Sich durch neue Gesetze, Bestimmungen und Veränderungen in der eigenen Arbeit zu bewegen, mag manchmal wie der Gang durch einen Dschungel anmuten. Foto: © Kanisorn/adobe.com

Welche Gesetze und Bestimmungen müssen Hebamme berücksichtigen, um sich in ihrer täglichen Arbeit wohl und sicher zu fühlen? Ein Überblick.

Wer kennt sie nicht, die banale Situation, behördliche Schreiben verstehen oder Formulare ausfüllen zu müssen? Sogar ein extrem kluger Kopf dürfte hier manches Mal in Verwirrung geraten.

In einer immer komplexeren Berufswelt, die fachlich eine ständige Adaption an neue wissenschaftliche Erkenntnisse fordert, verlieren wir uns schnell in einem unübersichtlich erscheinenden Dschungel aus Bürokratie und Bestimmungen. Es verändern sich medizinische Standards, Weisungen, Empfehlungen, Leitlinien und berufsrechtliche Vorschriften wie jüngst die Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen (HebStPrV, 2020) oder hier beispielhaft angeführt die Berufsordnung für Hebammen in NRW (HebBO NRW, 2023).

In der Auseinandersetzung mit den ständig neuen Vorschriften und Anforderungen darf man als Hebamme durchaus an seine Grenzen gelangen und sich überfordert fühlen.

Bedürfnis nach Eigenschutz

Bedrohliche Nachrichten über Prozesse gegen Ärzt:innen und Hebammen tun ihr Übriges, um Unsicherheit und Ängstlichkeit zu verbreiten, denn die Sichtweisen von Hebammen entsprechen nicht immer dem schulmedizinischen Standard und damit nicht den Sichtweisen der Gutachter:innen vor Gericht (siehe: Wagener, 2018).

Begegnungen mit den Menschen, die wir als Hebammen positiv für die Elternschaft aufbauen und die wir bei physiologischen Prozessen eigentlich unterstützen möchten, können unter gegenseitigem Misstrauen einen Qualitätsverlust erleiden. Ein dadurch angespannter und angestrengter Umgang miteinander kann die natürliche Offenheit und Freude an der Hebammenarbeit erheblich mindern.

Lassen wir derlei Gedanken und Gefühle an uns heran, könnte auch die eigene »physiologische« Funktion eingeschränkt werden. Ein verständliches Bedürfnis nach Eigenschutz könnte ein objektiv fachlich angemessenes Handeln überlagern. Unter dem Begriff Defensivmedizin wird dieses Thema in der Medizin schon seit Längerem kontrovers diskutiert.

Der werdende Mensch als Rechtsgegenstand

Noch vor seiner Geburt ist ein Mensch bereits Gegenstand gesetzlicher Regelungen. Ungeborenes Leben wird als Rechtsgut geschützt und besitzt demzufolge gewisse Ansprüche an einen Schutz durch den Staat. Wenngleich es noch keine rechtsfähige Person darstellt, so ist es schon »Träger von Grundrechten«. Beispielsweise steht ihm ein Anspruch auf Schadenersatz wegen einer Gesundheitsverletzung im pränatalen Stadium zu (BGB § 823 Abs. 1). Auch ist es schon erbberechtigt, denn wer zur Zeit des Erbfalls bereits gezeugt ist, gilt als vor dem Erbfall geboren (BGB § 1923 Abs. 2). Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist festgelegt, dass die »zivilfähige Rechtsfähigkeit des Menschen« mit Vollendung seiner Geburt beginnt. (BGB § 1). Zu diesem Zeitpunkt dürfte vor allem das Recht auf körperliche Unversehrtheit von Belang sein (Art. 2 Grundgesetz/GG; § 223 Strafgesetzbuch/StGB).

Schon vor der Geburt, also bereits mit Einsetzen der Wehen, gilt das Ungeborene als ein Mensch im Sinne des Strafrechts. Taten, die gegen seine Gesundheit oder auf sein Leben abzielen, können strafrechtlich verfolgt werden.

Der Schutz des ungeborenen Lebens, des »Nasciturus«, wird im Strafgesetzbuch durch die Bestimmungen des § 218 an denjenigen Punkten relativiert, wo das Recht der Frau auf körperliche und soziale Selbstbestimmung als übergeordnet angesehen wird. § 218 ff. regelt die Bedingungen, eine Schwangerschaft aus verschiedenen Gründen beziehungsweise Indikationen abzubrechen.

Über die gesetzlichen Regelungen zum Personenstand und all jene, die den Schutz von Mutter und Kind tangieren, sollte eine Hebamme informiert sein. Nützlich ist hier vor allem zu wissen, wo man sich mit spezifischen Fragen schnell und gezielt zur aktuellen Sachlage informieren kann (siehe in der online zur Verfügung gestellten Tabelle: Punkte Mutterschutzgesetz, Embryonenschutzgesetz, Personenstandsgesetz, Bürgerliches Gesetzbuch und Strafgesetzbuch).

Gesetzeskonforme Beratung und Aufklärung

Keine medizinische Berufsgruppe kommt umhin, sich mit dem im Jahre 2013 erneuerten Patientenrechtegesetz intensiv auseinanderzusetzen. Jeder Hebamme ist anzuraten, den Gesetzestext einmal gründlich im Original durchzulesen (§ 630 a-h BGB).

Der § 630 a-h des BGB regelt den Patientenschutz und die Patientensicherheit. Hier steht vor allem das Recht auf umfassende Information und Aufklärung im Vordergrund. Alle medizinischen Handlungen und Unterlassungen sollen an die Patient:innen transparent in verständlicher Art kommuniziert werden, so dass deren Autonomie unterstützt wird. Mit professioneller Beratung aufgrund evidenzbasiertem Wissen ist es das Ziel, Entscheidungskompetenz zu fördern und die Selbstbestimmung zu unterstützen (siehe auch: Diefenbacher, 2020).

Bei jeder Form der Aufklärung ist zu bedenken, dass eine vermeintlich gesetzlich erforderliche, aber dabei eventuell überbordende Aufklärung über zahlreiche Risiken bei Schwangeren Angst auslösen und damit Schaden verursachen kann.

Pflichten der Berufsordnung

In den verschiedenen Berufsordnungen (BO) der Länder sind die Berufsrechte und -pflichten für Hebammen geregelt, beispielsweise das Verhalten gegenüber Patient:innen, Kolleg:innen, Mitarbeiter:innen und anderen Partner:innenn im Gesundheitswesen.

Die Ziele aller Berufsordnungen sind untereinander identisch, wie Regelung der Aufgaben, Qualitätssicherung, Patientenschutz, Schweigepflicht, Dokumentationspflicht, Fortbildungspflicht oder berufswürdiges Verhalten und Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit. Doch gibt es Unterschiede in den Formulierungen, in den Auflagen zu Meldepflichten und bei der Gestaltung der Fortbildungsstunden. So ist in Niedersachsen in der Berufsordnung keine Stundenangabe definiert (§ 2 HebBO Niedersachsen, Allgemeine Berufspflichten). Hier besteht lediglich eine Empfehlung des Landesverbandes des DHV, mindestens 40 Stunden in drei Jahren abzuleisten. Der jeweilige Wohnort der Hebamme ist maßgeblich, welche BO für sie gültig ist.

Fortbildungspflichten

Um Frauen und Familien angemessenen im Sinne des Patientenrechtegesetzes beraten zu können, müssen Hebammen die entsprechenden Kompetenzen erwerben und erhalten. Die Berufsordnungen der Bundesländer sehen dafür regelmäßige Fortbildungen (FB) vor, sowie das Qualitätsmanagement (QM), um die Patientenversorgung zu optimieren.

Um beide gesetzlichen Forderungen (FB & QM) zu erfüllen, reicht es aus, wenn Hebammen sich am originalen Gesetzestext und gegebenenfalls auch an dessen Anlagen orientieren (siehe: HebBO NRW, Anlagen 1-3).

In Hebammenkreisen stiften Gerüchte schnell Verwirrung und Unruhe: So ist es beispielsweise in NRW so geregelt, dass von insgesamt 60 Fortbildungsstunden à 45 Minuten in drei Jahren 20 Stunden Notfallmanagement in Präsenz abgeleistet werden müssen. Die restlichen 40 Stunden dürfen beispielsweise auch durch Online-Fortbildungen erfolgen.

Die Aufsichtsbehörde muss letztlich die geleisteten Fortbildungsstunden anerkennen. Auch diese ist angehalten, sich am Gesetzestext zu orientieren.

Ein hartnäckiges Gerücht behauptet, dass Fortbildungen im Vorfeld zertifiziert werden müssten, um vom Gesundheitsamt anerkannt werden zu können. Ein Gericht aus NRW gab am 26.10.2012 jedoch einer Klägerin gegen die Aufsichtsbehörde recht, indem es feststellte, dass eine solche Verpflichtung aus der Berufsordnung nicht abzuleiten sei (Teuerle, 2012).

Fortbildungsthemen

Hebammen sollten die Anlage 2 der Berufsordnung mit den gelisteten Fortbildungsthemen gründlich studieren. Der Liste ist zu entnehmen, welche Fortbildungen von der vorgesetzten Behörde als »berufsaufgabenbezogen« angesehen werden und dementsprechend anerkannt werden müssen (§ 7 Abs. 4 HebBO, Anlage 2). Das Spektrum zulässiger Fortbildungen ist relativ weit, es wird allgemein formuliert und ist auch berufsübergreifend angelegt. Neben klassischen geburtshilflichen Themen finden sich auch »Psychohygiene, Komplementärmethoden wie zum Beispiel Akupunktur, Homöopathie, Fußreflexzonentherapie, Yoga«, aber auch »Recht, Dokumentation und QM«.

So heißt es in Anlage 1 der Hebammenberufsordnung NRW: »Unter berufsaufgabenbezogenen Fortbildungen sind Inhalte zu verstehen, die aktuelle, insbesondere evidenzbasierte Erkenntnisse sowie vertieftes Wissen zur Erweiterung der Fähigkeiten und Fertigkeiten in den Aufgabenbereichen der Hebammentätigkeit (Schwangerschaft, Geburtshilfe, Wochenbett und Stillzeit sowie Notfallmanagement) vermitteln.«

Jede Hebamme ist selbst verantwortlich, auf den passenden Kontext und die Qualität des Anbieters zu achten.

Die Kontrolle der Erfüllung von Fortbildungspflichten obliegt zumeist den Gesundheitsämtern. Sie handhaben dies sehr unterschiedlich. In der Regel fordert die Behörde Hebammen zu einem bestimmten Termin auf, ihre Nachweise vorzulegen (§ 8 HebBO Hessen, oder § 9 HebBO Bayern: Aufsicht). In NRW wird die Aufsichtsfunktion ab dem 31. März 2024 den Bezirksregierungen übertragen.

Wichtig für die jeweilige Hebamme ist es, sich mit den konkreten Bestimmungen ihres Bundeslandes vertraut zu machen.

Fortbildung der Praxisanleiterinnen

Die relativ neue Hebammenstudien- und Prüfungsverordnung setzt bundesweit einen Ausbildungsstandard im klinischen wie auch im außerklinischen Kontext (Externat) an, indem gezielte Praxisanleitung durch pädagogisch geschulte Hebammen zu einem Anteil von 25 % erforderlich wird. Eine Person ist dann zur Praxisanleitung (PA) befähigt, wenn sie über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Hebamme verfügt und kontinuierliche berufspädagogische Fortbildungen von mindestens 24 Unterrichtsstunden jährlich absolviert (§§ 10, 14 HebStPrV).

Pädagogische Fortbildungen im Zuge der gesetzlich vorgegebenen Praxisanleiterinnenfortbildung können vollständig auf die Fortbildungspflicht der Berufsordnung angerechnet werden. Die 20 Stunden Pflicht zum Thema Notfallmanagement (NRW) können dadurch allerdings nicht ausgesetzt werden. Allenfalls könnten die Fortbildungsstätten auch Themen zum Notfallmanagement in die PA-Fortbildung integrieren. Hebammen sollten sich vor Ort erkundigen.

Verpflichtung zur Qualitätssicherung

Das Sozialgesetzbuch V enthält seit 2004 die Verpflichtung aller Dienstleister im Gesundheitswesen, ein eigenes Qualitätsmanagement-System für ihr jeweiliges Tätigkeitsspektrum aufzustellen (SGB V § 134, 135). Das bereitet einigen Kolleginnen »Bauchschmerzen«. Dies möglicherweise auch, weil das Thema auf dem Fortbildungssektor gelegentlich als sehr kompliziert dargestellt wird.

Der Gesetzgeber erwartet jedoch nicht, dass Hebammen ein teures und kompliziertes digitales System von einer kommerziellen Weiterbildungsinstitution kaufen. Konkrete gesetzliche Anforderungen an das QM sind für Hebammen in der Berufsordnung und im Sozialgesetzbuch V einzusehen (§ 134a SGB V Qualitätsvereinbarung und GKV-Spitzenverband, 2020, Beiblatt 1 »Kriterien zu Geburten im häuslichen Umfeld zur Anlage 3 Qualitätsvereinbarung zum Vertrag nach § 134a SGB V«).

Auch eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über »grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement für Vertragsärztinnen« erläutert übersichtlich und verständlich, wie »einfach« ein QM-Konzept aufgestellt werden kann, so dass es den gesetzlichen Anforderungen entspricht (siehe Tabelle: GBA, 2020: Richtlinie über grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes QM). Die G-BA-Richtlinie kann durchaus als Maßstab für eine Hebammenpraxis, ein Geburtshaus oder eine geburtshilfliche Abteilung dienen.

Eine Fortbildung zum Thema QM zu besuchen, ist hilfreich, denn wer das Prinzip des QM einmal vom Grundsatz her begriffen hat, kann entspannt ein individuell passendes und praktikables Konzept für das eigene Berufsfeld aufstellen. Einige Hebammen berichten, dass sie das letztlich als bereichernd empfunden haben, da es Ordnung in Gesamtstruktur und Dokumentation schafft.

Sicherheit durch Dokumentation

Angemessene Dokumentation ist der Schlüssel zu einem nachvollziehbarem QM-System und gleichermaßen ein wirksames Instrument, um sich Rechtssicherheit zu verschaffen. Laut Berufsordnung ist die Dokumentation so abzufassen, dass die gesamte Tätigkeit während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes sowie die Versorgung des Neugeborenen nachvollziehbar ist (§ 6 HebBO NRW).

Professionelle Dokumentation bedeutet jedoch nicht, möglichst viel und überausführlich zu schreiben, sondern sich auf das Wesentliche zu reduzieren. Juristisch relevant ist sind »ZDF«: Zahlen, Daten und Fakten, beispielsweise Untersuchungsergebnisse, Diagnosen, Aufklärung, Einwilligung und Prozedere (siehe auch: Selow, 2016).

Achtung! Das Patientenrechtegesetzt sieht erfolgte Maßnahmen, die nicht dokumentiert wurden, automatisch als nicht durchgeführt an. Diese Regelung zur sogenannten Beweislast­umkehr kann juristisch unangenehme Folgen nach sich ziehen (§ 630h BGB). Denn im Schadenfall bedeutet es, dass nicht mehr die klagende Patientin den Ursachenzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und eingetretener Gesundheitsschädigung beweisen muss, sondern dass die beklagte Hebamme ihr korrektes Vorgehen beweisen muss.

Beim Dokumentieren ist immer daran zu denken, dass auch die Frauen (Patientinnen) Einsicht in die Dokumentation nehmen dürfen (§ 630g BGB). Von zu persönlichen Sichtweisen, Psychologisieren und akribischen Situationsbeschreibungen sollte daher besser abgesehen werden. Es ist zu bedenken: Je weitschweifender ein »Sermon« ist, desto größer sind auch die Interpretationsspielräume, insbesondere im Falle einer juristischen Auseinandersetzung. Es ist davon auszugehen, dass eine potenzielle Gegenpartei dies immer in ihrem Sinne nutzen wird (siehe auch: Almers, 2020).

Was Hebammen nun in welcher Form dokumentieren müssen, ist der Berufsordnung zu entnehmen (HebBO NRW, Anlage 1).

Klarheit durch Behandlungsvertrag

Der Zeitgeist führt zunehmend zu einer Anspruchsgesellschaft: Menschen recherchieren in Internet, informieren sich über ihre Rechte und diskutieren in Foren miteinander. So ist derzeit die Kultivierung einer Empörungskultur zu beobachten. Aus den vielfältigen medialen Möglichkeiten erwachsen auch Vorstellungen zur Hebammenarbeit, denen Hebammen möglicherweise weder entsprechen können noch wollen.

Welche Leistungen ich anbiete, in welcher Form ich erreichbar bin und zur Verfügung stehe, sollte dringend gleich zu Anfang der Betreuungsbeziehung kommuniziert werden. Denn im Sozialgesetzbuch wird explizit auf die Aufklärungspflicht entsprechend der Patientenrechte durch die Hebamme hingewiesen, ebenso auf die Notwendigkeit, dass ein Behandlungsvertrag zwischen den Parteien geschlossen werden muss (§ 134 Anlage 3 SGB V und §§ 630a-e BGB). Ein Behandlungsvertrag kommt dann zustande, wenn Patientin und Hebamme mit der Absicht, eine Betreuungsbeziehung (»Behandlung«) vorzunehmen, miteinander kommunizieren und sich schließlich darüber einigen.

Im SGB V ist festgelegt, dass sich die Behandlung von Krankheiten an evidenzbasierten Leitlinien orientieren soll. Das gilt auch für Hebammen. Selbstverständlich dürfen weiterhin alternative Methoden angewendet werden, sofern Konsens darüber besteht und kein nachgewiesener Schaden durch eine Methode entstehen kann. Wenn ich mich als Hebamme also umstrittener alternativer Hilfs- und Heilmethoden bediene, beispielsweise der Homöopathie und Akupunktur, sollte ich auch die Wünsche und Bedürfnisse der Frau dazu abklären.

Wird darüber ein mündlicher Konsens getroffen, sollten die Vereinbarungen zwischen Hebamme und der betreuten Frau in der Dokumentation festgehalten werden. Ob auch ein schriftlicher Betreuungsvertrag (Behandlungsvertrag) geschlossen werden sollte, ist Ansichtssache. Der Vorteil eines schriftlichen Vertrags ist es, den betreuten Frauen auch ihre Pflichten zu verdeutlichen (zum Beispiel Sprechzeiten einzuhalten, Termine rechtzeitig abzusagen und auch ihre Rechnungen zu bezahlen).

Grundsätzlich ist es für alle Beteiligten von Vorteil, sowohl rechtlich als auch emotional, wenn Klarheit darüber herrscht, was man voneinander erwarten darf (siehe auch: Jeschke, 2012; Miegel, 2018). Dafür ist es sinnvoll, einen auf die eigene Praxis angepassten Vertrag zu entwerfen. Zur Orientierung können im Internet Behandlungsverträge eingesehen werden, auch die Abrechnungszentralen für Hebammen bieten Vordrucke an (siehe: HebRech, 2023).

Diese sollten jedoch unbedingt von einer fachkundigen Person gegenlesen werden.

Körperverletzung und Gewalt

Angesichts des aktuellen Themas »Gewalt in der Geburtshilfe« kommen auch Hebammen nicht umhin, sich mit ihren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen in Hinblick auf empfundene Grenzübertritte und Körperverletzungen auseinanderzusetzen. Grundsätzlich gilt, dass alle medizinischen oder geburtshilflichen Interventionen im Sinne des Gesetzes aufklärungspflichtig und einwilligungspflichtig sind (§ 630 a-g BGB). Hier gilt immer: Nein heißt nein. Eine ursprünglich gegebene Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden.

Wer Aufklärungs- und Einwilligungspflichten ignoriert, geht unter Umständen ein Risiko ein, sich wegen Körperverletzung verantworten zu müssen (§§ 223 und 229 StGB). Die Warnung, als Hebamme mit dem Strafgesetzbuch konfrontiert werden zu können, lässt den Wert einer klaren Kommunikation, Aufklärung und Dokumentation deutlich werden.

Behandlungsfehler

Jede im Medizinwesen tätige Person kann von zivilrechtlicher und strafrechtlicher Verfolgung betroffen werden. Ein hinreichender Versicherungsschutz stellt hier die Voraussetzung dar, nicht im persönlichen und finanziellen Ruin zu landen.

Das Medizinschadensrecht ist derart komplex, dass es sich lohnt, eine ausführliche Fortbildung dazu wahrzunehmen, die möglichst gemeinsam von Jurist:innen und Hebammen gestaltet wird und die konkret zum eigenen beruflichen Kontext passt.

Eine gute Fortbildung dazu erteilt neben der Information zu allen gesetzlichen Regelungen und versicherungstechnischen Vorkehrungen auch eine psychologische und praktische Schulung, wie Hebammen weiterhin vertrauensvolle Betreuungsbeziehungen zu ihren Patientinnen eingehen und halten können. Denn entsprechend des ethischen Arbeitsauftrages und der gesetzlich erforderlichen Qualitätssicherung ist es wichtig, dass sich im Hebammenwesen eben nicht Defensivstrategien zum Nachteil von Patientinnen etablieren (siehe auch: Almer, 2017 und Diefenbacher, 2012).

Korrekte Abrechnungen

In der Abrechnung ist grundsätzlich absolute Korrektheit zu empfehlen (SGB V, Anlage 1.3, Vergütungsverzeichnis zum Vertrag nach § 134a).

Um sich von keiner Seite angreifbar zu machen, sollten Hebammen keinerlei Abmachungen mit den Frauen zu Lasten der Kassen aushandeln, beispielsweise weil der reale Arbeitsaufwand für überlange Besuche zu schlecht bezahlt würde. Das ist Abrechnungsbetrug.

Legal besteht hier die Möglichkeit, mit den Frauen Zusatzvereinbarungen zu treffen entsprechend der sogenannten IGEL-Leistungen der Ärzteschaft. Hier sind klassischerweise die Rufbereitschaftspauschalen sowie diejenigen Kurse anzuführen, die nicht unter die Rubrik Geburtsvorbereitung und Rückbildung fallen. Auch geburtsvorbereitende Akupunktur und spezielle Massagen, die außerhalb von Vorsorge und Hilfe bei Beschwerden geleistet werden, können privat berechnet werden. Die privaten Leistungen, die über den Rahmen des gesetzlichen Leistungsumfangs hinausgehen, können dann in Rechnung gestellt werden, wenn die Frauen zuvor darüber informiert wurden und zugestimmt haben. Hier sollten sich Hebamme an den Vorgaben der privaten Abrechnungstarife orientieren.

Für viele Kolleginnen hat es sich finanziell bewährt, Schulungen zu besuchen, um das gesamte Spektrum legaler Abrechnungsmöglichkeiten ausschöpfen zu können. Was ein Fehlverhalten für Folgen hat und beispielhafte Urteile können unter dem Suchbegriff »Abrechnungsbetrug Hebamme« in offenen Jura-Foren und anderen Pressebeiträgen nachgelesen werden (siehe auch: Diefenbacher, 2017 und Urteile des VG Göttingen 2015, Niedersächsisches OVG 2008, 2014, sowie Pressebeitrag des MDR, 2022).

Versicherungen

Hebammen können unabhängig von einer Verbandszugehörigkeit einen Vertrag mit dem GKV-Spitzenverband schließen oder ein Institutionskennzeichen (ARGE·IK) erwerben, um ihre Leistungen mit den Krankenkassen abzurechnen (siehe Tabelle). Die Berufsordnung schreibt vor, dass eine Berufshaftpflichtversicherung für freiberufliche Hebammen auch ohne Geburtshilfe verpflichtend ist (§9 HebBO NRW). Eine Verbandsmitgliedschaft ist keine Voraussetzung für einen Versicherungsschutz. Auf dem freien Markt finden sich Versicherer, die eine Berufshaftpflicht anbieten. Der Abschluss eines solchen Versicherungsvertrags gestaltet sich unter Umständen komplizierter oder kostspieliger.

Der deutsche Hebammenverband (DHV) bietet seinen Mitgliedern in der Regel die Möglichkeit, einem Gruppenvertrag beizutreten. Der Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD) stellt seinen Mitgliedern dementsprechende Kontakte zur Verfügung (siehe auch Knobloch Seite 8 ff., DHV, 2023; BfHD, 2023).

Die Haftpflichtversicherung allein reicht aber unter Umständen nicht aus, um das Sicherheitsbedürfnis zu stillen. Hier gilt es, individuelle Bedarfe zu ermitteln, wie: Haftpflicht, Rechtsschutz (Zivil- und Strafrechtsschutz), Umfang des Krankenversicherungsschutzes, Berufs-/Arbeitsunfähigkeitsversicherung. Kaum ein Markt erscheint so undurchsichtig wie das Versicherungswesen. Hebammen sollten unabhängige kompetente Beratung einholen, auch weil die Kosten oft nicht in guter Relation zum Einkommen stehen. Es gilt zu bedenken: Versicherer sind keine »Freunde« oder »Partner«, sondern rein wirtschaftlich orientierte Unternehmen.

Resümee

Der Gesetzgeber hat das Hebammenwesen umfassend geregelt. Zuweilen jedoch kann der Eindruck entstehen, dass manche Hebammen dazu neigen, die eigenen Pflichten so übereifrig zu interpretieren, dass sie sich das Leben vielleicht schwerer machen als nötig: Zur eigenen beruflichen Sicherheit gilt es zuvörderst, den gesetzlichen Mindeststandard zu erfüllen. Gelegentlich wird der Standard des Gesetzgebers allerdings von persönlichen Sichtweisen und Ideen über Qualitätsstandards derartig »ergänzt«, dass unklar wird, was nun wirklich getan werden muss und was darüber hinaus zur Optimierung der Arbeit freiwillig noch geleistet werden kann. Hebammen sollten kritisch hinterfragen, woher und von wem eine Information stammt und welche Intentionen dahinter verborgen sein könnten, zum Beispiel wirtschaftliche oder berufspolitische Interessen.

Laien, die sich mit Gesetzestexten auseinandersetzen, interpretieren nicht selten anders als studierte Jurist:innen. Dennoch lohnt es sich, den genauen Wortlaut nachzulesen, um sich von Fantasien zu entlasten und mehr Klarheit über die tatsächlichen gesetzlichen Pflichten zu gewinnen.

Im Falle ernsthafter juristischer Auseinandersetzungen kommt niemand im medizinischen Sektor umhin, anwaltliche Vertretung wahrzunehmen, da die Rechtsprechung kompliziert und komplex ist. Gesetze und ihre Forderungen und Formulierungen sind nicht immer perfekt, denn auch sie unterliegen menschlichem Irrtum. Genau wie bei wissenschaftlichen Standards sind hier Wandel und Anpassung erforderlich. Das ist dann allerdings die Aufgabe der Politik.

Tabelle
Eine ausführliche Tabelle der relevanten Quellen und Gesetzestexte für die Hebammenarbeit steht zum Download bereit.
Zitiervorlage
Wagener, F. (2023). Im Dschungel der Bürokratie. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 75 (5), 42–48.
Links
VG Göttingen. Urteil vom 29.04.2015 – 1 A 43/14 [online] https://openjur.de/u/771899.html

Niedersächsisches OVG. Beschluss vom 04.03.2014 – 8 LA 138/13 https://openjur.de/u/680997.html

Niedersächsisches OVG. Beschluss vom 02.09.2008 – 8 ME 53/08 https://openjur.de/u/323078.html

Literatur
Almer, S. (2017). Der Juristische Notfallkoffer für Hebammen. Die Hebamme, 30: 270–274, DOI: 10.1055/s-0043-112661. https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0043-112661

Almer, S. (2020). Korrekt und wasserdicht. Deutsche Hebammenzeitung (DHZ), Nr. 4 [online] https://www.dhz-online.de/no_cache/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-abo/artikel/korrekt-und-wasserdicht/

Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD). (2023). Service für Mitglieder. https://bfhd.de/hebammen/service-fuer-mitglieder

Diefenbacher, M. (2012). Haftung und Risiken für Hebammen. Deutsche Hebammen Zeitschrift (DHZ), Nr. 11. https://www.dhz-online.de/no_cache/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-abo/artikel/haftung-und-risiken-fuer-hebammen/

Diefenbacher, M. (2012). Bis zum Beweis des Gegenteils. Deutsche Hebammen Zeitschrift (DHZ), Nr.12 [online] https://www.dhz-online.de/no_cache/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-abo/artikel/bis-zum-beweis-des-gegenteils/

Diefenbacher, M. (2017). Aktuelles im Strafrecht – relevant für Hebammen. Die Hebamme, 30: 56–58, DOI: 10.1055/s-0042-122470. https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0042-122470

Diefenbacher, M. et al. (2017). Praxisratgeber Recht für Hebammen. 2. vollständig überarbeitete Auflage. Verlag Thieme. https://shop.thieme.de/Praxisratgeber-Recht-fuer-Hebammen/9783132194816

Diefenbacher, M. (2020). Patientenaufklärung in der Hebammenarbeit. Die Hebamme, 33: 54–61, DOI: 10.1055/a-1110-2851. https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-1110-2851

Deutscher Hebammenverband (DHV). (2023). Das bietet der Hebammenverband seinen Mitgliedern – Gruppenhaftpflicht [online] https://www.hebammenverband.de/verband/mitglied-werden/vorteile-einer-mitgliedschaft/

HebRech online. (2023).Formulare/Vorlagen für Versichertenbestätigung drucken. https://onlinehilfe.hebrech.de/entries/rechnungsteil/formulare-drucken.html

MDR Sachsen-Anhalt. (2022). Bei der Abrechnung geschummelt? Betrug: Freiberufliche Hebamme in Halle vor Gericht. 9. Nov. 2022. https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/halle/prozess-betrug-hebamme-100.html

Miegel, A. (2018). Der Behandlungsvertrag für Hebammen im Sinne des § 630b BGB. Die Hebamme; 31: 96–101, DOI: 10.1055/a-0589-4514. https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0589-4514?lang=de

Jeschke, K. (2012). Aufklärung und Einwilligung Entscheidungen bewusst machen. Deutsche Hebammen Zeitschrift (DHZ), Nr. 1. https://www.dhz-online.de/no_cache/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-abo/artikel/entscheidungen-bewusst-machen/

Selow, M (2016) Praxisgerecht dokumentieren. Deutsche Hebammen Zeitschrift (DHZ), Nr.11. https://www.dhz-online.de/no_cache/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-abo/artikel/praxisgerecht-dokumentieren/

Teuerle, S. (2012). Rubrik aus den Ländern. NRW, HF 12/12: Erste gerichtliche Auseinandersetzung mit der Fortbildungspflicht für Hebammen – Richter gibt Hebamme Recht. https://www.hebammen-nrw.de/cms/fileadmin/redaktion/Aktuelles/pdf/HF_12_12__NRW-1.pdf

Wagener, F. (2018). Gutachten auf gut Glück. Deutsche Hebammen Zeitschrift (DHZ), Nr.7. https://www.dhz-online.de/no_cache/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-abo/artikel/gutachten-auf-gut-glueck/

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