Vorweg sei angemerkt, dass der Beitrag keine abschließende juristische Bewertung des konkreten Falles vornimmt, weil es den Autorinnen unmöglich ist, den geschilderten Sachverhalt zu überprüfen. Weder soll das Erlebte einer Betroffenen angezweifelt, noch kann eine objektive Wahrheit erzeugt werden. Vielmehr wird die Vielfalt der rechtlichen Aspekte im Überblick aufgezeigt.
Strafrechtliche Einordnung
Bei einem tätlichen Angriff durch Würgen wird aus strafrechtlicher Sicht eine körperliche Misshandlung und damit eine Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) begangen. Es handelt sich um ein sogenanntes Antragsdelikt, das bedeutet, dass die Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich nur die Ermittlungen aufnehmen, wenn eine antragsberechtigte Person – in der Regel die geschädigte Person selbst – einen förmlichen Strafantrag gestellt hat. Zugleich ist die Körperverletzung ein Privatklagedelikt. Das heißt, dass die Staatsanwaltschaft gemäß § 376 Strafprozessordnung (StPO) keine öffentliche Klage erhebt, wenn sie der Ansicht ist, dass es an einem öffentlichen Interesse für die Strafverfolgung fehlt. Hintergrund ist, dass Strafverfolgungsbehörden und Gerichte nicht mit privaten Streitigkeiten belastet werden sollen (Wenske in: Löwe/Rosenberg, StPO, Vorbem. § 374 Randnummer/Rn. 4).
Die Staatsanwaltschaft bejaht das öffentliche Interesse nach den internen Leitlinien der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV/Nr. 86 Abs. 2, Nr. 234 Abs. 1 S. 1) im Regelfall, wenn der Rechtsfrieden über den Rechtskreis der verletzten Person hinaus gestört und die Strafverfolgung ein Anliegen der Allgemeinheit ist. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung, die alle Tatumstände, Umstände zur beschuldigten Person und ihre Beziehung zum Opfer umfasst (Daimagüler in: Münchener Kommentar zur StPO/MüKoStPO, StPO, § 376 Rn. 2).
Beachtlich können auch erhebliche Folgen der Tat sein. Im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit wird ein öffentliches Interesse angenommen, wenn gegen eine Berufspflicht verstoßen wird, etwa ein besonders grober Behandlungsfehler begangen wird (Engländer in: Matt/Renzikowski, StGB, § 230 Rn. 2; a. A. Ulsenheimer & Gaede, § 340 StGB Rn. 615). Wenn man in dem vorliegenden Fall nicht schon eine – angesichts der langandauernden psychischen beziehungsweise psychosomatischen Folgen jedenfalls nicht fernliegende – Erheblichkeit annehmen mag, so dürfte ein Verstoß gegen berufliche Pflichten vorliegen. Nach § 1 Abs. 1 Bundesärzteordnung (BÄO) dient der »Arzt […] der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes.« Dies betrifft zwar in erster Linie die berufsethische Verpflichtung gegenüber den Patient:innen (Schelling in: Spickhoff, BÄO, § 1 Rn. 3). Ein tätlicher Angriff, unerheblich gegen wen er gerichtet ist, ist aber bei Ausübung des ärztlichen Berufes mit dem Berufsethos des Gesundheitsschutzes schwer vereinbar (siehe unten). Damit wird, anders als es in der den Autorinnen vorliegenden Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft heißt, der Rechtsfrieden über den Lebensbereich der Verletzten hinaus gestört.
Dies dürfte den Charakter einer privaten Streitigkeit, die die Grenzen des sozialen Nahbereichs der Beteiligten nicht verlässt, überlagern – anders sah dies wiederum die Staatsanwaltschaft. Hier ist fraglich, ob die Staatsanwaltschaft sich nicht mit den Folgen für die Gesundheit der Betroffenen befasst hat oder der behandelnden Ärztin – wie oftmals in der Berufsgruppe (Lilie & Orben, Zeitschrift für Rechtspolitik/ZRP 2002, 154, 158) – die Öffentlichkeit des Strafverfahrens ersparen wollte.
Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft über die Einstellung mangels öffentlichen Interesses ist gemäß § 172 Abs. 2 S. 3 StPO nicht anfechtbar und kann nicht im Wege des Klageerzwingungsverfahrens durchgesetzt werden. Dies lässt sich aus Gründen des Opferschutzes kritisieren (Werner, NStZ 1984, 401 ff.), wird allerdings als Teil des Opportunitätsprinzips, der Entscheidungsfreiheit der Staatsanwaltschaft vor allem unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten, im Strafverfahren in Grenzen (hierzu Bundesverfassungsgericht/BVerfG, 15.1.2020 Az. 2 BvR 1763/16) als zulässig angesehen (Schmitt in: Meyer-Goßner, § 376 StPO Rn. 6). Dann bleibt Betroffenen nur der Weg über die kostenpflichtige Privatklage und unter engen Voraussetzungen die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Berufsrechtliche Aspekte
Das Verhalten der Ärztin ist auch berufsrechtlich relevant. Nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften der BÄO ist die Approbation davon abhängig, dass Ärzt:innen sich keines Verhaltens schuldig machen, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit der Person zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt. Andernfalls wäre die Approbation zu entziehen (vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 BÄO). Zuständig für die Erteilung und Entziehung der Approbation sind die jeweils im Landesrecht festgelegten Behörden.
In einem Fall wie dem vorliegenden bestünde jedenfalls die Möglichkeit, die Zulassungsbehörde von dem Vorfall in Kenntnis zu setzen und um eine Prüfung zu bitten. Grundsätzlich können Körperverletzungsdelikte als Straftaten die Unwürdigkeit einer Person zur Ausübung des ärztlichen Berufs begründen. Hier werden wegen des mit einer Entziehung der Approbation einhergehenden Eingriffs in die durch Artikel 12 Grundgesetz (GG) grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit allerdings zu Recht hohe Anforderungen gestellt.
Ob eine möglicherweise im Affekt begangene Körperverletzung ausreicht, um eine Entziehung der Approbation zu begründen, darf bezweifelt werden. Dies zu entscheiden, ist Sache der zuständigen Behörde.
Allerdings ist der ärztliche Beruf als freier Beruf nicht nur durch die Bundesärzteordnung gesetzlich reglementiert, sondern auch durch die Heilberufe- und Heilberufekammergesetze der Länder und die Berufsordnungen, die die Ärztekammern auf Landesebene als Satzungsrecht erlassen. Im Detail variieren diese Berufsordnungen, sie orientieren sich aber alle mehr oder weniger stark an der Musterberufsordnung für Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä), die zur Wahrung einer gewissen Einheitlichkeit als Orientierungshilfe von der Bundesärztekammer beschlossen worden ist. Rechtsverbindlich ist für eine:n Arzt:Ärztin die Berufsordnung der Landesärztekammer, in der er oder sie jeweils Mitglied ist.
Nach § 1 Abs. 1 M-BOÄ ist es »Aufgabe der Ärztinnen und Ärzte […], das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken.« Eingriffe zu Heilzwecken und mit palliativem Ziel mit (mutmaßlicher) Einwilligung der Betroffenen sind davon freilich nicht erfasst. Die Berufsordnungen verbieten Körperverletzungen zum Nachteil anderer Personen.
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 MBO-Ä gehört es zu den allgemeinen Berufspflichten der Ärztinnen und Ärzte ihren Beruf nach ihrem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit auszuüben (ähnlich lautet z.B. § 17 Bayerisches Heilberufe-Kammergesetz/BayHKaG: »Die Ärzte sind verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen«). Diese unbestimmten Rechtsbegriffe sind unter anderem im Licht der Präambel der MBO-Ä auszulegen. Dort heißt es, dass die Berufsordnung unter anderem dazu diene, »das Ansehen des Arztberufes zu wahren« sowie »berufswürdiges Verhalten zu fördern und berufsunwürdiges Verhalten zu verhindern.«
Den Ärztekammern obliegt die Prüfung etwaiger Verstöße gegen das Berufsrecht. Und die Heilberufe- bzw. Heilberufekammergesetze der Länder sehen abgestufte Disziplinarverfahren vor, zum Beispiel Vermittlungs-, Rüge- sowie berufsgerichtliche Verfahren (z.B. §§ 36a ff. und 66 ff. BayHKaG), in denen das Verhalten überprüft werden kann. Insofern wäre in einem Fall wie dem vorliegenden auch eine Anzeige bei der zuständigen Landesärztekammer eine mögliche und sinnvolle Reaktionsmöglichkeit.
Arbeitsrechtliche Aspekte
Das Arbeitsverhältnis bietet den wesentlichen rechtlichen Rahmen von Konflikten am Arbeitsplatz. Wichtig ist zu berücksichtigen, dass Vertragsbeziehungen grundsätzlich zwischen den Parteien bestehen und so gegenseitige Rechte und Pflichten auslösen. Das führt dazu, dass alle Vertragsverhältnisse zunächst unabhängig voneinander zu betrachten sind. Im Folgenden ist also zu differenzieren zwischen dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Krankenhausträger und der Ärztin einerseits und demjenigen zwischen dem Krankenhausträger und der Hebamme andererseits.
Vertragliche Rechte und Pflichten
Der Krankenhausträger trägt die Organisationsverantwortung für die Arbeitsabläufe im Krankenhaus. Auf der Grundlage des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts sind Arbeitgebende berechtigt, die Rahmenbedingungen der Arbeitsleistung aller Beschäftigten zu bestimmen. Er kann die arbeitsvertraglichen Weisungsrechte (s. auch §§ 611a Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch/BGB und § 106 Gewerbeordnung/GewO) auf unterschiedliche Personen übertragen und bestimmen, wie die Zusammenarbeit im Krankenhaus zu gestalten ist.
Im Krankenhaus besteht die Besonderheit, dass bei der interprofessionellen Zusammenarbeit die unterschiedlichen berufsrechtlichen Regelungen zu beachten sind. Hierzu gehört auch die Pflicht von Ärzt:innen, dafür zu sorgen, dass eine Hebamme zu jeder Geburt hinzugezogen wird (§ 4 Abs. 3 Hebammengesetz/HebG). Deshalb wird in der einschlägigen S3-Leitlinie für die vaginale Geburt am Termin konstatiert, dass Hebammen während der Geburt die primären Ansprechpartner:innen sind (Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. & Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft, 2020, S. 8). Beachtlich sind auch die eingeschränkten Weisungsmöglichkeiten gemäß § 2 Abs. 4 M-BOÄ gegenüber Ärzt:innen hinsichtlich ärztlicher Entscheidungen.
Arbeitsverhältnis der Ärztin
Eine Bedrohung (»Ich bring` Dich um«) und ein tätlicher Angriff auf eine Kollegin (Würgen) können arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zu den Vertragspflichten gehören nämlich nicht nur die Erbringung der vereinbarten ärztlichen Leistungen, sondern auch Rücksichtnahmepflichten, insbesondere auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Vertragspartei (vgl. § 241 Abs. 2 BGB). Dazu gehört auch, Handlungen zu unterlassen, die anderen Arbeitnehmer:innen der Arbeitgeberin schaden (Vossen in: Ascheid et. al., Kündigungsschutzgesetz/KSchG, § 1 Rn. 302).
Je nach den Umständen des Einzelfalls können sie zu einer Abmahnung, einer ordentlichen, das heißt fristgerechten oder sogar außerordentlichen, fristlosen Kündigung führen (siehe im Einzelnen: Vossen in: Ascheid et. al., BGB, § 626 Rn. 270 ff). Die Reaktion auf einen solchen Pflichtverstoß steht grundsätzlich im Ermessen von Arbeitgebenden. Wenn die Arbeitgeberseite bereit ist, solches Fehlverhalten zu dulden, besteht in der Perspektive der vertraglichen Zweierbeziehung grundsätzlich keine Pflicht, Konsequenzen zu ergreifen. Daran kann sich allerdings in Fällen wie dem vorliegenden etwas ändern, wenn andere Arbeitnehmer:innen betroffen sind.
Arbeitsverhältnis der Hebamme
Für das Arbeitsverhältnis der Hebamme gilt, dass den Krankenhausträger Fürsorge- und Rücksichtnahmepflichten (vgl. § 241 Abs. 2 BGB) ihr gegenüber treffen. Grundsätzlich ist ein:e Arbeitgeber:in verpflichtet, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um Gefahren für Rechtsgüter der Arbeitnehmer:innen abzuwenden und Risiken von Schädigungen zu minimieren. Dazu gehören allen voran die Pflichten zur Vermeidung tätigkeitsbezogener Gesundheitsgefährdungen und Risiken, aber auch Angriffe und Belästigungen durch andere Arbeitnehmer:innen oder Dritte (beispielsweise Patient:innen oder Kund:innen).
Im Hinblick auf Tätlichkeiten und Belästigungen besteht ein Anspruch der Arbeitnehmer:innen gegen das Krankenhaus als Arbeitgeber:in dafür zu sorgen, dass solche künftig unterbleiben. Wie Arbeitgebende dies bewerkstelligen, bleibt ihnen überlassen. Ein Rechtsanspruch auf Klärung des Konflikts besteht ebenso wenig wie ein Anspruch darauf, künftig nicht mehr mit der Ärztin zusammenarbeiten zu müssen (vgl. Bundesarbeitsgericht/BAG, Urteil vom 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, Rn. 64-79).
Interessenvertretung durch den Betriebsrat
Grundsätzlich spielt der Betriebsrat in Fällen wie dem vorliegenden eine wichtige Rolle. Er ist ein Gremium der Betriebsverfassung, das kollektive Interessen der gesamten Belegschaft vertritt, aber im Fall von Beschwerden auch einzelne Beschäftigte unterstützt. Arbeitnehmer:innen haben nach § 84 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Beschwerderecht, sie können sich an Arbeitgebende wenden, wenn sie sich von ihnen oder von Arbeitnehmer:innen des Betriebs benachteiligt, ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlen. Dabei haben die Beschäftigten das Recht, ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuzuziehen.
Alternativ können Beschäftigte sich mit einer Beschwerde auch an den Betriebsrat (§ 85 BetrVG), den Personalrat (§ 62 Bundespersonalvertretungsgesetz/BPersV) oder an die Mitarbeitervertretung diakonischer oder karitativer Einrichtungen (z.B. § 35 Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland/MVG-EKD und § 26 Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung/Rahmen-MAVO) wenden, der sie an die Arbeitgeberseite weiterleiten muss, wenn er sie für berechtigt hält.
Unfallversicherungsrechtliche Einordnung
In einem Fall wie dem hier besprochenen können auch die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung (z.B. Berufsgenossenschaften und Landesunfallkassen) eine wichtige Rolle spielen. Sie sind nicht nur für Leistungsansprüche der versicherten Beschäftigten zuständig, sondern beraten und unterstützen auch die Unternehmen in Fragen der Vermeidung von und im Umgang mit Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Kommt es zu einem Arbeitsunfall, bestehen Ansprüche auf Leistungen wie Krankenbehandlung, psychotherapeutische Behandlung oder berufliche Rehabilitationsleistungen.
Ein solcher Arbeitsunfall dürfte in einem Fall wie dem vorliegenden anzunehmen sein. Arbeitsunfälle sind Unfälle infolge einer nach der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/SGB VII) Ein Unfall ist nur versichert, wenn die zum Unfallereignis führende Handlung in einem inneren, also sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht (Wagner in: Schlegel/Voelzke, SGB VII, § 8 Rn. 85). Bei Gewaltkonflikten kommt es darauf an, ob sie rein privater Natur sind oder betriebliche Angelegenheiten die eigentliche Ursache für den Streit und das schädigende Handeln sind (Bundessozialgericht/BSG, Urteil vom 30.7.1968 – 2 RU 91/67). Streitigkeiten um Zuständigkeiten im Arbeitsablauf sind typische tätigkeitsbezogene Konfliktthemen und damit als Teil der versicherten Tätigkeit anzusehen.
Wenn Versicherte – wie hier geschildert – nach einer Prognose mehr als drei Tage arbeitsunfähig sein werden, müssen Arbeitgebende Unfälle im Betrieb nach § 6 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) dokumentieren und beim Unfallversicherungsträger anzeigen (§ 193 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Oft wissen Beschäftigte nicht von dieser Pflicht, tragen aber die Konsequenzen, wenn sie die Leistungen der Unfallversicherung nicht in Anspruch nehmen können. Das Unterlassen der Meldung stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 209 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 SGB VII dar. Versucht ein Unternehmen, auf diese Weise Vorfälle zu verbergen, kann ihm ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro auferlegt werden.
Nehmen eine Arbeitnehmerin oder der Betriebsrat an, dass es sich bei einem Unfall um einen Arbeitsunfall handelt, sind beide berechtigt, den Unfallversicherungsträger zu informieren.
Schlussfolgerungen
Massive Eskalationen von Konflikten am Arbeitsplatz gilt es durch klare Aufgabenzuweisungen, gute Kommunikationsstrukturen, kompetente Führungskräfte, aber auch gezielt durch Präventions- und Gewaltschutzkonzepte sowie ein funktionierendes Konfliktmanagement zu vermeiden. Hierbei unterstützen beispielsweise die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 14 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
Gelingt dies nicht, spricht in einem Fall wie dem vorliegenden vieles für die Einschaltung unbeteiligter Personen oder Stellen. Dadurch gewinnt die Betroffene Handlungsspielräume und bleibt nicht in einer ohnmächtigen Opferrolle gefangen. Zugleich kann eine Öffentlichkeit hergestellt werden, die der beschuldigten Person nicht schadet (unter Wahrung von arbeitsvertraglichen Schweigepflichten und der datenschutzrechtlichen Anforderungen), aber gleichzeitig dazu führt, dass die Situation nicht mehr nur als ein persönlicher oder »interner« Konflikt wahrgenommen wird.
So besteht nicht nur die Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung und Sanktionierung, sondern auch Aussicht auf eine Lösung unter Wahrung der Interessen aller Beteiligter. Wenn es zu Vorfällen wie dem geschilderten kommt, ist die Erstattung einer Strafanzeige beziehungsweise eines Strafantrags bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei, so wie im Fallbericht, immer eine Option.
Aus unserer Sicht ist es allerdings vor allem wichtig, Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zu finden. Innerbetrieblich können hier gegebenenfalls Konfliktlotsen oder ähnliches helfen, institutionell sind der Betriebs- oder Personalrat, beziehungsweise in diakonischen oder karitativen Einrichtungen die Mitarbeitervertretungen die richtigen Ansprechpartner.
Außerbetrieblich kommen Unfallversicherungsträger, also Berufsgenossenschaften oder Unfallkassen, Ärztekammern und Approbationsbehörden in Betracht. Möglich ist außerdem, Rechtsberatung durch Gewerkschaften oder Rechtsanwält:innen in Anspruch zu nehmen. Aus unserer Sicht sehr naheliegend wäre es auch, sich an den eigenen Hebammen-Berufsverband zu wenden.