Durch das Babyheilbad wird der natürliche Geburtsverlauf und Bindungsprozess simuliert oder ein Ersatz für eine nicht stattgefundene Bindung geboten. Abbildungen: © Brigitte Meissner

Ein zärtliches Bad für Mutter und Baby kann den natürlichen Bindungsprozess gleichsam nachholen, wenn Interventionen und frühe Trennung das erste Bonding verhindert oder gestört haben. Es stärkt das Urvertrauen und tröstet Mutter und Kind. 

Ein zärtliches Baderitual gibt dem Baby durch Körperkontakt mit der Mutter die Möglichkeit, belastende Geburts­prägungen etwas aufzulösen oder sogar ganz zu heilen. Dafür muss es mehrmals durchgeführt werden.

Wir wiederholen durch das Babyheilbad den natürlichen Geburtsverlauf und Bindungsprozess oder geben einen Ersatz für etwas, das eventuell nicht stattfinden konnte. Dadurch ergibt sich ein neuer Anfang, diesmal auf sanfte, ruhige Art und ohne Trennung. Dieses Mutter-Kind-Heilbad schenkt dem Kind die Geburt und/oder die Geborgenheit neu. Damit erhält es eine tiefe positive Unterstützung und Prägung für das Urvertrauen. Der Mutter schenkt es die Hinbewegung zum Kind auch noch einmal neu. Gerade dieses Nachholen ist nach sehr belastenden Geburtserlebnissen oder sofortigen Trennungen besonders wichtig.

Falls in der Klinik viel zu tun ist oder Hektik herrscht, kann das Babyheilbad auch noch an den Folgetagen der Geburt oder in der Nachsorge einige Zeit später gemacht werden.

Das Babyheilbad kann sogar Wochen oder Monate später durchgeführt werden – das tut der Wirksamkeit dieses heilsamen Rituals keinen Abbruch. Wichtig ist, die Mütter unbedingt auf die notwendige mehrmalige Durchführung hinzuweisen. Erst durch das mehrmalige Erlebnis des Oxytocin-geladenen Nachkuschelns können das Hirn und der Körper des Kindes allen vorher erlebten Stress kontinuierlich abbauen.

Anleitung für die Hebamme

  • Schaffen Sie eine möglichst angenehme und geschützte Atmosphäre. Es soll auch Raum und Zeit für Gefühle da sein, die bei Mutter und Kind aufkommen können.
  • Die junge Mutter liegt mit nacktem Oberkörper im Bett, zugedeckt mit einem großen, kuscheligen Badetuch. Nun baden Sie oder der Kindsvater das Baby einige Minuten, am besten in einer kleinen Wanne oder im Baby-Eimer gleich neben dem Bett. Danach klappt die Mutter im letzten Moment das wärmende Tuch im Brustbereich um, damit das Baby auf die nackte Brust gelegt werden kann.
  • Anschließend wird das Baby nass und nackt im direkten Hautkontakt auf den bloßen Oberkörper der Mutter gelegt und beide werden mit dem flauschigen Badetuch zugedeckt. Das Baby wird also nach dem Bad nicht abgetrocknet. Es soll so sein wie bei einer schönen, ruhigen Spontangeburt. Schnell eine kleine Windel zwischen die Beine zu legen stört nicht. Wir schenken durch dieses Ritual dem Kind die Geburt und die (Ver-) Bindung mit der Mutter neu. Der Mutter kann es manchmal helfen, sich mit der Geburt etwas zu versöhnen.
  • Lassen Sie die zwei nun miteinander kuscheln, der Vater kann sich auch dazulegen. Falls das Kind gestillt werden will, unterstützen Sie die Mutter beim Anlegen. Kinder zeigen beim Babyheilbad oft ein vermehrtes Saugbedürfnis, weil dadurch tiefe Ur­instinkte berührt werden. Diese sollen dabei unbedingt erfüllt und befriedigt werden.
  • Einige Kinder werden auf der Brust der Mutter nach einer Weile sehr unruhig oder beruhigen sich einfach nicht, weil sie schlicht und einfach unbequem liegen und gerne nah am Herzen der Mutter stillen möchten. Dafür helfen wir der Mutter, sich mit dem Baby auf die Seite zu drehen.
  • Wenn eine Mutter nicht oder nicht mehr stillen kann, legen wir ein vorgewärmtes Fläschchen unter dem Kissen für das Baby bereit. Auch hier am liebsten in Seitenlage, damit das Kind am Herzen der Mutter trinken kann.
  • Ein Rebonding und der Beginn des Heilprozesses für Körper und Seele für das Baby und seine Mutter können nun erfolgen. Wenn das Kind weint, hören wir zu, wie es »erzählt«. Wenn die Mutter weint, legen wir einen Moment lang die Hand auf ihre Schulter, unterstützen sie, aber lassen den Heilungsprozess zu. Wenig Worte – viel Herz.
  • Badezusätze: 4 Tropfen Bachblüten Notfalltropfen (Schockhilfe, Übergang) wirken auf der Herzensebene und helfen, emotionale Verletzungen zu heilen. Das Babyheilbad wirkt aber auch ohne Zusätze!

Von Vorteil ist, das Heilbad mindestens vier- bis fünfmal zu wiederholen. Wenn eine Frau es kennengelernt hat, kann sie es – auch häufiger – zu Hause selbst durchführen. Sie sollte es etwa im wöchentlichen Abstand wiederholen.

Erfahrungen zeigen, dass viele Babys die ersten zwei Male vermehrt weinen: Sie »erzählen« ihre Geschichte und sie wollen gehört werden. Dann genießen sie das heilsame Kuscheln mit der Mutter jedes Mal etwas entspannter. Mit dem Heilbad und dem anschließenden »Ankommen« bei der Mutter wird auch ihr Urvertrauen und damit ihre Fähigkeit zu entspannen gestärkt. Manche Stillprobleme lösen sich auf. Manche Kinder, die sich scheinbar »untalentiert« und offensichtlich »verwirrt« beim Saugen anstellten, können es plötzlich sehr gut!

Sinn und Wirkungsweise des Heilbades

Das Badewasser weckt die Erinnerung ans »Floating«, also an das schwerelose vorgeburtliche Sein und Schweben im Fruchtwasser.

Das Erleben des nackten und nassen Hautkontakts berührt sowohl Urinstinkte als auch Urbedürfnisse. Dabei werden die ersteren aktiviert und letztere erfüllt, so ergibt sich ein gestärktes Urvertrauen. Das Kind fasst Vertrauen, dass seine Bedürfnisse jetzt gestillt werden. Deshalb tritt sehr häufig eine emotionale Beruhigung ein. Die neuen, zärtlichen und positiven Prägungen überwiegen mit der Zeit, wenn das Baderitual öfter wiederholt wird.

Den weichen, warmen und nackten, wenn möglich auch noch nassen kleinen Körper ihres Babys auf ihrer Haut zu spüren, verbindet die Frau mit tiefsten Instinkten der Mütterlichkeit. Denn bei der natürlichen Vaginalgeburt nimmt die Frau ihr Baby wegen des Fruchtwassers auch nass in die Arme.

Wir Hebammen machen der Mutter oder dem Paar klar, dass gerade die mehrmalige Durchführung dieses zärtlichen Bindungsbades sehr wichtig ist, üben dabei aber keinen angsterzeugenden Druck aus. Auch raten wir, bei Stress oder Krankheit in der Familie das Bad lieber zu verschieben. Es bringt wenig, wenn eine Mutter gestresst »noch schnell« das Babyheilbad durchführt.

Weil es primär um die Heilung belastender Geburts- und Schwangerschaftserlebnisse geht, wird das Heilbad nur mit dem Baby und der Mutter durchgeführt. Der Vater darf natürlich immer als wichtiger Begleiter dabei sein und soll ermutigt werden, viele Stunden mit seinem Kind zu kuscheln und die Bindung zu stärken. Das Babyheilbad wird nur dann mit dem Vater durchgeführt, wenn es zum Ausfall der Mutter kam (schwere Krankheit, Intensivstation, Tod). Bei Adoptivkindern wird das Babyheilbad mit beiden Eltern gemacht.


Hinweis: Laden Sie gerne das Merkblatt zur Durchführung des Babyheilbades für Mütter/Eltern von der Website > www.herzensfaden.com herunter. Kopieren Sie es und geben Sie es weiter. Dadurch fällt es Eltern oft leichter, das heilende Bad wirklich mehrfach zu wiederholen, weil sie es noch schriftlich vor sich haben.


Zitiervorlage
Meissner, B. R. (2021). Das Babyheilbad: Wenig Worte – viel Herz. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 73 (12), 52–54.
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