Vorbereitung ist die halbe Miete: Antizipiere und plane im Voraus!
Falls eine hebammengeleitete Geburt geplant ist, sollte im Team und mit den Eltern besprochen werden, wie die Versorgung eines anpassungsgestörten Neugeborenen ablaufen würde, welche Eskalations- und Alarmierungsstufen dazu gehören würden. Ein Neugeborenen-Beatmungsbeutel mit entsprechender Gesichtsmaske, eine Absaugmöglichkeit sowie trockene und warme Tücher sind auch bei Hausgeburten oder im Geburtshaus Minimalanforderungen.
Auch in der Klinik trägt der Equipmentcheck bei jedem Dienstantritt wesentlich dazu bei, dass eine fachgerechte Neugeborenenversorgung gelingen kann. Die Zuständigkeit dafür muss klar geregelt sein. Im Notfall müssen alle MitarbeiterInnen in einer Notfallsituation sofort adäquat handeln können.
Im Fall einer Risikosituation sollte vor der Geburt kurz der Ablauf einer Versorgung des möglicherweise anpassungsgestörten Neugeborenen mit den Eltern besprochen werden. Denn für unvorbereitete Eltern wäre es ein Schock, wenn ihr Kind für die Reanimation unmittelbar in einen Nebenraum gebracht werden muss.
Ziehe frühzeitig Hilfe hinzu!
Allgemein ist es unabdingbar, frühzeitig emotional unbelastete Fachleute hinzuziehen. Vor der Geburt sollte der erhebliche, umgebungsbedingt schwankende Zeitverlust geklärt werden, bis Hilfe eintreffen kann. Davon abhängig unterscheiden sich die diversen Alarmierungsstufen.
Alles in trockenen Tüchern?
Nur wenige Neugeborene brauchen nach der Geburt unterstützende Maßnahmen (Wyllie et al. 2015). Alle Neugeborenen benötigen aber Wärme. Zugluft, kalte Unterlagen oder eine niedrige Raumtemperatur und Wärmeverlust durch Verdunstung sind im gesamten Verlauf der Versorgung zu vermeiden. Der mit dem initialen Abtrocknen einhergehende Stimulus kann zur Anpassung nach der Geburt beitragen. Oft setzt dadurch eine adäquate Spontanatmung ein.
Welche Kinder brauchen nun weitere Unterstützung?
Schreiende Kinder mit gutem Muskeltonus haben in der Regel eine Herzfrequenz von >100/min und bedürfen keiner besonderen Unterstützung. Kinder mit insuffizienter Eigenatmung und/oder einer Herzfrequenz unter 100/min sowie offensichtlich avitale Neugeborene ohne Muskeltonus und Spontanatmung brauchen in der ersten Lebensminute Unterstützung (Wyllie et al. 2015). Die Ableitung eines EKG ist dabei der sicherste Weg, um die Herzfrequenz zu bestimmen. Die Palpation der kindlichen Pulse ist am unsichersten. Im außerklinischen Setting kann die Herzfrequenz auch postnatal einfach und schnell über das Dopton ermittelt werden.
Es kommt auf die Minute an!
Um eine sofortige Versorgung zu gewährleisten, muss die Geburtszeit unbedingt notiert werden. Dafür ist eine Stoppuhr zu empfehlen, zum Beispiel eine Apgar-Uhr oder das Handy.
Spätestens jetzt – und fortan immer wieder – fragt sich, ob genügend qualifiziertes Personal und entsprechendes Equipment für eine adäquate Behandlung vorhanden ist. Das gilt besonders für die begrenzten personellen Ressourcen bei außerklinischen Geburten.
Effektive Beatmung ist der Schlüssel zum Erfolg – kurz: Luft muss ins Kind!
Braucht ein Neugeborenes nun Unterstützung, dann benötigt es Luft in die Lunge! Die effektive Beatmung ist der Schlüssel zum Erfolg. Ein Absaugen ist nicht obligat, kann bei offensichtlichen Sekretionen im Mund-Rachen-Raum jedoch erwogen werden. Dann gilt es, rasch den Mundraum abzusaugen, danach eventuell auch kurz die Nase. Durch Absaugmanöver darf jedoch die Beatmung nicht unnötig verzögert werden. Dies gilt auch bei Verdacht auf Mekoniumaspiration.
Die initiale Beatmung erfolgt mit Raumluft (21 % O2). Die ersten fünf Beatmungshübe haben eine Inspirationszeit von 2 – 3 Sek. Zur Beatmung eignen sich Masken-Beutel-Systeme und einfache T-Stück-Beatmungssysteme. Die exakte Kenntnis des verwendeten Systems und ein sicherer Umgang in der Anwendung sind unentbehrlich. Sauerstoffvorlage allein ist keine Beatmung!
Sind mehrere HelferInnen an der Reanimation eines Neugeborenen beteiligt, sollte eine Person einzig und allein die Aufgabe haben, Atemweg und Beatmung zu überwachen!
Unter adäquater Beatmung sollte die Herzfrequenz des Neugeborenen rasch ansteigen. Steigt sie nicht über 100/min, muss die Effektivität der Beatmung angezweifelt und alles unternommen werden, um sie zu steigern. Sind keine Thoraxexkursionen sichtbar, sind unmittelbar eine Fehlpositionierung des Kopfes, eine Maskenundichtigkeit oder eine unerwartete erheblichere Sekretverlegung zu beheben. Der Beatmungsdruck kann angehoben werden. Nur, wenn unter optimierten Bedingungen und weiteren fünf Beatmungen unter Nachweis von Thoraxexkursionen als Zeichen der effektiven Beatmung kein Anstieg der Herzfrequenz über 60/min zu verzeichnen ist, werden Thoraxkompressionen im Verhältnis 1:3 (Beatmung/Kompressionen) empfohlen.
Aus pragmatischen Gründen kann hierfür die zugeführte Sauerstoffkonzentration auf 100 % angehoben werden. Unter effektiver Ventilation ist eine Herzdruckmassage bei Neugeborenen selten notwendig!
Übung macht den Meister: Training für alle beteiligten Berufsgruppen!
Die Leitlinien fordern, dass die ersten Schritte der Unterstützung bis zur Wiederbeurteilung der Beatmungseffektivität in den ersten 60 Sek. nach der Geburt erfolgen. Das kann nur mit regelmäßigem praktischem Training gelingen. Ideal ist das Training in realistischen Teams.
Der Wärmeerhalt des Neugeborenen kann nicht genug betont werden.
Egal, wie viel Unterstützung das Kind am Ende erfährt, können die begleitenden Maßnahmen zum Temperaturerhalt nicht genug betont werden. Die optimale Körpertemperatur des Neugeborenen liegt zwischen 36,5° und 37,5° C. Die rektale Messung mit einem digitalen Fieberthermometer ist einfach und kostengünstig.