf den Leisten. Der Kopf steht frei. Die Schulterpfannen nach vorne oben drehen. Es ist eine Mikrobewegung.

Einatmen durch die Nase, langsam und genussvoll. Mit dem langen Einatmen die Ellbogen weiter auseinander denken, ohne äußere Bewegung, die Dehnung kommt aus dem Zwerchfell. Sie dehnt die Rippen zu den Seiten. Genauso langsam und genüsslich ausatmen durch den Mund. Fünf Atemzüge.

Übung 2: Herzraum schaffen

Die linke Hand auf den linken Brustkorb legen. Die rechte Hand auf das rechte Becken legen. Die Armmuskeln zur Achselhöhle »fliegen« lassen und die Schulterpfannen nach vorne oben ausrichten.

»Fliederatem« durch die Nase einholen, die Ellbogen gleichzeitig zu den Seiten dehnen und so das Zwerchfell diagonal ausdehnen.

Seite wechseln, die rechte Hand auf den rechten Brustkorb legen, die linke auf das linke Becken. Durch die Nase einatmen, die Ellbogen auseinander dehnen, gleichzeitig die Schulterpfannen nach vorne oben ausrichten. Langsam ausatmen. Jede Diagonale dreimal

Übung 3: Diagonalzauber

Immer noch an der Wand aufgerichtet stehen. Die Finger verschränken. Die Schulterpfannen nach vorne oben drehen und dort halten, die Arme körpernah anheben, leicht wie Federn. Arme über dem Kopf halten, mit Abstand zur Wand. Armmuskeln zur Achselhöhle entspannen, die Oberarmkugeln in die Achselhöhlen abgeben. Rechts die Oberarmmuskeln noch mehr zum Körper entspannen. Links die Unterarmmuskeln zum Handgelenk entspannen. Und umgekehrt, Oberarmmuskeln links noch mehr loslassen, Unterarmmuskeln links zum Handgelenk entspannen. Je dreimal.

Fingerstellung wechseln, Schulterpfannen nach vorne oben dehnen. Einatmen in der linken Ferse, ausatmen in der rechten Kniekehle. Rechte Ferse zu linker Kniekehle. Linke Kniekehle zu rechtem Hüftgelenk. Rechte Kniekehle zu linkem Hüftgelenk. Linkes Hüftgelenk zu rechter Achselhöhle, rechtes Hüftgelenk zu linker Achselhöhle. Die Schulterpfannen sind aktiv nach vorne oben ausgerichtet.

Im zweiten Durchgang funktionieren die »Etappendiagonalen« gleichzeitig: Den imaginierten Atem aus den Fersen überkreuz zu den Kniekehlen lenken. Aus den Kniekehlen zu den Hüftpfannen. Aus den Hüftpfannen zu den Achselhöhlen. Mindestens zweimal.

Übung 4: Stehvermögen

Einen Schritt weg von der Wand. Die Hände scharf anwinkeln und die Leisten aktiv nach hinten schieben, der Torso kommt dabei nach vorne. Schulterpfannen aktiv nach vorne oben ausgerichtet halten, das hält die Bauchseite schön aufgespannt und aktiviert die tiefliegenden Brustmuskeln (M. Pectoralis minor, M. Serratus anterior, M. Thoracis transversus).

Die Psoasmuskeln vorstellen und lang und breit vom vorderen Oberschenkel diagonal durch den Unterkörper begleiten. So ziehen die Psoae die Lendenwirbel auseinander und bringen den größtmöglichen Abstand zwischen Becken und Brustkorb. Die Hüftpfannen noch etwas mehr nach hinten oben dehnen, ohne »bewusste« äußere Bewegung, wirklich nur die Hüftpfannen »im Fleisch« drehen. Die Hüftpfannen zusammenziehen, lösen, zusammenziehen, lösen. Beim Zusammenziehen senkt sich der Torso ein wenig, beim Lösen der Hüftpfannen kommt er in die Ausgangsstellung zurück. Mindestens zehn solche Klappdeckel machen.

Handseiten immer noch in den Leisten: die Ellbogen auseinanderziehen und den Kronenpunkt am Kopf nach oben bringen, so in den Stand kommen.

Übung 5: Kopfschutz

Finger verschränken, Arme anheben, Hände am Hinterkopf an die Schädelbasis legen. Die Daumen liegen sanft zwischen Atlas und Foramen magnum (»Kopfloch«). Durch die Nase einatmen, die Ellbogen weit auseinander dehnen. Durch den Mund ausatmen.

Einatmen durch die rechte Ferse, ausatmen durch den linken Ellbogen, die Reise des Atems diagonal durch den Körper vorstellen. Von der linken Ferse zum rechten Ellbogen. Dreimal.

Den Kopf ruhig halten, den Mund weit aufsperren. Einatmen durch diesen großen runden Mund und das Gähnen genießen, das entsteht. Augenlider schließen. Die Jochbeine vorstellen, wahrnehmen und behutsam nach vorne oben bewegen. Der Schädel geht natürlich mit, entspannt, Hals und Nacken bleiben lang und gedehnt! Jochbeine zurück und nach hinten oben bewegen, der Kopf kommt nach vorne, schwerelos und federleicht. Mindestens zehnmal.

Fingerstellung wechseln. Den Brustkorb rechts dehnen, das Becken links. Die Jochbeine auf einer horizontalen Kreislinie nach rechts drehen, soweit es geht, der Kopf geht mit. Wenn nichts mehr geht, den Brustkorb links dehnen das Becken rechts, Mund auf, einatmen, gähnen und noch mehr in die Drehung fließen.

Behutsam zurückdrehen. Den Brustkorb links dehnen, das Becken rechts. Die Jochbeine auf einer imaginären Kreislinie nach links drehen. Brustkorb rechts dehnen, Becken links, Mund auf, einatmen, gähnen und staunend in die Drehung »fließen«. Jede Seite dreimal, die Fingerstellung wechseln, so oft Ihnen danach ist.

Ich weiß aus der Arbeit mit vielen Hebammen: Während der Geburtsbegleitung vergessen sie Ihren eigenen Körper. Sie konzentrieren sich absolut auf das Leben ermöglichende Geschehen. Sie nehmen nicht mehr wahr, was ihr Körper macht. Sie schalten alles aus in der Präsenz mit der gebärenden Frau und ihrem geboren werdenden Kind. Das ist eine beeindruckende Fähigkeit.

Mein Mini-Workout soll verhindern, dass Sie nach Ihrem weltbewegenden Werk verspannte Schultern und Arme, Schmerzen am oberen Rücken und am Nacken haben!

Zitiervorlage
Cantieni, B. (2024). Bewusstes Embodiment: Haltung lernen. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 76 (3), 14–18.
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